Atomkraft in Sachsen – Gerber: Die AfD hat der Zukunft den Krieg erklärt

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Daniel Gerber (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Kernenergie – na klar! Keine Experimente mit der Versorgungssicherheit“ (Drs 7/5414)
33. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 24.06.2021, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
Liebe Kolleginnen und Kollegen der klar denkenden Fraktionen,

mit dem vorliegenden Antrag und der dazugehörigen Kampagne macht die AfD genau das, was sie am besten kann. Ja, die AfD will in Zukunft nicht nur ihre eigene Partei und ihre eigene Fraktion weiter spalten, sie will in Zukunft auch Atome spalten: auch hier in Sachsen. Mit dem Antrag schafft es die AfD wieder einmal genau keinen Beitrag zur Lösung der zukünftigen Probleme wie Sektorenkopplungen, dem Strukturwandel oder der Klimakrise zu leisten. Nein, sie macht es sogar noch schwieriger.

Mit der Forderung des Weiterbetriebs und Neubaus von Atomkraftwerken macht die AfD einen gesellschaftlichen Konflikt wieder auf, für den engagierte Menschen Jahrzehnte gebraucht haben, um ihn zu befrieden.  Und wenn ich an die milliardenschwere Endlagerfrage denke, ist hier auch noch lang keine finale Lösung gefunden. Wo soll denn der Atommüll hin? Dass der in den AfD-Wahlkreisbüros gelagert wird, möchte sowohl ich als auch der Atommüll nicht.

Aber warum will die AfD diesen Konflikt wieder öffnen? Mir fällt da nur ein: wenn es Deutschland schlecht geht, geht es der AfD gut. Ich bin ehrlich gesagt sehr gespannt, wie lange es noch dauern wird, bis Geflüchtete bzw. Asylsuchende für die deutsche Energie- und Klimapolitik schuldig gemacht werden.

Ja, die AfD hat der Zukunft den Krieg erklärt. Anders kann ich mir den Slogan und die Wortwahl der dazugehörigen Kampagne mit dem „EE-Gegenschlag” nicht erklären. Wer hat denn da den Erstschlag begangen? Ich finde es einfach nur abartig, wie Sie hier die Bevölkerung wieder gegeneinander aufwiegeln und mühevoll errungene Kompromisse versuchen zu delegitimieren.
Aber diesen Versuch werden wir nicht zulassen.

Aber jetzt zum Antrag:

Sie müssen mir an dieser Stelle erstmal auf die Sprünge helfen: Wie ist denn jetzt die Position der AfD zum menschengemachten Klimawandel? Ich komm bei der ganzen kognitiven Dissonanz hier nicht mehr mit?
Liegt der Klimawandel jetzt an der Energieerzeugung aus fossilen Kraftstoffen und dem damit einhergehenden Ausstoß von Treibhausgasen?
Ist der Klimawandel nun real oder nur Hysterie?
Ist der vom Menschen gemacht, oder nicht?
Wenn er nicht menschengemacht ist, müssten wir doch die Braunkohleverstromung nicht stoppen und Alternativen finden?

Ich komm nicht mehr mit. Sie müssen sich nun schon mal entscheiden!

Sie stellen die Atomkraftwerke immer als den Garant für Grundlast dar. Fakt ist aber auch, das Atomkraftwerke nur eingeschränkt regelbar sind und bei weitgehend konstanter Leistung betrieben werden. Das heißt sie müssen die ganze Zeit laufen, auch wenn der Bedarf dafür nicht da ist. Die Folge ist, das Wartungskosten steigen und erneuerbarer Strom nicht genutzt werden kann.
Sie sind also keine Brückentechnologie, sondern stehen in direkter Konkurrenz zu einander.

Außerdem fabulieren sie auf ihrer Website auch von dem drohenden Blackout durch Erneuerbare, der Europa im Januar beinahe komplett lahmgelegt hat. Wenn man den Artikel lesen würde, bevor mal ihn als Quelle angibt, würde man schnell feststellen, dass das ganze absolut nichts, aber wirklich gar nichts mit Erneuerbaren Energien zu tun. Die Ursache wurde mittlerweile gefunden es war eine überlastete Kupplung eines Umspannwerk. Der AfD-Reflex zu hetzen war wieder schneller.

Und lassen sie mich noch einen weiteren Punkt zur Versorgungssicherheit machen.

Atomkraftwerke brauchen Wasser zur Kühlung, viel Wasser. Wasser, dass wir künftig aller Voraussicht nach nicht mehr in Hülle und Fülle zur Verfügung haben.Ich glaube, ich verrate jetzt kein Geheimnis, dass sich die Lausitz jetzt nicht unbedingt als Feuchtgebiet einen Namen gemacht hat. Aber vermutlich haben Sie das schon mitgedacht in ihrem Standortkonzept und machen dann mit dem Tanklaster einen kleinen Wahlkampfbesuch im neuen Atomkraft Boxberg oder Lippendorf.

Aber, aber die anderen Länder… ja was machen die denn?  Egal, ob man nach Frankreich, Finnland oder Großbritannien schaut, überall werden Baukosten in Milliardenhöhe nach oben korrigiert und die Inbetriebnahme immer wieder um Jahre verschoben – zur Last der Steuerzahler*innen.

Sie behaupten, dass die Bevölkerung Atomkraftanlagen wolle. Das „belegen” sie dann mit einer eigenen Studie mit Suggestivfragen wie: „Sollte in Deutschland im Bereich der sicheren Kernenergietechnologien, welche keinen lang strahlenden Atommüll produzieren, geforscht werden?“,

Ich kann auch gern mal eine Suggestivfrage stellen:

Sollte die AfD, welche nach wie vor die rechtsnationalen Flügel-Strukturen nutzt, vom Verfassungsschutz als Beobachtungsfall eingestuft werden?
Die Bevölkerung lehnt nicht die Erneuerbaren ab, die Bevölkerung lehnt zum sehr großen Teil die AfD ab. Und das die AfD mit ihrem Spaltpotential auf dem Verliererweg ist, zeigen auch die Ergebnisse der letzten drei Landtagswahlen. Ich prophezeie ihnen, das wird bei der Bundestagswahl ähnlich!

Abschließend bleibt zu sagen, Atomkraft nein danke! Die AfD ist mit ihrer Spaltstrategie auf dem Holzweg. Wir müssen nicht zurück in die Vergangenheit, sondern zügig die Energiewende umsetzen. Dafür liegt jetzt mit dem EKP auch der entsprechende Kabinettsbeschluss in Sachsen vor.

Schade, dass die Bundesebene gerade versagt hat, explizite Ausbaupfade bis 2030 festzulegen.

Wir werden daher den Antrag ablehnen.