Blutspende – Hammecke: Diskriminierung von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt sollte bald der Vergangenheit angehören

Redebeitrag der Abgeordneten Lucie Hammecke (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Diskriminierung von trans* und homosexuellen Menschen bei der Blutspende beenden: Jede Blutspende rettet Leben!“
29. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 18.05.2021, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleg*innen,

der vorliegende Antrag setzt ein wichtiges und viel diskutiertes Thema: Die Diskriminierung bei der Blutspende. Die aktuelle Regelung schließt homo- und bisexuelle Männer von der Blutspende aus, wenn sie ein Jahr davor Sex mit Männern hatten. Auch transgeschlechtliche Menschen sind ausgeschlossen und werden als extra Gruppe genannt und per se als risikoreich eingestuft.

Wir BÜNDNISGRÜNE teilen die grundsätzliche Forderung, Diskriminierung bei der Blutspende zu beenden. Wir stimmen zu: Die Regelung ist diskriminierend. Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit sind keine Krankheiten und sollte auch nicht als solche behandelt werden.

Die Regelung ist mittlerweile viele Jahre alt. Sie entstand, nachdem in den 80er-Jahren sich Menschen durch Bluttransfusion mit HIV infiziert hatten. Und natürlich war das schrecklich. Der Wert von Gesundheit ist sehr hoch, das diskutieren wir hier in diesem Hohen Haus auch immer wieder bei anderen Themen. Andererseits ist die Wissenschaft heute nach 40 Jahren doch viel viel weiter als damals – und das beweisen viele andere europäische Länder auch.

2015 erklärte deshalb auch der Europäische Gerichtshof das generelle Blutspendeverbot für unzulässig, solange der Gesundheitsschutz der Blutspendeempfanger*innen gewährleistet ist. Der EuGH machte deutlich: Der generelle Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern von der Blutspende ist diskriminierend, wenn es wirksame Techniken zum Nachweis von HIV und weniger belastende Methoden gibt.

Die Richtlinie hier in Deutschland wurde zwar 2017 neu formuliert, nach der nun homo- und bisexuelle Männer nur spenden dürfen, wenn sie ein Jahr auf Sex verzichten. Faktisch bedeutet das immer noch einen generellen Ausschluss.

Zurecht gibt es daher die Forderung, die Richtlinie noch einmal zu überprüfen.

Und deshalb ist es folgerichtig, dass sich der Freistaat im vergangenen Jahr auf der 93. Gesundheitsministerkonferenz für eine Überprüfung ausgesprochen hat – mit dem Ziel, die Diskriminierung einzelner Personengruppen schnellstmöglich zu beseitigen. Das hat Staatsministerin Köpping in ihrer Stellungnahme vom 01. März 2021 auch noch einmal stark gemacht.

Und es läuft nun auch eine solche Überprüfung der Bundesärztekammer, des Paul-Ehrlich-Instituts und Expertinnen und Experten. Darauf geht der Antrag leider nicht ein. Dabei finde ich, dass es schon ein erster Schritt ist und dieser Prozess sollte bei weiteren Diskussionen mit berücksichtigt werden. Wenn wir etwas durch die Corona-Pandemie gelernt haben, dann, dass es wichtig ist, den Austausch und die Abwägung von wissenschaftlichen Fakten transparent zu gestalten und nicht zu übergehen, aber eben auch alle Beteiligten mit ins Boot zu holen.
Auch ich würde mich freuen, dieses Thema noch einmal an anderer Stelle zu diskutieren.

Einige haben vielleicht gestern die Gemeinsame Erklärung der Bundesärztekammer zur Kenntnis genommen, in der es um das Einbringen in laufende Debatten ging. Aber ich finde ja, dass es nicht nur erlaubt ist, nein sogar geboten ist nach Urteil des EuGH die Frage zu stellen, ob die derzeitige Regelung der neuesten Technik und am wenigsten belastenden Methodik entspricht und ob die Richtlinie dem Ziel gerecht wird, beides zu erreichen: Schutz der Gesundheit auf der einen Seite und Vermeidung von Diskriminierung auf der anderen Seite.

Denn es geht um grundlegende Rechte, die es abzuwägen gilt. Und das wiederum ist Aufgabe von uns, der Politik.

Hier können wir auf viel Erfahrungen anderer Länder zurückgreifen:

Zum Beispiel Italien, wo man bereits seit 2001 – also vor 20 Jahren – Lockerungen vorgenommen, ohne dass es zu einem Anstieg von ungeeigneten Spenden kam. In Italien wird mit Fragebögen gearbeitet. Darin werden die Spender*innen gezielt befragt, zum Beispiel nach ungeschützten Sexualverkehr, ohne nach dem Geschlecht oder der sexuellen Orientierung unterscheiden zu müssen. Damit arbeiten bereits 17 Länder.

Eine andere Möglichkeit ist die Doppeltestung, wie zum Beispiel in Israel. Dort werden die Blutproben eingefroren und die Spender*innen kommen wieder, werden noch einmal getestet und wenn sie gesund sind, wird das Blut rückwirkend freigegeben. Hierbei geht es darum, die sogenannte Fensterphase abzuwarten, in der die Virenlast bei einer Neuerkrankung noch zu niedrig ist, um nachgewiesen zu werden.

Auch wenn die Entscheidung hierfür beim Bund liegt, sollte und wird der Freistaat Sachsen das Thema weiterhin im Blick haben. Der Freistaat Sachsen hat sich dazu bereits bei der Gesundheitsminister*innen-Konferenz geäußert und eingebracht und dafür danke ich Frau Staatsministerin Köpping. Denn das eint auch die meisten Fraktionen in diesem Hohen Haus. Diskriminierung von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt sollte bald der Vergangenheit angehören.