Coronabewältigungsfonds – Schubert: Pandemie braucht weiter unsere Aufmerksamkeit und unser verantwortungsvolles Handeln
Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD: „Erstes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Coronabewältigungsfondsgesetzes“ (Drs 7/8829) und zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: „Gesetz zur Änderung des Sächsischen Coronabewältigungsfondsgesetz“ (Drs 7/8317) und zum Gesetzentwurf der Fraktion AfD: „Erstes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Coronabewältigungsfondsgesetzes“ (Drs 7/8866)
46. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 23.03.2022, TOP 6
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich vermute, im April 2020 hatten wir bereits alle einen ersten Eindruck, dass keine einfachen und ungewisse Monate auf uns zukommen würden.
Egal, woran man denkt: Der Alltag hat sich massiv geändert. Schulen, Kitas, Krankenhäuser, Seniorenresidenzen sind seit zwei Jahren im Ausnahmezustand. In so vielen Bereichen hat es uns einfach buchstäblich den Boden unter den Füßen weggezogen.
Wir konnten, ich konnte mir damals nicht vorstellen, in was für einer Größenordnung Änderungen, Einschnitte und auch Verluste auf uns zukommen werden. Allein die Wirtschaftsprognosen waren so düster und einschneidend, dass klar war, das wird eine Krise, die dauert.
In dieser Situation wurde von der Politik gefordert, dass sie handelt. Und das haben wir getan. Wir haben versucht, in dieser schwierigen Situation die größtmögliche Sicherheit zu bieten und zu sichern, was geht.
Und zwischen all den Lauten haben wir versucht, die Leisen nicht zu verlieren; das war immer etwas, was wir als BÜNDNISGRÜNE mit klaren Positionen untermauert haben.
Wir haben für den Bereich der wirtschaftlichen und finanziellen Folgen aber auch reagiert und ein Sondervermögen zur Bewältigung dieser Ausnahmesituation aufgelegt. Wir wollten die Folgen der Pandemie abbremsen.
Das Sondervermögen hatte und hat zwei Aufgaben:
- Es galt, coronabedingte Steuerausfälle auszugleichen, damit staatlich organisierte Dienstleistungen sichergestellt sind.
- Außerdem sollten konkrete Maßnahmen und Unterstützungen zur Bewältigung der Pandemie ermöglicht werden.
Dafür brauchte es Geld. Geld, das so im regulären Haushalt nicht eingeplant war. Geld, das plötzlich durch Einnahmeausfälle nicht da war.
Darum sind wir im April 2020 – wie alle anderen Länder auch – zusammengekommen und haben die finanzielle Voraussetzung geschaffen, um dieser Pandemie zu begegnen.
Wir hatten nicht die Möglichkeit, konjunkturbedingte Kredite aufzunehmen. Das geht in Sachsen theoretisch, aber nicht praktisch. Die aktuelle Regelung im Artikel 95 Absatz 4 Sächsische Verfassung lässt das nicht zu. Also mussten wir die Notsituation feststellen, um für die Finanzierung dieser Aufgaben Kredite aufnehmen zu können. Irgendwie mussten die Coronatests, die Impfzentren, Wirtschaftshilfen und vieles mehr bezahlt werden.
Heute – zwei Jahre später – wissen wir, dass die Steuereinnahmen im vergangenen Jahr bis jetzt besser als gedacht liefen.
Doch die Pandemie ist nach wie vor da und wir suchen noch immer den richtigen Umgang damit. Es ist nicht wirklich möglich, Corona isoliert zu betrachten. Für die Wirtschaft scheint die Pandemie im Augenblick das kleinere Übel zu sein. Einzelne Bereiche sind noch immer landunter, aber in der Gesamtschau läuft die Wirtschaft auch mit Corona ganz gut.
Das sieht schon ganz anders an unseren Schulen und Kitas aus. Da ist noch lange kein Alltag in Sicht – das wirkt sich auf Familien aus.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat gerade erst wieder angefangen. Und Sachsen ist ein Land mit einer bemerkenswerten künstlerischen und kulturellen Infrastruktur und Vielfalt. Das reicht von staatlichen Betrieben wie der Kunstsammlungen Dresden, der Semperoper, dem Gewandhaus zu Leipzig, aber auch die freie Kultur mit ihren vielfältigen Initiativen und Vereinen. Da seien die vielen Chöre und freien Theaterschaffenden landesweit nur beispielhaft genannt. Diese landesweiten Angebote in der Kulturellen Bildung und Soziokultur sind besonders und auch in Zukunft zu schützen.
Auch die Kinder- und Jugendarbeit legt wieder los. Aber es wird dauern, bis sich dieser Bereich von den vergangenen zwei Jahren erholt hat und in der Vielfältigkeit und Präsenz wieder uns und Sachsens Gästen zur Verfügung stehen kann.
Zurzeit erleben wir hohe Infektionszahlen. Damit verbunden sind Krankschreibungen und Ausfälle in allen Arbeits- und Lebensbereichen. Und wir wissen noch immer nicht, welche Folgen noch auf uns zu kommen. Vor diesem Hintergrund haben wir uns als Koalitionsfraktionen auf den vorliegenden Gesetzentwurf geeinigt.
Wir wollen Kreditermächtigungen aus der 1. Säule (vorgesehen für Steuerausfälle) in der 2. Säule bereitstellen. Diese Möglichkeit hatten wir bereits im April 2020 eingerichtet. Da niemand wusste, in welcher Größenordnung die Prognosen eintreffen werden, hatten wir vorgesehen, dass in Höhe von 15 Prozent Kreditermächtigungen zwischen den beiden Säulen verschoben werden können. Diese 15 Prozent sollen nun auf 35 Prozent angehoben werden.
Die Pandemie braucht weiterhin unsere Aufmerksamkeit und unser verantwortungsvolles Handeln. Dazu zählen Hygieneinvestitionen, Testungen, Infektionsschutz und Impfmöglichkeiten.
Die LINKE möchte, dass alle noch offenen Kreditermächtigungen aus Säule 1 für Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie bereitgestellt werden. Die Koalitionsfraktionen haben sich dafür entschieden, dass die Mittel, die für 2020 vorgesehen waren und nicht gebraucht wurden, nun umgewidmet werden. Wir haben dabei berücksichtigt, dass die Pandemie vielleicht auch im Herbst nicht vorbei ist und dass es vielleicht doch noch zu Steuerausfällen kommen kann. Insofern ist unser Vorschlag umgreifender und wir halten ihn für den geeigneten Weg.
Es ist wenig überraschend, dass wir den Gesetzentwurf der AfD ablehnen werden. Das ist schnell begründet. Unser Verständnis von gesellschaftlicher Verantwortung ist einfach völlig anders.
Uns ist der Hochschul- und Wissenschaftsstandort Sachsen wichtig. Die AfD will diesen erst dann unterstützen, wenn die Einrichtungen zahlungsunfähig sind. Als BÜNDNISGRÜNE können wir das nicht zulassen. Forschende und Lehrende würden in andere Bundesländer oder gar andere Staaten abwandern. Das wäre ein langfristiger Schaden für Sachsen. Die Idee war vermutlich auch nicht zu Ende gedacht.
Außerdem will die AfD den individuellen Lebensunterhalt aus dem Gesetz streichen. Das wurde auf allen Ebenen viel und umfassend diskutiert. Für uns ist Hartz IV nicht die geeignete Antwort auf ein pandemiebedingtes Berufsverbot. Einer der Sachverständigen hat das verbildlicht: Dem folgend müsste zum Beispiel ein hochqualifizierter Musiker seine Geige veräußern muss, um davon zu leben. Anschließend fehlt ihm dann das Instrument, um wieder zu arbeiten. Auch diese Regelung kann deshalb richtig Schaden anrichten. So was machen wir nicht.
Ehrenamt und zivilgesellschaftliches Engagement will die AfD auch nicht unterstützen. Da der überwiegende Teil im Ehrenamt demokratische Kräfte sind, werden wir auch eine solche Regelung nicht zulassen.
Vielen Dank!