Denkmalschutz – Günther: Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte stärken Ehrenamt im Denkmalschutz
Redebeitrag des Abgeordneten Wolfram Günther zum Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Gesetz zur Einführung von Mitwirkungsrechten und zum Verbandsklagerecht für anerkannte Denkmalschutzvereinigungen"", Drs 6/14736
92. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 22. Mai, TOP 13
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Regelmäßig wird darüber gesprochen, wie man Bürgerbeteiligung, wie man Ehrenamt stärken kann. Dazu werden Veranstaltungen, Kongresse durchgeführt. Daran nehmen wir als Abgeordnete gern teil oder veranstalten sie sogar selbst. Wir als grüne Fraktion legen in diesem Plenarmarathon dazu drei konkrete Gesetzesvorschläge vor, wie man tatsächlich Bürgerbeteiligung und Ehrenamt stärken kann, und zwar in den Bereichen Naturschutz, Tierschutz und Denkmalschutz. Wir haben diese Gesetze alle schon in der Ersten Lesung eingebracht.
Sie sind jetzt also durch, auch in der Anhörung.
Ich will nicht wiederholen, was wir dazu schon bei der Einbringung gesagt haben. Es wird immer so getan und gefragt: "Wozu wir denn brauchen neue Bürokratie, Bürgerbeteiligung macht manchmal Arbeit. Das ist Bürokratie, die wir nicht wollen." Ich will nur aus einigen Stellungnahmen zitieren, die uns die Sachverständigen mitgegeben haben.
Das erste ist von Herrn Blume, stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Landesdenkmalrates und Vorsitzender Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Rente, also einem Rechtspraktiker. Das Ehrenamt ist mit einem Denkmalrat und einem Beauftragten für Denkmalschutz in den §§ 6 und 7 Sächsisches Denkmalschutzgesetz verankert
Der Gesetzentwurf greift auf, dass sich die wirksamen Möglichkeiten des Ehrenamts als verlängerter Arm der professionalisierten Zivilgesellschaft damit nicht erschöpfen, so wie das kontinentale Recht und seine Durchsetzung anstrengend, ehrgeizig und unübersichtlich sind, kann der Staat mit seinem Personal und seinen Ressourcen nicht mehr alles allein leisten. Informations- und Vollzugsdefizite sind dabei kein böser Wille, auch kein Ausdruck von Untrainiertheit, sondern der zunehmenden Komplexheit in einem modernen Rechts- und Sozialstaat, Industrie- und Umweltstaat, der auch Kulturstaat ist, geschuldet.
Das Mehraugenprinzip, auch verbandlich verfasst, hat dabei etwas betont Hilfreiches. Man kann sich nicht mit Erfolg aus sich selbst heraus entwickeln und alles beherrschen.
Vor diesem Hintergrund Mehraugenprinzip geht es genau darum, mehr Menschen zu integrieren, auch in solche Entscheidungen, die gefällt werden müssen. Das Ergebnis von ihm ist: "Insgesamt ist der gut begründete Gesetzentwurf auf der Höhe der Zeit und unterstützungswürdig" – Das nehmen wir als GRÜNE gerne mit.
Ein anderer Sachverständiger, Herr Mast, hat uns mitgegeben: "Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird ein effektives Instrument zur maßgeblichen Erhöhung der Qualität des verwaltungsbehördlichen Vollzugs der Vorschriften des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes geschaffen . Es bestehen erhebliche Vollzugsdefizite, die aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeft der Einhaltung denkmalschutzrechtlicher Vorschriften durch die Gerichte nicht ans Tageslicht kommen. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur möglichst optimalen Umsetzung des Staatszieles Denkmalschutz ist hier ein Handeln des Staates geboten. Der vorliegende Gesetzentwurf stellt eine geeignete und erforderliche Reaktion auf die bestehenden Vollzugsdefizite dar und ist zur Annahme zu empfehIen!
Schließlich noch der Sachverständige Dr. Möller: "Zu erwarten ist daher durch den Gesetzentwurf eine Stärkung der Ziele, Aufgaben von Denkmalschutz und Denkmalpflege und der Abbau von Vollzugsdefiziten. Das ist unbedingt zu begrüßen. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber zwingend zur Einführung von Mitwirkungs- und Verbandsklagerechten im Sächsischen Denkmalschutzgesetz verpflichtet ist. Dies ergibt sich auch unmittelbar aus dem Völkerrecht und weiterer Ausführungen.
Das heißt, das, was wir hier im Denkmalrecht vorgeschlagen haben, ist nicht nur durch die Sachverständigen als auf der Höhe der Zeit festgelegt worden, sondern es wurde sogar nachgewiesen, dass wir eine Verpflichtung haben, diese Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte zu stärken. Bei all diesen Diskussionen, den Gegenargumenten und der Frage, ob wir uns denn mehr Bürokratie leisten können? Das hat nichts mit Bürokratie zu tun, sondern es geht darum, dass wir den Sachverstand, den es bei ehrenamtlichen Denkmalpflegern gibt, abholen, dass wir ihn in die Verfahren integrieren und dass wir wirksame Instrumente finden.
Ich darf noch darauf hinweisen: Diesen Gesetzentwurf durfte ich vor wenigen Wochen in Frankfurt am Main auf einer Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz vorstellen. Er ist dort, quasi in der bundesweiten Denkmaljuristenöffentlichkeit, als ein sehr fortschrittlicher, als ein hochwillkommener Entwurf angesehen worden. Es gibt in der Bundesrepublik noch in keinem Bundesland ein solches Gesetz. Wir könnten als Sachsen hier ein Vorreiter sein und positiv Rechtsgeschichte schreiben.
Ich bin gespannt auf Ihre weiteren Hinweise.
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es ist erwartbar gewesen, was hierzu kam — Vorwürfe von Bürokratie mit normaler Bürgerbeteiligung. Ich kann nur Kollegen Bartl recht geben. Was aber vor allem hieraus spricht — dieses ausgesprochene Misstrauen gegen engagierte Verbände im Denkmalschutz und auch dieser Widerspruch, es gäbe eine Riesen-Bürokratie in der Anerkennung, dann gäbe es aber nur einen — ist nicht auf der Höhe der Zeit. Es gibt durchaus mehr, es gibt das Netzwerk Stadfforum, die Leipziger Denkmalstiftung, es gibt die Ostmoderne, es gibt lndustriekultur, es gibt durchaus mehr Verbände, die dort infrage kommen. Sie leisten alle eine extrem verantwortungsvolle Arbeit für unsere Kulturlandschaft und für den Erhalt unserer Heimat in diesem Land. Sie engagieren sich in ihrer Freizeit . Das einmal ernst zu nehmen und dieses bürgerschaftliche Engagement abzuholen wäre einfach mal an der Zeit.
Diese Ausführung zu behaupten, sie würden wie die Deutsche Umwelthilfe irgendwie mit Verfahren jemanden lähmen, ist direkt beleidigend. Bitte setzen Sie sich einmal in eine Vorstandssitzung vom Landesverein Sächsischer Heimatschutz, wie verantwortungsvoll man heute schon im Umweltbereich mit Ihren Stellungnahmen umgeht. Jetzt behaupten Sie denen einmal gegenüber, sie würden das Land im Denkmalschutz lahmlegen wollen. Machen Sie das einfach mal! Treffen Sie auf die Leute dort.
Meiner Meinung nach ist es unverantwortlich, wie Sie hierbei mit Engagement, mit dem Denkmalbereich unserer Heimat umgehen und aus der Anhörung zitieren: Logisch, dass ein Landkreistag, quasi die VolIzugsbehörde, nicht schreibt, dass es Vollzugsdefizite im Denkmalschutzrecht gibt. Während seitenweise die Sachverständigen, die Denkmaljuristen, sich damit auseinandersetzen und genau diese Vollzugsdefizite inj den Ausführungen darlegen. Vielleicht hätten Sie sich darin etwas mehr vertiefen sollen. Das halte ich auch gerade für abenteuerlich. Sicherlich haben wir Vollzugsdefizite. Ich könnte Ihnen jetzt selbst eine ganze Reihe vortragen. Das spare ich mir aber. Es wäre an der Zeit, dass wir handeln. Nehmen Sie einmal Ihr Ehrenamt Bürgerbeteiligung ernst.
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