Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD: „Fünftes Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Fünftes Dienstrechtsänderungsgesetz – 5. DRÄndG)“ Drs 7/15907
87. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag 02.05.2024, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es ist nicht die erste Rede, die ich in diesem Hohen Hause zum Thema Besoldung halte. Aber es wird voraussichtlich die letzte sein – allerdings nur für diese Legislatur.
Denn die amtsangemessene Alimentation, die Übertragung von Tarifeinigungen auf die Beamtenschaft und die Besoldung ganz allgemein sind Dauerbrenner, nicht nur in den Parlamenten, sondern auch vor den Gerichten – auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Und das kann und darf uns nicht zufriedenstellen.
Eine amtsangemessene Alimentation ist kein Selbstzweck und gehört nicht ohne Grund zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Sie begründet sich aus der Treuepflicht der Beamt*innen zum Dienstherrn und sollen auch die Unempfänglichkeit für Korruption und Bestechung sichern. Als solche sind sie elementar für einen funktionierenden Rechtsstaat und das Vertrauen der Bürger*innen in staatliche Institutionen. Das sollte für uns Grund genug sein, ein funktionierendes Besoldungssystem dauerhaft zu etablieren und nicht mit Nachbesserungen ständig nur „erste Hilfe“ zu leisten und die Betroffenen dazu zu bringen, immer wieder vor Gericht ziehen zu müssen.
Eine gute und amtsangemessene Besoldung ist kein nice-to-have, sondern etwas, das wir allen Beamtinnen und Beamten in Sachsen schuldig sind.
Doch auch dieser Gesetzentwurf zeigt erneut, dass durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts inzwischen allerlei Hürden und Maßstäbe aufgestellt wurden, die selbst eine bloße Nachzeichnung der Tarifergebnisse zu einer wahren Herausforderung machen.
Denn die Übertragung ist so lange kein Problem, wie auch die Tarifeinigung nicht mit Fixbeträgen arbeitet. Doch vergangenes Jahr wurde der Schwierigkeitsgrad für die Umsetzung der Tarifergebnisse deutlich erhöht. Denn diese hat feste Sockelbeträge bei der Erhöhung zum Inhalt. Und das treibt denjenigen, die für die beamtenrechtliche Umsetzung zuständig sind, wohl regelmäßig Schweißperlen auf die Stirn – also zumindest mir.
Denn das endogene Abstandsgebot, das Karlsruhe gleichsam fast im Vorbeigehen 2017 in Beton gegossen hat, besagt verkürzt, dass der Abstand zwischen den Grundbesoldungen der einzelnen Besoldungsgruppen relativ gleich sein muss. Diese in dieser Absolutheit mittlerweile umstrittene Entscheidung verhindert seitdem, nicht nur, dass gezielt niedrig besoldete Beamte zur Wahrung des Abstandes von der Grundsicherung stärkere Erhöhungen ihrer Besoldung bekommen, sondern macht auch die Umsetzung von nicht-prozentualen Erhöhungsbeträgen herausfordernd bis unmöglich.
Gleichzeitig besagt aber das exogene Abstandsgebot, dass es angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten dringend geboten ist, bei den Beamt*innen in den unteren Besoldungsgruppen nachzubessern. Der am schlechtesten besoldete alleinverdienende Beamte mit zwei Kindern soll am Schluss mindestens 15 Prozent mehr haben als die Grundsicherung. Dieses Mindestabstandsgebot wurde in den letzten Jahren regelmäßig dadurch bewahrt, dass gerade die nicht-leistungsbezogenen Besoldungsbestandteile immer weiter aufgewertet wurden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
an dieser Stelle muss ich es dann in der Folge mal zuspitzen. Nimmt man beide Maßstäbe zusammen, muss man konstatieren, dass es nicht unser Ziel sein kann, regelmäßig als Gesetzgeber die Frage beantworten zu müssen, ob man entweder zur Vergoldung nicht leistungsbezogener Bestandsteile schreitet, wie zum Beispiel den Kinderzuschlag, oder sich ein A16 Beamter übermäßig darüber freut, dass die zur Wahrung des Abstandsgebotes in der Grundsicherung getroffenen Maßnahmen bei ihm in einem vielfachen Faktor in der Erhöhung der Besoldung niederschlagen.
Das Besoldungssystem hat also in den Mühen, mit der Rechtsprechung mitzuhalten, immer mehr Verrenkungen vorgenommen, die sich auch in diesem Gesetzentwurf zeigen. Der Tarifabschluss hatte mit dem Sockelerhöhungsbetrag vor allem die Teuerung der Dinge des täglichen Bedarfs in den Blick genommen. Diese Teuerung trifft alle gleichermaßen, unabhängig von ihrem übrigen Lebensstandard. Besoldungsrechtlichen wird daraus nun ein proportionaler Anspruch für alle.
Im Ergebnis lässt sich die Tarifanpassung gleichwohl nicht anders umsetzen als in diesem Gesetzentwurf beschrieben. Und weil ich schon wieder die Unkenrufe höre, warum wir nicht wie andere Länder einfach das Tarifergebnis 1:1 umsetzen und den Sockeln nicht mittelbar skalieren, sei gesagt: Weil das mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig wäre. Den entsprechenden Bundesländern wünsche ich gute Reise auf der rauen See in Karlsruhe, wir brauchen uns diese Sorgen nicht machen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
ich denke dennoch, der bisherige Redebeitrag hat mehr als deutlich gezeigt, dass das Besoldungssystem mittlerweile einer ganz grundsätzlichen Reform bedarf. Denn der Gesetzgeber hat hier, das hat auch das Bundesverfassungsgericht immer wieder betont, einen weiten Spielraum.
Es wird der Verantwortung als Dienstherr nicht gerecht, seine Bediensteten immer wieder vor Gericht ziehen zu lassen, damit sie eine amtsangemessene Alimentation einklagen. Deswegen haben wir als Koalitionsfraktionen mit unserem Entschließungsantrag bereits letztes Jahr gefordert, dass die Staatsregierung zusammen mit den wesentlichen Akteuren Eckpunkte für eine grundlegende Überarbeitung des Besoldungssystems vorlegt.
Ich habe es in diesem Hohen Hause schon mehrfach gesagt und ich werde nicht müde, mich zu wiederholen: Unsere Beamt*innen füllen unser Grundgesetz und unsere Sächsische Verfassung täglich mit Leben. Lassen wir Ihnen die Anerkennung zukommen, die sie dafür verdienen. Machen wir den Freistaat zu einem attraktiven Arbeitgeber!
Vielen Dank.