Doppelhaushalt 2023/24 Innenministerium – Lippmann: Wir stärken unser Zusammenleben und verbessern den Schutz der Menschen in unserem Freistaat

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung „Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 (Haushaltsgesetz 2023/2024 – HG 2023/24)“ Drs 7/10575 – mit Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drs 7/11501

64. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Dienstag, 20.12.2022, TOP 1.12 Einzelplan 03 Staatsministerium des Innern

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

„mit Engeln und paradiesischen Zuständen ist in säkularen Gesellschaften nicht zu rechnen. Wohl aber mit Konflikten aller Art“ – diese einleitenden Worte aus Günter Frankenbergs Werk „Staatstechnik“ stehen prototypisch für die gesellschaftlichen Herausforderungen im freiheitlichen Rechtsstaat, dessen Aufgabe es ist, zugleich Freiheit zu sichern und für Schutz zu sorgen. Wenn sie das Jahr 2021 kurz Revue passieren lassen, dann dürfte klar sein, dass die innenpolitischen Herausforderungen gigantisch sind. Seit Februar herrscht Krieg in Europa – und während der Bund mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr die europäische Verteidigungsfähigkeit stärkt, müssen wir uns die Frage stellen, was wir für Schutz unserer Bevölkerung tun.

Die Waldbrände im Sommer haben verdeutlicht, wie dringend wir auf die Auswirkungen des Klimawandels im Bevölkerungsschutz reagieren müssen.

Und nicht zuletzt hat der aufgedeckte Versuch eines Umsturzes gegenüber der freiheitlichen Demokratie – unter mutmaßlicher Beteiligung von Terrorhelfern aus der AfD – verdeutlicht, dass wir unsere Demokratie wehrhafter machen müssen.

Auf diese Herausforderungen reagieren wir mit diesem Innenhaushalt: Mit Entschlossenheit und Weitsicht, um unsere Freiheit zu sichern und Menschen zu schützen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir stärken als Koalition den Bevölkerungsschutz, um resiliente Strukturen zu schaffen. Die Waldbrände dieses Jahr, aber auch die Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre führen uns vor Augen, dass ein krisenfestes Sachsen die stärkere Verzahnung von Wissenschaft und Praxis braucht. Deswegen haben wir über eine halbe Million Euro bereitgestellt, um ein Institut für Bevölkerungsschutzforschung im Freistaat zu errichten. Unsere Überzeugung ist es, dass der Wissenstransfer das Fundament einer modernen Struktur in diesem Bereich ist.

Ein solches Institut gibt uns die Chance, demographische und geographische Besonderheiten in den Blick zu nehmen und zu analysieren und neuste wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis zu transferieren. Dies entspricht dem BÜNDNISGRÜNEN Grundsatz, vorausschauend zu agieren und nicht im Nachhinein bloß reagieren zu können. Wir stärken aber auch die unmittelbare Waldbrandbekämpfung und sorgen dafür, dass die Kommunen die entsprechende Technik zur Bekämpfung schwerer Waldkämpfe beschaffen können und handlungsfähig sind.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die letzten Wochen haben uns wiederholt und deutlich vor Augen geführt, was wir eigentlich alle auch wissen: Rechtsextreme und Reichsbürger stellen eine fundamentale Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie dar. Es ist Aufgabe des Staates, hier wachsamer zu sein und Verfassungsfeinde konsequent zu bekämpfen, nicht zuletzt auch in den eigenen Reihen.

Doch der Kampf gegen den Rechtsextremismus wird nicht nur durch Ermittlungsbehörden und Gerichte gefochten. Er ist stets eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und er wird von vielen engagierten Menschen jeden Tag geführt, auf kommunaler Ebene, in Vereinen oder der Nachbarschaft. Wir wollen dieses Rückgrat unseres Zusammenlebens weiter stärken und haben deswegen für Maßnahmen der Demokratieförderung erneut fast 400.000 Euro in den Haushalt eingestellt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es ist auch eine BÜNDNISGRÜNE Überzeugung, dass der Zivilgesellschaft nicht nur im Kampf gegen Verfassungsfeinde eine elementare Rolle zukommt. Die Gestaltung des Zusammenlebens hängt wesentlich von den Einwohnerinnen und Einwohnern des Landes ab, ihre Initiativen und Ideen sind der Motor für Veränderung und ein reges Leben im Freistaat – der hochgeschätzte Herr Innenminister hat es in seiner ersten Regierungserklärung als „Bürgersinn“ bezeichnet.

Dieser zeigt sich auch im Sport. Der Breitensport in Sachsen wird zum großen Teil vom Ehrenamt getragen. In ihrer Freizeit machen Übungsleiterinnen und Übungsleiter, Trainerinnen und Trainer wichtige Angebote. Es ist unser Ziel, dieses Engagement zu stärken. Deswegen haben wir Gelder eingestellt, die Interessierte bei der Aus- und Fortbildung entlasten sollen. Ebenso stärken wir noch einmal deutlich die Investitionen für den Sport im Freistaat.

Eine weitere Stärkung der Nachwuchsgewinnung soll auch durch die Einrichtung einer Koordinierungsstelle für interkommunale Sportereignisse erfolgen. Radsport- oder Laufsportwettkämpfe brauchen im Vorfeld oft umfassende Genehmigungsprozesse. Damit dies reibungsloser abläuft, soll diese zentrale Anlaufstelle die Veranstalter und Beteiligten im Verfahren unterstützen.

Zusätzlich übernehmen wir die Mitgliedsbeiträge des Freistaates für den Safe Sports e.V. Der Verein wird durch Bund und die Länder getragen und ist eine Anlaufstelle zur Beratung und Unterstützung von Betroffenen sexualisierter, physischer oder psychischer Gewalt. So wird die Antidiskriminierungsarbeit gestärkt, die uns BÜNDNISGRÜNEN sehr am Herzen liegt.

Zur Sicherung der Rechte besonders vulnerabler Gruppen braucht es einen unabhängigen Blick auf staatliches Handeln. Deswegen unterstützen wir die unabhängige Asylverfahrensberatung. Diese wird zu neunzig Prozent vom Bund gefördert – wir haben aber siebenhunderttausend Euro in den Haushalt eingestellt, um die verbliebende Finanzierungslücke zu schließen. Der Ball liegt nun bei der Staatsregierung, alle notwendigen Voraussetzungen, insbesondere eine Förderrichtlinie im Einklang mit jener des Bundes zu schaffen. Nur so können die Träger ihre Arbeit ohne Verzögerung beginnen und ihre wichtige Arbeit für geflüchtete Menschen leisten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
viele der Projekte sind in ihrer Umsetzung von einer leistungsfähigen Verwaltung abhängig. Im Freistaat sorgt die demographische Entwicklung dabei für eine besondere Herausforderung. Deswegen haben wir schon in dem letzten Haushalten dafür gesorgt, dass es keine Stellenstreichungen mehr gibt. Ein handlungsfähiger Rechtsstaat braucht vor allem hervorragendes Personal und dafür braucht es eine exzellente Verwaltungshochschule. Um das riesige Potenzial der Hochschule Meißen noch besser zu nutzen, gründen wir ein Forschungsinstitut und stellen wir 200.000 Euro bereit. Damit soll ein Strategieprozess zur langfristigen Entwicklung der Hochschule unterstützt werden. Sie soll zentrale Akteurin bei der Ausbildung und der Verwaltungsforschung werden. So erreichen wir den BÜNDNISGRÜNEN Anspruch, für eine bestmögliche Verwaltung die bestmögliche Ausbildung zu garantieren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
dieser Innenhaushalt stärkt unser Zusammenleben, er verbessert den Schutz der Menschen in unserem Freistaat und stärkt die freiheitliche Demokratie. Das Zusammenspiel von Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Verwaltung entspricht dabei unserem BÜNDNISGRÜNEN Grundsatz, dass der Freistaat dann am besten für künftige Herausforderungen gewappnet ist, wenn alle Akteur*innen das Zusammenleben aktiv gemeinsam gestalten. Dafür stellen wir mit diesem Haushalt wichtige und richtige Weichen. Und dafür bitte ich um Zustimmung.

Vielen Dank!