Doppelhaushalt Kultur & Wissenschaft – Maicher: Wir haben gerade beim Kulturetat erheblich nachgebessert und den ländlichen Raum gestärkt
Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zum Doppelhaushalt 2025/26 (Drs 8/2950) – Einzelplan 12 (Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus)
16. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 25.06.2025, TOP 1.5
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
nur mit einem leistungsfähigen Wissenschaftssystem werden wir die gesellschaftlichen Herausforderungen bewältigen. Der Regierungsentwurf hat da nicht gerade Zuversicht verbreitet.
Für eine planungssichere Grundfinanzierung der Hochschulen haben wir in den vergangenen Jahren gemeinsam gesorgt. Aber vieles, was nicht gesetzlich oder vertraglich gesichert oder per Verpflichtung gegenüber dem Bund verankert ist, hat Federn lassen müssen.
Besonders augenscheinlich ist das im Bereich Forschung. Die Landesforschungsförderung und die Förderung europäischer Partnerschaften werden zusammen um über 60 Prozent gegenüber dem Vorgängerhaushalt zurückgefahren.
Der enge finanzielle Rahmen unseres Haushaltskompromisses hat keine Nachbesserung zugelassen. Die Konsequenzen hat die Koalition zu tragen – und auch die Verantwortung, hier bald wieder die Kurve zu kriegen.
Das muss man sich mal vorstellen: Sie, Herr Ministerpräsident, bemängeln ja oft eine strukturelle Benachteiligung Ostdeutschlands. Aber hier stellt sich der Freistaat unter ihrer Verantwortung selbst ins Aus, wenn Programmmittel von Bund und EU – die auch von sächsischen Steuerzahlern erwirtschaftet werden – wegen fehlender Kofinanzierung in Sachsen nun eben nach Hamburg, NRW oder Bayern gehen. Uns gehen dann Wettbewerbsvorteile langfristig verloren.
Der Forschungshaushalt bleibt ein eklatantes Beispiel für Selbstbenachteiligung!
Die Hochschulen erhalten auch weniger Mittel für Aufgaben, die als zusätzlich gelten, aber grundsätzlich sind. Wir haben deshalb Änderungen vorgeschlagen, z.B. bei den Mitteln für Inklusion. Die Bildungsteilhabe von Menschen mit Behinderung ist schließlich ein Menschenrecht, das man nicht nur bei günstiger Kassenlage gewähren kann. Für die Koalition waren Nachbesserungen da genauso wenig möglich wie bei den Modellprojekten für innovative Lehramtsausbildung oder für die Unterstützung beim Klimamanagement.
Für uns BÜNDNISGRÜNE ist es ein zentrales Anliegen, in dieser Situation nicht auch noch die Lasten für die Studierenden weiter wachsen zu lassen. Deshalb bin ich froh, dass wir gemeinsam mit der Linksfraktion fünf Millionen Euro pro Jahr für die Studierendenwerke aufgestockt haben, damit studentisches Wohnen und Essensversorgung bezahlbar bleiben, Beratungsangebote fortgesetzt werden und die Semesterbeiträge nicht immer weiter steigen.
Außerdem ist vereinbart, Investitionen in Wohnheime und Infrastruktur aus den Investitionsmitteln des Bundes über den Sachsenfonds zu finanzieren.
Eine weitere Korrektur haben wir bei der Gleichstellung erreicht. Die Kofinanzierung im Professorinnenprogramm 2030 ist gesichert. Das hilft den Hochschulen und das sind gute Richtungsentscheidungen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Kultur war für uns BÜNDNISGRÜNE ein Schwerpunkt der Haushaltsverhandlungen. Zu einschneidend wären die Verluste für Kulturschaffende und -nutzende, für die gesamte Gesellschaft gewesen, um Kürzungen in diesem Ausmaß zu akzeptieren.
Dass Kultur im Regierungsentwurf nicht geschont wurde, dürfte angesichts der vielen Hilferufe allen klar geworden sein. Heute bin ich froh, dass wir, zum Teil gemeinsam mit der Linksfraktion, viele Rückschritte abwenden können.
Wir sind dabei drei Prinzipien gefolgt:
- dem Erhalt kultureller Vielfalt,
- der Stärkung des ländlichen Raumes und
- der Unterstützung demokratischer Bildung.
Um die Vielfalt unserer Kultur im ganzen Land zu erhalten, der freien Kulturszene wie der kommunalen Einrichtungen, haben wir die Hauptinstrumente der Kulturförderung im Freistaat verstärkt.
Die von der Regierung auf das Niveau 2015 zurechtgekürzte Kulturstiftung erhält 2025 eine dreiviertel Million Euro und 2026 eine Million Euro mehr als 2024. Damit kann sie die Förderung auf dem bisherigen Niveau halten.
Bei den Kulturraummitteln hätten steigende Kosten ohne unsere Aufstockung von 5 Millionen Euro pro Jahr strukturelle Einschnitte bedeutet. Investitionsbedarfe werden zukünftig über den Sachsenfonds finanziert. Im Entschließungsantrag wird zudem die Staatsregierung beauftragt, die Kulturraummittel mindestens auf dem erreichten Niveau stabil zu halten.
Freie Kultureinrichtungen, Filmfestivals und Landeskulturverbände bewahren wir vor Kürzungen und stützen sie damit als Plattformen und Unterstützungsstrukturen für Künstler*innen. Projekte wir der Tanzpakt können fortgesetzt werden.
Besonders dem ländlichen Raum hätten die Kürzungen des Ministeriums geschadet. Jetzt können auch Projekte wie z.B. „film.land.sachsen“ weitergeführt werden. Auch der Kleinprojektefonds und die Gastspielförderung der Kulturstiftung bleiben stabil. Neu eingeführt haben wir die fünfjährige Kofinanzierung für Projekte im Bundesprogramm „Aller.Land“ für regionale Kultur- und Beteiligungsentwicklung im ländlichen Raum.
Ein Kraftakt ist die Unterstützung der kommunalen Theater und Orchester im ländlichen Raum bei der Finanzierung tariflicher Mehrkosten mit zusätzlich über 10 Millionen Euro über beide Haushaltsjahre. Als Freistaat stehen wir aber zur gemeinsamen Verantwortung mit den Trägern, die regionalen Ankerpunkte für kulturelle Teilhabe und Verständigung zu erhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich bin erleichtert, dass wir im Kulturetat erheblich nachbessern – zugleich bleiben harte Einschnitte bestehen. Nicht Bestandteil der Einigung sind z.B. unsere Änderungsanträge zur Sicherung des audio-visuellen Erbes, zur Werkdatenbank Bildende Kunst, zur Provenienzforschung an den SKD und an öffentlichen Bibliotheken. Dadurch werden Entwicklungen eingeschränkt und abgebrochen. Besonders bitter ist der Leerlauf bei der Inklusionsförderung. Das schließt Menschen mit Behinderung aus.
Ich kann nur festhalten, dass es kulturpolitische Impulse mit der Minderheitskoalition aus CDU und SPD wieder schwerer haben in Sachsen.
Was mit uns BÜNDNISGRÜNEN aber gar nicht ging, war bei der Erinnerungskultur zu kürzen. Gerade wenn Demokratiefeinde im ganzen Land auf dem Vormarsch sind, sind Gedenkstätten und Aufarbeitungsinitiativen gefragt. Sie können vor Augen führen, wie sich ein Leben in einer Diktatur, ohne Demokratie und ohne Achtung der Menschenrechte anfühlt. Deshalb haben wir die Mittel für die Gedenkstättenstiftung und die Fachstelle NS-Erinnerungsarbeit und Demokratiebildung stark aufgestockt und die Finanzierung der Gedenkstätte KZ-Sachsenburg im Entschließungsantrag mit CDU, SPD und LINKEN besiegelt.