Dr. Gerd Lippold: Die energie- und klimapolitische Strategie der regierenden Mehrheit dieses Hauses ist größtenteils von gestern
Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Gerd Lippold zur Aktuellen Debatte der CDU/SPD-Fraktion:
"Arbeitsplätze schützen, Regionen stärken – für eine sichere, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung in Sachsen"
11. Sitzung des 6. Sächsischen Landtages, 27. April 2015, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
als das Thema dieser Aktuellen Debatte bekannt wurde, war die spontane Reaktion: d‘accord. Das genau wollen wir auch jetzt und für künftige Generationen in einem lebenswerten Sachsen.
Für einen Moment — einen kleinen Moment — kam mir der Gedanke, ob Sie nicht vielleicht wirklich vorhaben könnten, mit uns über die notwendigen Strategiewechsel zu sprechen, um diese Ziele im 21. Jahrhundert zu erreichen. Und zwar mitten in der deutschen Energiewende und zu einem Zeitpunkt, in dem die Klimapolitik in der Welt Fahrt aufnimmt.
Aber diese Vorstellung währte tatsächlich nur eine Sekunde. „Müssen wir hier wirklich schon wieder grundsätzlich über die Kohle sprechen?", bin ich gefragt worden. Das sei doch nach Ansicht einer überwiegenden Mehrheit in allen Umfragen inzwischen ein Thema von gestern.
Allerdings ist auch die energie- und klimapolitische Strategie der regierenden Mehrheit dieses Hauses größtenteils von gestern, weil sie versuchen — mit abnehmendem Erfolg – mit Strategien von gestern die Probleme von heute und morgen lösen zu wollen. Deshalb werden wir hier und vor allem vor der nächsten Wahl wohl noch oft über das Thema Kohle diskutieren müssen. Vor der Wirkung ist uns nicht bange. In einer aktuellen Umfrage von Emnid hat sich eine überwältigende Mehrheit der Menschen — nicht nur in diesem Land,
sondern auch in den betroffenen Regionen — dafür ausgesprochen, in einem überschaubaren Zeitraum den Einstieg in den Kohleausstieg in Angriff zu nehmen und im Übrigen auch zusätzlich klimapolitische Instrumente dafür in Kauf zu nehmen, wie sie jetzt aus dem Bundeswirtschaftsministerium gekommen sind.
Was Sie in der Debatte in einem Mutterland der Braunkohle zur Untermauerung Ihrer Ziele vorgebracht haben, ist erstaunlich, denn es ist nichts weiter als ein Aufguss der Szenarien der IG BCE, von denen völlig klar ist, dass sie nie eintreten werden. Es ist eine Sammlung von Argumenten, die längst abgeräumt sind, auf tönernen Füßen stehen oder ganz in der Luft hängen.
Somit sehe ich nicht braun, sondern ich sehe schwarz für Ihre Intentionen, einen signifikanten Beitrag der Braunkohle zur Lösung der Probleme auf dem Strommarkt und zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele zu verhindern. Das wird Ihnen nicht gelingen.
Sie haben sich in einer Brückentechnologieecke verbarrikadiert in der Hoffnung, der Nebel auf der anderen Seite der Brücke möge sich nie lichten. Jetzt kommt eine Regierung mit einem Instrument, das plötzlich die andere Seite der Brücke sichtbar werden lässt. Das macht Ihnen Angst, weil Sie kein Konzept dafür haben, mit dem Sie etwas für Sachsen auf der anderen Seite der Brücke machen können. Deshalb laufen Sie an der Seite von Herrn Vassiliadis Sturm gegen Ihren eigenen Parteichef und Vizekanzler.
Ja, es ist nicht Ihre Aufgabe, Herr Staatsminister Dulig, alternative Klimaschutzinstrumente für die Bundesregierung zu entwickeln — ganz sicher nicht -, aber es ist Ihre Aufgabe, umgehend und schnell Konzepte für ganze Regionen in Sachsen zu entwickeln für eine Zeit nach dem aktiven Kohlebergbau, und es ist Ihre Aufgabe, für die maximale Unterstützung dieser Konzepte bei der Bundesregierung zu werben.
Ich danke Ihnen.[…]
Kollege Baum, liegen Ihnen irgendwelche Daten darüber vor, welche realen Auswirkungen das derzeit vorliegende Gabriel-Papier auf die sächsische Lausitz hat? Was würde es konkret bedeuten, wenn Sie sagen, das sei der Tod für die Lausitz?[…]
Herr Kollege Heidan, ist Ihnen bekannt, dass wir im Bereich der Braunkohle in Deutschland nach Analysen sämtlicher Netzbetreiber mindestens 10 Gigawatt Grundlastkapazitätsüberschuss haben und dass die Pläne von Gabriel eine Abschaltung von maximal etwa dreieinhalb Gigawatt vorsehen? 22 Millionen Tonnen sind etwa dreieinhalb Gigawatt.