Dr. Gerd Lippold: Mit diesem Etat liegt ein vernünftiger Rahmen für das SMWA vor – Stolperfallen gibt es jedoch trotzdem

Redebeitrag des Abgeordneten Gerd Lippold zum Doppelhaushalt:
"Einzelplan 7 / Wirtschaft, Arbeit & Verkehr"
12. Sitzung des Sächsischen Landtags, 29. April 2015, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
nach dem letzten FDP-Haushaltplan war es für den Bereich des Wirtschaftsministeriums eine lösbare Aufgabe, einen besseren, moderneren Einzelplan abzuliefern.
Dies ist Staatsminister Dulig und Ihnen, meine Damen und Herren bei der SPD, auch gelungen. Während die Wirtschaftsförderung auf beachtlich hohem Niveau fortgeführt werden kann, liest man erstmals wieder Interesse an einer aktiven Arbeitsmarktpolitik heraus.
Im Bereich der Wirtschaftsförderung gibt es begrüßenswerte Neuerungen, die jedoch zu einem großen Teil der veränderten EU-Förderpolitik zugeschrieben werden können. Weniger EFRE-Mittel sorgen für die Verlagerung zur Förderung durch den ESF. EFRE fördert Investitionen, ESF die Köpfe. Wir GRÜNEN haben uns immer für die Förderung von Köpfen statt Beton stark gemacht. Insofern ist das ein Schritt in die richtige Richtung.
Zum Teil schwer zu überblicken, ist die Vielzahl an Einzelmaßnahmen. Es gibt jetzt u. a. "InnoExperts", zu denen Innovationsassistenten und Innovationsmanager, Senior-Innomanager und Senior-InnoExperts gehören und irgendwo kommen dann auch noch Transfermanager hinzu. Das wirkt sicher nicht nur hier verwirrend, sondern vermutlich auch bei den Adressaten in der sächsischen Wirtschaft, die durch die ganzen ‚Innos‘ und ‚Experts‘ unterstützt werden soll.
Was der Haushalt nicht abbildet, ist die praktische Umsetzung, die in Richtlinien (hier: ESF-Technologieförderung 2014 bis 2020) geregelt ist. Ansprechpartner ist die Sächsische Aufbaubank (SAB), eine zunehmend zur Behörde werdende Fördermittelausgabestelle, deren Dienstleistungsbereitschaft von vielen Unternehmern zu Recht kritisiert wird und deren eigene Effizienz hinterfragt werden muss. In Gesprächen mit sächsischen Unternehmern erfährt man schnell, dass die Beantragung von Fördermitteln häufig als inakzeptabel großer, bürokratischer Aufwand empfunden wird.
Das betrifft auch weitere, in der Praxis als hinderlich empfundene Einschränkungen bei der Umsetzung der an sich sinnvollen Fördermaßnahmen.
So darf beispielsweise Transfermanager nur werden, wer einen ingenieurtechnischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Studienabschluss hat. Exzellente Praktiker, die sich im Job qualifiziert haben, Abschlüsse als Innovations- oder Projektmanager besitzen, über große Netzwerke verfügen und deshalb auch Vertrauen vor Ort genießen würden, bleiben außen vor. Hier wünschen sich Unternehmer mehr Freiheit und weniger Bevormundung, damit gut gedachte und finanzierte Fördermaßnahmen auch wirksam werden können.
Wir GRÜNEN hätten uns Zustimmung zu unserem Antrag zur Förderung externer gemeinnützige Industrieforschungseinrichtungen (IFE) gewünscht.
Wir hatten im Wirtschaftsausschuss vorgeschlagen, die Forschungsinfrastruktur und Gebäudesubstanz der sächsischen IFE mit einer jährlichen Förderung von 8.000 Euro pro Mitarbeiter zu unterstützen, um einen kleinen, aber notwendigen Schritt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Einrichtungen zu gehen.
Die Einrichtungen sind ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftsnahen Forschungs- und Entwicklungsbereiches in Sachsen und stellen in besonderem Maße für die kleine und mittelständische Wirtschaft taugliche Partner dar. Als Dienstleister und in ihrer Funktion zur Bindung und Qualifizierung von Fachkräften in den Regionen tragen sie zur Profilierung ihrer Standorte bei. Leider prallten diese Argumente an der Koalition ab.
Noch ein paar Worte zum Thema Meisterbonus. Wir haben im Ausschuss diesen Bonus nicht etwa deshalb abgelehnt, weil wir vielleicht die Rolle des Handwerks oder der Meisterausbildung oder des Meisterbriefes gering schätzten. Nein, wir haben abgelehnt, weil wir von der Staatsregierung Vorschläge für eine bessere und vor allem nachhaltigere Unterstützung des sächsischen Handwerks erwarten. Zeigen Sie mir einen Handwerker, einen Meisterschüler, der wegen eines einmaligen Geschenks von 1000 Euro mit der Ausbildung beginnt.
Der Meisterbonus ist somit ein Förderinstrument, das zu 100 Prozent auf einen einmaligen Mitnahmeffekte hin konzipiert wurde – also auf das, was man in der normalen Förderpolitik gerade verhindern will.
Zur Förderung des Auf- und Ausbaus digitaler Infrastruktur und digitaler Dienste werden im Förderprogramm "Digitale Offensive Sachsen" jährlich 20 Millionen Euro Landesmittel und 11,4 Millionen Euro EFRE-Mittel zur Verfügung gestellt. Endlich scheint es, als ob sich die Staatsregierung dem Projekt »Industrie 4.0« annehmen möchte. Der flächendeckende Einzug von Informations- und Kommunikationstechnik sowie deren Vernetzung zu einem Internet der Dinge, Dienste und Daten ermöglicht einerseits Echtzeitfähigkeiten in der Produktion und höchste Flexibilität, stellt aber viele alteingesessene Unternehmen auch vor Herausforderungen. Das bereitgestellte Geld kann helfen, besonders die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auf dem Weg in die »Industrie 4.0« zu begleiten.
Doch nicht nur die Organisation der Produktion, sondern auch die Arbeitsbedingungen der sächsischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ändern sich rasch und grundlegend. Darum stimmt es zuversichtlich, dass der Richtungswechsel im SMWA vor allem im Bereich der Arbeitsmarktpolitik sichtbar wird.
Endlich ist das Bemühen um Fachkräfte für die sächsische Wirtschaft mehr als ein hohles Lippenbekenntnis. Vor allem der Ansatz, Zuschüsse für regionale Projekte der Fachkräftesicherung vorzusehen, ist gut, denn innovative Projekte von Akteuren vor Ort sind meist nachhaltiger als zentral initiierte Maßnahmen.
Abschließend schätzen wir ein, dass mit dem Einzelplan 7 grundsätzlich ein vernünftiger Rahmen vorliegt, um zumindest im moderner gewordenen Wirtschaftsbereich in den nächsten zwei Jahren ein Stück voran zu kommen. Wir haben dennoch im Ausschuss Elemente der Symbolpolitik und das Ausklammern wichtiger Segmente der wirtschaftsnahen Forschung kritisiert. Wir haben die Schaffung von gut bestückten Sparbüchsen ohne hinreichende Konzepte für deren Verwendung kritisiert.
Hier besteht in der heutigen Debatte die Möglichkeit, durch Zustimmung zu einem unserer Änderungsanträge noch nachzubessern.