Dr. Karl-Heinz Gerstenberg: Berufsakademien in den Prozess der Hochschulreform einbinden, ohne deren Praxisbezug aufzugeben

Es gilt das gesprochene Wort!
(…) Wenn Fragen der Hochschulreform diskutiert werden, dann steht die Berufsakademie meist im Schatten der Aufmerksamkeit. Das gilt auch für den Bologna-Prozess. Die gestuften Studiengänge Bachelor und Master sind für Universitäten und Fachhochschulen konzipiert – schon die Kunsthochschulen haben ihre Schwierigkeiten mit dieser Struktur. Die meisten Bologna-Experten und erst recht die Arbeitgeber außerhalb Deutschlands werden die Berufsakademie nur vom Hörensagen kennen. Trotz und gerade wegen der Besonderheit und der europaweiten Unbekanntheit der Berufsakademie ist es richtig, die Studienreform auch in den sächsischen Studienakademien umzusetzen. Obwohl die Berufsakademie bewusst eine Scharnierfunktion zwischen Ausbildung und Hochschulbildung wahrnimmt und sich in vielerlei Hin-sicht von den Hochschulen unterscheidet, führen ihre Studiengänge doch zu Hochschulabschlüssen. Deshalb ist die Einführung von Bachelorstudienangeboten und  -abschlüssen folgerichtig.
Die endgültige Integration der Berufsakademien in das Hochschulsystem stellt diese aber zugleich vor die Aufgabe, sich stärker innerhalb des Wissenschaftssystems zu verorten. Ihre Studierenden müssen so ausgebildet werden, dass den Anforderungen von möglichen anschließenden Masterstudiengängen an anderen Hochschulen auch Genüge getan wird. Die Berufsakademie Sachsen ist hier auf einem sehr guten Weg, aber sie darf auf ihm nicht stehen bleiben.  Dass heißt: die Studienakademien müssen Inhalt und Qualität ihrer Ausbildung an die wissenschaftlichen Hochschulen an-nähern, ohne den wichtigen Bezug zu Praxisphasen und Praxispartnern zu verlieren. Gelingt dieser Spagat nicht, dann steht die Integration der gestuften Studiengänge nur auf dem Papier und wird nicht mit Leben erfüllt.
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