Dublin-Verordnung – Zais: Höchst unsolidarische Verordnung muss dringend reformiert werden
Rede der Abgeordneten Petra Zais zum Antrag der AfD-Fraktion zum Thema:
"Reform Dublin-Verordnung"
67. Sitzung des Sächsischen Landtags, 1. Februar, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
es ist richtig, dass das EU-Parlament endlich daran geht, die höchst unsolidarische Dublin-Verordnung zu reformieren.
Dass Ihnen das nicht passt, wundert mich nicht. Über Jahre hinweg hat Deutschland davon profitiert, in der Mitte Europas zu liegen und aufgrund der geografischen Lage nicht von Asylsuchenden und geflüchtete Menschen erreicht zu werden.
Die Hauptlast trugen und tragen Italien und Griechenland. Bedingt durch die Mittelmeerlage betreten Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung dort zuerst europäischen Boden. Damit stehen diese Länder in der Verantwortung des Asylverfahrens. Erreichen Menschen über diese Länder Deutschland, kann die Bundesrepublik diese wieder zurückschicken. Das ist die aktuelle Rechtslage. Diese muss dringend reformiert werden.
Der Handlungsbedarf auf europäischer Ebene ist enorm. Neben einem ungerechten Dublin-System funktioniert auch der europäische Verteilmechanismus nicht. Das gleiche gilt für das Europäische Resettlement-Programm.
Anstatt weiterhin die Abschottung voran zu treiben, setzen wir GRÜNE deshalb auf Verantwortungsübernahme.
Wir wollen ein neues, solidarisches System, das auf einer gerechten Verantwortungsteilung unter den Mitgliedstaaten basiert und die Präferenzen der Asylsuchenden, dazu gehören u.a. familiäre Bindungen, in den Mittelpunkt stellt. Ein funktionierendes Verteilungssystem setzt voraus, dass die Interessen der beteiligten Länder berücksichtigt werden, zum Beispiel durch ein System, das Anreize für die Asylsuchenden zum Verbleib in "ihrem Mitgliedsstaat" schafft. Das ist besser als Abwanderung und sekundäre Migrationsbewegungen in andere Mitgliedsstaaten durch Zwangsmaßnahmen zu verhindern.
Das ist zentrales Element einer vom Humanismus geprägten liberalen Flüchtlingspolitik. Ein Ansatz, den die AfD nicht vertritt und – den auch die sächsische CDU nicht vertritt. Und deshalb ist es in einer pluralen Gesellschaft umso wichtiger, dass es andere Meinungen, wie die Meinungen der GRÜNEN dazu gibt.
Seit Jahren fordert die Bundeskanzlerin ein anderes, ein solidarisches Verteilsystem von Geflüchteten innerhalb der Europäischen Union. Dazu gehört die Abschaffung/Reformierung von Dublin. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Und deshalb, Herr Innenminister Wöller, verwundert es schon, dass sie ins gleiche Horn wie die AfD blasen und öffentlich mit einer neuerlichen ‚Zuwanderunswelle‘ drohen, falls die Dublin-Reform kommt.
Wir werden diesen Antrag selbstverständlich ablehnen.
Grüne Forderungen für die Reformierung des Dublin-Sytems:
1. Ein System, das auf einer gerechten Verteilung der Asylsuchenden auf alle EU-Mitgliedstaaten basiert und verbindlich für alle Mitgliedstaaten ist
2. Ein System, das die Anknüpfungspunkte und Präferenzen der Asylsuchenden für einen bestimmten Mitgliedstaat berücksichtigt
3. Ein System, das darauf basiert, Anreize für die Asylsuchenden zu schaffen, in "ihrem" Mitgliedstaat zu bleiben, statt eine Abwanderung und sekundäre Migrationsbewegungen in andere Mitgliedstaaten durch Zwangsmaßnahmen zu verhindern
4. Ein integriertes EU-Asylsystem zur besseren Umsetzung der EU-Asylvorschriften in allen Mitgliedstaaten, das substanzielle Integrationsmaßnahmen beinhaltet
5. Positive gegenseitige Anerkennung von Asylentscheidungen, so dass Flüchtlinge ein Jahr nach ihrer Anerkennung als Schutzbedürftige in einen anderen Mitgliedstaat ziehen können, um dort zu arbeiten oder zu studieren
6. Ausbau des derzeitigen Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) zu einer eigenständigen und voll funktionsfähigen EU-Asylbehörde, die das Funktionieren des präferenzgestützten Verteilungssystems und des EU-Asylsystems insgesamt sicherstellt.