Ehemalige SED-Millionen zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht nutzen − Meier: Das Geld gehört in den Aufbau der Gedenkorte als Stätten der Bildung
Rede der Abgeordneten Katja Meier zum Antrag der Fraktion GRÜNE: "Auszahlung aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR (PMO-Vermögen) zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht sowie für Aufklärung und Wiedergutmachung einsetzen" (Drs 6/13100)
70. Sitzung des Sächsischen Landtags, Mittwoch, 25. April, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
seit Ende letzten Jahres wissen wir, dass Sachsen im Frühjahr dieses Jahres ca. 58 Millionen Euro vom Bund überwiesen bekommt. Das ist nicht irgendwelches Geld, sondern Geld des sogenannten Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, oder wie es der Volksmund nennt, die SED-Millionen, die auf dem Rechtsweg erstritten wurden.
In knapp 45 Jahren wurde zuerst in der SBZ, dann in der DDR und deren Massenorganisationen ein großes Vermögen in Form von liquiden Mitteln, Immobilien, Eigenbetrieben, Kunstwerken, Auslandskonten und Unternehmen im Ausland angehäuft und deponiert.
Ein Großteil dieser Vermögenswerte wird als nicht rechtens angeeignet betrachtet.
1994 wurde zwischen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben und den neuen Ländern eine Verwaltungsvereinbarung geschlossenen.
Die sieht vor, dass diese sog. PMO-Mittel für investive und investitionsfördernde Maßnahmen in den Bereichen der wirtschaftlichen Umstrukturierung sowie für soziale und kulturelle Zwecke zu verwenden sind.
Nunmehr steht also wieder eine Ausschüttung des Geldes an.
Während alle anderen ostdeutschen Länder transparent darstellen, in welchen Bereichen sie investieren wollen, hüllen sich die sächsische Staatsregierung und der Finanzminister in Schweigen.
In Thüringen beispielsweise wird eigens ein Beirat u.a. bestehend aus dem Landesbeauftragten und der Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur eingerichtet, um über die Verwendung der Mittel zu entscheiden.
Nicht so in Sachsen. Hier passiert, wie so oft, alles hinter verschlossenen Türen.
Das finde ich – auch vor dem Hintergrund, wie und durch wen dieses Geld erwirtschaftet wurde – absolut unangemessen, unwürdig und respektlos.
Das einzige, was wir wissen, ist, dass Finanzminister Dr. Haß die rund 58 Mio. Euro, zur Verstärkung nicht ausreichender Haushaltstitel im laufenden Haushaltsjahr verwenden will, also pauschal zum Stopfen von Haushaltslöcher.
Das Geld sollte aber nicht nach dem Gutdünken des Finanzministeriums verteilt werden, vielmehr muss der Einsatz der historischen Bedeutung gerecht werden.
Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlagen mit unserem Antrag deshalb vor, das SED-Vermögen in die Modernisierung der im Freistaat existierenden Erinnerungs- und Gedenkorte als Stätten der Bildung, Aufklärung und wissenschaftlicher Aufarbeitung zu investieren.
Wir tragen eine besondere Verantwortung für unsere Geschichte. Die Aufarbeitung der SED Diktatur können wir noch lange nicht ad acta legen. Vielmehr muss die Aufarbeitung ein fester Bestandteil unserer demokratischen Kultur im jetzt und im morgen sein. Genau deshalb fand ich den Vorschlag von Integrationsministerin Köpping, die mit dem Geld eine Untersuchung der Nachwendezeit finanzieren wollte, absolut unseriös: Zum einen sind die Mittel ausschließlich für investive und investitionsfördernde Maßnahmen vorgesehen, so dass Studien damit eben nicht finanziert werden können.
Zum anderen fühlen sich die Opfer der DDR-Diktatur durch die durchschaubare parteipolitische Debatte von Frau Köpping diskreditiert. Genau jene Opfer und verschiedenen Opferverbände haben uns Abgeordnete in den vergangen Wochen und Monaten angeschrieben und gefordert, dass sie bei der Auszahlung des Geldes berücksichtigt werden.
Wir unterstützen diese Forderung und fordern die Staatsregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass das Geld auch den Opfern zu Gute kommt. Wohl wissend, dass die geltende Verwaltungsverordnung dies aktuell nicht ermöglicht, haben wir einen Prüfauftrag formuliert.
Uns ist bewusst, dass dafür die Verordnung geändert werden müsste.
Aber genau das fordern wir ja auch in unserem Antrag.
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