Elke Herrmann zu einem Glücksspielstaatsvertrag
Wr brauchen ein konsequentes und logisches Konzept, wie wir mit der Wetttätigkeit in Sachsen umgehen wollen
Redebeitrag der Abgeordneten Elke Herrmann zum GRÜNEN-Antrag „Verwendung der Einnahmen aus dem Glücksspielstaatsvertrag“ in der 21. Sitzung des Sächsischen Landtages, 29.09., TOP 11
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen!
Am 8. September dieses Jahres hat der Europäische Gerichtshof die
unionsrechtlichen Anforderungen an die deutschen Glücksspielmonopole
konkretisiert.
Nach diesem Urteil haben wir zwei Möglichkeiten: Entweder wir verzichten auf das staatliche Glücksspielmonopol oder wir schaffen die Voraussetzungen dafür, dass dieses Monopol weiterhin möglich ist. Das heißt, wir sind gehalten, die Wetttätigkeit in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Problematisches oder süchtiges Spielen soll damit verhindert werden, um die Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht zu schützen.
Was bedeutet das nun im Konkreten? Liebe Kolleginnen und Kollegen, kohärente und systematische Begrenzung der Wetttätigkeit — so hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt — bedeutet: Wr brauchen ein konsequentes und logisches Konzept, wie wir mit der Wetttätigkeit in Sachsen umgehen wollen. Genau auf diesen Weg wollen wir die Staatsregierung schicken; das ist der Zweck unseres Antrages.
Wir fordern einen Bericht der Staatsregierung, bis wann und wie sie aufgrund des schon zitierten Urteils des Europäischen Gerichtshofes das Sächsische Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag anpassen wird.
Wir möchten, dass dabei bestimmte Punkte berücksichtigt werden. Der erste Punkt ist, dass die Einnahmen aus dem Glücksspiel verstärkt zur Suchtprävention und Suchforschung verwendet werden sollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Europäische Gerichtshof hat ausgeführt, dass nicht allein das Ziel des Schutzes vor Spielsucht das staatliche Wettmonopol begründet — nicht allein, aber auch. Er hat ausdrücklich ausgeführt, dass auch ein Schutz vor betrügerischen Machenschaften und vor irreführender Werbung deutlich sichtbar sein muss.
Dazu wollen wir die Staatsregierung mit unserem Antrag auffordern. Wir fordern auf, dass sie die Einnahmen aus dem Glücksspielmarkt verstärkt zur Suchtprävention und vor allem zur Suchtforschung einsetzt. Wenn nämlich zum Beispiel Automaten stärker süchtig machen als andere Formen wie Lotto/Toto, dann müssen wir untersuchen, ob das tatsächlich der Fall ist. Bisher ist die Suchtforschung in diesem Bereich sehr stark von der Wettindustrie selbst gesponsert. Das sind natürlich betrügerische Machenschaften, denen wir den Boden entziehen müssen, und deshalb ist es wichtig, dass wir eine unabhängige Suchtforschung betreiben. Wir haben ja auch in Dresden die entsprechende Professur, die dafür zur Verfügung stehen würde.
Außerdem wollen wir, dass die Mittelverwendung rechtssicher und transparent ist. Andere Bundesländer machen uns das vor, indem sie ganz konkrete Prozentsätze für die Mittelverteilung in ihrem Glücksspielstaatsvertrag ausweisen. Bremen verweist zum Beispiel explizit auf Suchtprävention und Suchtforschung.
Wir fordern des Weiteren in unserem Antrag, dass berichtet wird, woran der Fachbeirat Glücksspielsucht im Freistaat Sachsen arbeitet. Dieser Fachbeirat ist in den Beratungsstellen einschließlich der Sächsischen Landesstelle gegen Suchtgefahren absolut unbekannt. Niemand kennt Personen, die in diesem Beirat arbeiten; niemand hat je von diesem Beirat gehört oder vielleicht sogar einen Bericht von diesem Beirat gesehen. Wir wollen gern wissen, was der Beirat macht, wer dort Mitglied ist usw. Das ist unbedingt notwendig, wenn wir das staatliche Glücksspielmonopol weiterhin aufrechterhalten wollen.
Natürlich fordern wir die Staatsregierung auf, auf Bundesebene tätig zu werden, um ein Werbeverbot für Glücksspiele und Geldspielautomaten zu erreichen, weil der EuGH genau das kritisiert hat: dass Werbung nicht in entsprechender Weise eingeschränkt ist. Der EuGH kommt zu dem Schluss: Das Monopol kann weiterhin verfassungsrechtlich zulässig sein, und zwar nicht allein mit dem Ziel des Schutzes vor Spielsucht, sondern ausdrücklich gestützt auf den Schutz vor betrügerischen Machenschaften und irreführender Werbung.
Unser Antrag ist insofern richtig und wichtig, als der EuGH ausgeführt hat, Mitgliedsstaaten dürfen staatliche Monopole schaffen, sie dürfen das auch für einen Teil des Glücksspielmarktes tun. Es ist also weiterhin möglich, dass ein Teil staatlich und ein weiterer Teil privat ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in 2009 gab es den 1. Sächsischen Landessuchtbericht. Darin konnte man lesen, dass die Staatsregierung etwas für Prävention gegen Glücksspielsucht tun will; und zwar wollte sie eine Glücksspielambulanz einrichten. Ein Telefonat mit der Sächsischen Landesstelle gegen Suchtgefahren hat ergeben, dass sie nicht wissen, wie weit wir mit der Einrichtung einer Glücksspielambulanz sind. Auch die Projektleitung, also die GESOP, die das eigentlich verantwortlich machen soll, konnte uns diese Woche keine Auskunft geben: Und die Praktiker, die zur Glücksspielsucht beraten sollen, das sind genau die Suchthilfeeinrichtungen und Suchtberatungsstellen in der Fläche, die wir im Haushalt kräftig schröpfen. Das nenne ich kein kohärentes und systematisches Handeln im Zusammenhang mit staatlichem Glücksspielmonopol. Das sieht für meine Begriffe anders aus.
Weil wir, im Gegensatz zur FDP, dieses Monopol weiter aufrechterhalten wollen — auch die Bundesregierung hat sich nach dem Urteil entsprechend geäußert —‚ müssen wir uns auf den Weg machen, dass wir die Forderung des EuGH in dieser Sache erfüllen. Unser Antrag ist ein Aufruf an die Staatsregierung, heute die ersten Schritte dazu zu unternehmen.
Ich bedanke mich.