Ersatzfeiertagsgesetz – Lippmann: Gesetzgebungskompetenz liegt beim Bund

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: „Gesetz zur Nachholung gesetzlicher Feiertage im Freistaat Sachsen (Sächsisches Ersaztfeiertagsgesetz – SächsErsatzFG)“ Drs 7/10915

59. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 9.11.2022, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

es gibt politische Forderungen, die klingen so schön und bringen so viele Segnungen, dass es fast schon eine Sünde scheint, die vermeintlich gute Idee auf den Boden der Realität zurückbringen zu müssen.
Denn natürlich klingt es wundervoll, den Menschen in Sachsen mehr freie Tage zu versprechen – fast so gut wie die Forderung der Piratenpartei vor vielen Jahren, die „Ein Wombat für jeden Haushalt“ versprach. Ein sehr knuffiger Vorschlag. Aber während die sympathische Sache mit dem Wombat wohl an tierschutzrechtlichen Fragen scheitern dürfte, stehen dem sympathischen Vorschlag der Linksfraktion systematische Probleme und die Verfassung im Weg.

Zunächst liegt dem Gesetzentwurf eine falsche Annahme zugrunde, nämlich, dass Arbeitnehmer*innen der datumsfeste gesetzliche Feiertag primär als zusätzlicher arbeitsfreier Tag zur Verfügung stünde.

Tatsächlich dienen Feiertage der Arbeitsruhe und – ganz aus der Tiefe schöpfend – der seelischen Erhebung. Allerdings ist diese Arbeitsruhe nicht um ihrer selbst willen verfassungsrechtlich normiert, sie dient vielmehr dazu, diesen Feiertag begehen bzw. feiern zu können. Der Feiertag ist also nicht konstitutiv für die Arbeitsruhe, sondern die Arbeitsruhe konstitutiv für den Feiertag. Das zeigen auch die datumsfesten Feiertage, die sich alle entweder auf historische Ereignisse oder tradierte Setzungen beziehen. Zudem hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, neue Feiertage zu normieren, wenn diese für große Teile der Bevölkerung – gegebenenfalls auch nur in bestimmten Regionen – wichtig sind. Daran zeigt sich, dass der Bezug auf den Tag bzw. das Ereignis nicht negiert werden kann. Eine Nachholung ist daher mit dem Sinn des Feiertages eigentlich nicht vereinbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
allerdings gestehe ich zu, dass mit Blick auf die gewandelte Arbeitswelt und der zunehmenden Bedeutung von Freizeit sich auch die Bedeutung auch von Feiertagen hin zur Urlaubsähnlichkeit verschoben hat. Insoweit wäre der Gesetzentwurf dann durchaus systematisch schlüssig, er bleibt aber verfassungswidrig. Denn wenn man der Logik der Entleerung des Feiertages hin zum bloßen Urlaubsanspruch folgt, müsste schon das Gesetz nicht „Ersatzfeiertagsgesetz“, sondern „Feiertagsersatzurlaubsgesetz“ heißen. Und schon winkt mal wieder das Grundgesetz von Ferne als Partychrasher.

Wir befinden uns mal wieder in einem meine Lieblingsgebiete des Verfassungsrechtes: Den Tiefen der Bund-Länder-Kompetenzverteilung.

Urlaubsansprüche sind Teil des Arbeitsschutzes und somit gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bund hat mit dem Bundesurlaubsgesetz von seiner Gesetzgebungskompetenz bereits Gebrauch gemacht.

Die bundeseinheitliche Regelung ist auch sinnvoll. Dies sorgt auch dafür, dass der gesetzlich zugesicherte Anspruch auf Erholung nicht von Bundesland zu Bundesland immer mehr divergiert. Gegenstände, bei denen der Bund von der konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat, können durch die Länder nicht mehr durch eigene Gesetze geregelt werden.
Da das Urlaubsrecht durch den Bund geregelt wurde, sind somit Ländergesetze, die den Urlaubsanspruch ausweiten – und nichts anderes versucht dieser Gesetzentwurf –, unzulässig und wären verfassungswidrig.

Dass das Bundesverfassungsgericht hierbei wenig Spaß versteht, hat es zuletzt bei den Entscheidungen zu den Länderkompetenzen beim Mietendeckel und bei der Entscheidung zu Bremischen Hafengesetz gezeigt.

So traurig das also ist, als Land können wir das nicht regeln. Es müsste der Bund tun und genau dort sollte das auch weiter diskutiert werden.

Die Zuweisung eines Wombats indes ist wohl verfassungsrechtlich unbedenklich, würde aber aus BÜNDNISGRÜNER Sicht ebenso nicht vertretbar sein – aber das ist ein anderes Thema.

Kurzum: manche schöne und sympathische Forderung scheitert an der Realität, so auch diese. Wir werden entsprechend ablehnen.

Vielen Dank.