Europäisches Forschungsprogramm Horizont 2020 – Maicher: Europäische Programme müssen auch bei kleineren Hochschulen ankommen!
Rede der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (GRÜNE) zum Antrag der Fraktionen von CDU und SPD "Teilnahme des Freistaates Sachsen am Europäischen Forschungsrahmenprogramm ‘Horizont 2020‘ weiter stärken"
51. Sitzung des Sächsischen Landtags, 16. März, TOP 4
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
mit dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der EU ‚Horizont 2020‘ waren und sind große Hoffnungen verbunden. Das Bundesbildungsministerium spricht vom weltweit größten in sich geschlossenen Forschungs- und Innovationsprogramm. Das ist beachtlich und wichtig für Europa.
Es sind besonders die neue Ausgestaltung des Forschungsprogramms im Vergleich zu seinem Vorgänger, sowie dessen Ziele, die die europäische Forschung nach vorn bringen soll. Die Bewältigung großer wissenschaftlicher Herausforderungen soll der zentrale Schwerpunkt des Programms sein, das dadurch einen strategischen Rahmen erhält.
Forschungsförderung und Innovationsförderung laufen nicht mehr nebeneinander her, sondern wurden zu einem Programm verschmolzen. Damit kann der Transfer von Forschungsergebnissen in erfolgreiche Innovationen und letztlich vermarktbare Produkte besser gelingen. KMUs sollen besser profitieren.
Sachsen hat, was die Beteiligungen und eingeworbenen Zuwendungen betrifft, in Anbetracht seiner Forschungslandschaft noch viel Luft nach oben.
Besonders deutlich sind die gravierenden Unterschiede zwischen den Hochschultypen. Es finden sich aktuell in der europäischen Forschungsdatenbank nur einige vereinzelte Einträge, wo auch HAW an Horizont 2020 Projekten partizipieren. Die Ministerin hat im Herbst letzten Jahres eingeräumt, dass kleinere Hochschulen und Forschungseinrichtungen insgesamt derzeit so gut wie gar nicht von den europäischen Programmen profitieren. Wie wollen Sie das ändern?
Wir begrüßen, dass der Antrag der Koalition die Staatsregierung auffordert, dem Landtag detailliert über das sächsische Abschneiden bei Horizont 2020 zu berichten. Besonders die Ausführungen der Staatsregierung zu den Erfolgsquoten von Projekten mit sächsischer Beteiligung sollten interessant sein. Denn diese Erfolgsquoten hat die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme verschwiegen.
In diesem Zusammenhang erwarte ich, dass die Staatsregierung auch konkrete Vorstellungen und Strategien hat, um die Forderungen, die im Antrag unter Punkt II aufgezählt werden, zu erfüllen. Diese werden dann sicher im Bericht an den Landtag aufgeführt. Dieser steht ja noch aus.
Lassen sie mich auf den besagten Status Quo zurückkommen. Welche Unterstützung haben potenzielle Antragsteller aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen in Sachsen derzeit, um ihre Erfolgschancen zu verstärken?
Die Staatsregierung benennt ihre Zentrale EU Serviceeinrichtung Sachsen, kurz ZEUSS, eingerichtet erst sehr spät – im September 2016. Dieses soll vor allem Beratungs- und Unterstützungsangebote für landesfinanzierte Forschungseinrichtungen und die Berufsakademie vorhalten.
Des Weiteren richtet sich ihr Angebot an fast alle sächsischen Hochschulen. Die TU Dresden hält mit dem European Project Center, ein eigenes Beratungsinstitut vor. Das ist nicht nur deutlich älter als ZEUSS, sie verfügen mit 35 Beschäftigten auch über deutlich mehr Personal als die drei Projektreferentinnen und eine Sachbearbeiterin, die sich Sachsen für seine Serviceeinrichtung leistet.
Es ist erfreulich, dass ZEUSS und EPC nach Aussage der Staatsregierung einen guten Informationsaustausch und komplementäre Arbeitsbeziehungen pflegt. Eine sehr gut ausgestattete Beratungs- und Serviceeinrichtung, die Beratung und Antragsbegleitung aus einer Hand liefert statt Doppelstrukturen wäre aber zielführender für ganz Sachsen.
Für Sachsens überwiegend kleine und mittlere Unternehmen ist Horizont 2020 das, was für den Fuchs in der Fabel die Trauben sind – unerreichbare Früchte. Von den rund 160.000 sächsischen Unternehmen betreiben nur 800 regelmäßig FuE. Und auch von denen berichten viele kritisch vom immens hohen bürokratischen Aufwand bei Beantragung und Abwicklung der Förderung.
Komplizierte Prüfverfahren und daraus resultierende lange Fristen wirken abschreckend auf kleinere innovative Start-ups, die mit innovativen Ideen schnell auf den Markt kommen müssen, um ihren Platz zu behaupten. Das Verfahren ist zu komplex, aufwändig und teuer. Die Horizont 2020 – Prämie der Staatsregierung ist sicherlich gut gemeint. Die bescheidene Förderhöhe ändert allerdings wenig an der Problemen der KMU mit der komplexen EU-Förderung.
Wir werden Ihrem Antrag zustimmen und erwarten den Bericht der Staatsregierung. Interessant wäre darin auch, wie Sie die bereits laufenden Vorbereitungen des 9. Forschungsrahmenprogramms im Interesse auch sächsischer Forschungseinrichtungen und Unternehmen mit begleiten.
Vielen Dank.
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