Eva Jähnigen: Dieser Landtag hat die Debatte um die künftige Finanzpolitik, auch gegenüber den Kommunen, kaum geführt

Redebeitrag der Abgeordneten Eva Jähnigen zum Gesetzentwurf:
„Neuntes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Finanzausgleichgesetzes“ (Drs. 6/779)
12. Sitzung des 6. Sächsischen Landtages, 29. April 2015, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,  
verehrte Damen und Herren,
im Unterschied zu den heftigen Debatten um den Haushalt und das Haushaltsbegleitgesetz in den letzten Tagen gibt es zu dieser fortgeschrittenen Stunde um das neunte Gesetz zur Änderung des sächsischen Finanzausgleichsgesetzes nur eine zurückhaltende Diskussion.  
Grund dafür ist nicht nur, dass die Eckpunkte des Kommunalfinanzausgleichs in einer nichtöffentlichen Runde – dem FAG-Beirat – zwischen Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und Vertretern von Innen- und Finanzministerium ausgehandelt wurden und es in der Regel wenig sinnvoll erscheint, Grundsätze dieses ausgehandelten Paketes zu verändern.
Es liegt vor allem daran, dass sich dieser 6. Sächsische Landtag im Haushaltsbegleitgesetz auf die Schnelle mit einer Vielfalt von Detail- und Gesetzesänderungen befassen musste, die eigentlich nicht zu Haushalt gehört, die Debatte um die künftige Finanzpolitik auch gegenüber den Kommunen jedoch kaum geführt hat.
Wir GRÜNE meinen, dass wir uns als Parlament mit der Leistungskraft der Kommunen für die künftigen Aufgaben und dabei besonders für die Pflichtausgaben nach Ermessen und die freiwilligen Aufgaben auseinandersetzen müssen. Denn diese machen die kommunale Selbstverwaltung aus.
Dazu müssen auch solche Gesetze mit betrachtet werden, die wichtig für die Kommunalfinanzen sind, aber nicht im FAG geregelt werden – wie z. B. das Kitagesetz, das Schulgesetz und die Finanzierungsverordnung für den Öffentlichen Personenverkehr (ÖPNV-FinVO). Diskutiert werden müssen der Umgang mit den kommunal relevanten Zuweisungen auf Bundesebene ebenso wie Zweck und Verwendung der zweckgebundenen, investiven Zuweisungen und die längerfristigen Auswirkungen der sogenannten Verwaltungsreform von 2008.
Dazu brauchen wir im Land Sachsen die vollständige Einführung der Doppik mit allen Konsequenzen aus der Rechnungslegung. Leider hat der Landtag diese bedauerlicherweise mit dem vorhin beschlossenen Haushaltsbegleitgesetz zeitlich nach hinten geschoben.
Wir GRÜNE wollen für Sachsen und seine Kommunen einen Interessenausgleich zwischen wachsenden Ballungsräumen mit den zusätzlichen Kosten für Kinderbetreuung und Schulen einerseits und den Bevölkerung verlierenden Klein- und Mittelstädten mit hohen Kosten für die vorhandene Infrastruktur in der Fläche andererseits erreichen.
Für alle Regionen und dabei ganz besonders für den ländlichen Raum gilt: nicht irgendwelche Investitionen helfen, sondern die richtigen Investitionen. Als GRÜNE verstehen wir, wie Sie wissen, unter Investitionen auch Investitionen in Köpfe und Bildungsstrukturen – z. B. durch das gestern leider abgelehnte Programm zur Förderung von Frauen, die auf dem Land Existenzgründungen in Angriff nehmen.
Eine falsche Schwerpunktsetzung ist, wenn in unserem Land mit einem gegenüber dem Bundesdurchschnitt um 20 Prozent dichteren Netz an Bundes- und Staatsstraßen und zurückgehenden Bevölkerungszahlen im ländlichen Raum weiter auf Straßenneubau gesetzt wird. Denn so nimmt die Dichte des Straßennetzes bei sinkender Bevölkerung zu, die Pro-Kopf-Kosten steigen und die Kommunen werden zusätzlich mit den Kosten für nach einem Neubau herabgestufte Straßen belastet.
Wir brauchen zu all diesen Fragen eine transparente, ehrliche Debatte in den Kommunen wie auch in Parlament und Exekutive. Dafür stehen wir und das erwarten wir von allen Beteiligten. Zu diesem Gesetzentwurf heute werden wir uns enthalten.