Eva Jähnigen: Ein Personalentwicklungskonzept fehlt für den Freistaat immer noch
Redebeitrag von Eva Jähnigen zum Antrag "Übertragung Tarifeinigung für die Beschäftigten der Länder", 73. Sitzung des Sächsischen Landtages, 17. April 2013, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
wir GRÜNEN befürworten die zeitnahe und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses für die Beschäftigten der Länder auch für Beamte und Richter/innen des Freistaates.
Sie, Herr Finanzminister Prof. Unland, haben als Mitglied der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder der Tarifeinigung für die Beschäftigten bereits zugestimmt. Danach werden die Entgelte der Beschäftigten ab dem 1.1.2013 um 2,65 und ab dem 1.1.2014 um 2,95 Prozent erhöht. Dass die Übernahme dieses Ergebnisses auch für die Beamten und Richter/innen des Freistaates ansteht, haben Sie bereits bei den Verhandlungen und der Zustimmung zu dieser Tarifeinigung im Blick gehabt.
Entsprechend wurden auch im letzten Haushaltsplan Verstärkungsmittel für Personalausgaben eingestellt (40 Mio. im EP 15 03 für 2013 und 2014). Dass diese möglicherweise nicht ausreichen, ist ein Problem, dass der Finanzminister lösen muss. Dass Sie – Herr Finanzminister – der relativ hohe Abschluss bei den Tarifverhandlungen überrascht hat, nehme ich nicht an. Als der Haushaltsplan für 2013/2014 aufgestellt wurde, war der Tarifabschluss für Bund und Kommunen vom März 2012 in Höhe von 6,7% – als Zielmarke für die Tarifverhandlungen der Länder – bereits bekannt.
Lassen Sie mich an dieser Stelle eine Bemerkung zu den Zahlen machen: Ich konnte der Sächsischen Zeitung entnehmen, dass – nach Ihren Angaben, Herr Finanzminister – der Tarifabschluss Sachsen 280 Mio. € für die Beschäftigten und weitere 128 Mio. € für die Beamten und Richter/innen kostet. Diese Zahlen sind für mich nicht nachvollziehbar: Nimmt man die Personalausgaben aus dem letzten Haushalt und rechnet dort 2,65 % und 2,95 % drauf, kommt man nicht auf 408 Mio. Mehrkosten, sondern auf 230 Mio. Mehrkosten für alle Bedienstete (Beschäftigte wie Beamte). Vielleicht können Sie mir die Differenz erklären und uns noch mal die richtigen Zahlen des Tarifabschlusses und der Übertragung auf die Beamten erläutern?
Die Übernahme der Tarifeinigung fordern wir GRÜNEN aber nicht nur wegen der bereits gemachten Zusagen. Uns geht es auch darum, den öffentlichen Dienst nicht von der gesamtwirtschaftlichen Lohnentwicklung abzukoppeln. In den vergangenen 20 Jahren ist das durchschnittliche Tarifniveau in der Gesamtwirtschaft um 56% angestiegen. Das Tarifniveau des öffentlichen Dienstes der Länder bleibt dahinter mit 35% deutlich zurück. Da die Inflationsrate im gleichen Zeitraum ebenfalls bei 35% lag die inflationsbereinigte Gehaltssteigerung bei den Landesbediensteten im in den letzten 20 Jahren bei annähernd 0% (Quelle: www.oeffentlicher-dienst.info).
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass sich dieses Hohe Haus und seine Abgeordneten mit solchen – in Anführungsstrichen – Gehaltssteigerungen nicht abspeisen lassen. Seit 2009 (also seit knapp 4 Jahren) sind die unsere Diäten um 13,4% gestiegen. Seit 1994 gar um 50,7%, also um mehr als 15% gegenüber dem öffentlichen Dienst!
Ich frage insbesondere die Kollegen von der FDP – die ja hier, wenn man den öffentlichen Meldungen glauben darf, diejenigen sind, die eine Übernahme der Tarifeinigung für sächsischen Beamten und Richter/innen nicht wollen – womit Sie diesen Anstieg rechtfertigen. Solange sich Ihre Diäten praktisch von selbst erhöhen, kann man vortrefflich anderen das Sparen vorhalten. Nur zur Erinnerung: Der Freistaat Sachsen spart bereits jetzt seit der Abschaffung des Weihnachtsgeldes und der Anhebung der Altersgrenzen jährlich zu Lasten der Beamten 73,7 Mio. €. Geld, das u.a. uns Abgeordneten zugutekommt.
Neben den monetären Anreizen, die die Beschäftigung im öffentlichen Dienst attraktiv machen, brauchen wir in Sachsen endlich ein Personalkonzept. Nur wenn der Freistaat als Arbeitgeber auf eine ausgewogene Altersstruktur seiner Bediensteten achtet und regelmäßig junge qualifizierte Fachkräfte einstellt, kann er dauerhaft die Leistungsfähigkeit der Verwaltung gewährleisten. Was nützt den Bediensteten ein um 5,6 % höheres Gehalt, wenn er oder sie nach und nach die Aufgaben der in den Ruhestand gehenden Kolleg/innen übernehmen muss?
Meine Damen und Herren von der Regierungsbank: Sie sind immer ein Totalausfall, was Personalpolitik angeht. Ein Personalentwicklungskonzept fehlt für den Freistaat immer noch. Mit dem geplanten Stellenabbau bis 2020 ist es Ihnen nicht möglich, außer 300 Polizisten, irgendeine andere Fachkraft einzustellen. Da ich aber weiß, dass Lehrer und auch Finanzbeamte eingestellt werden, vermute ich, dass Sie sich schon längst von Ihren Stellenabbauplänen verabschiedet haben. Gut. Aber dann stehen Sie endlich dazu und zu Ihrer Fürsorge- und Allimentationspflicht gegenüber Ihren Bediensteten und widmen sie Ihren Arbeitsbedingungen die notwendige Aufmerksamkeit.
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