Eva Jähnigen: Fehlende Kommunikation zum neuen Architektengesetz
Redebeitrag der Abgeordneten Eva Jähnigen zum Gesetzentwurf der Staatsregierung ‚Gesetz über das Sächs. Architektengesetz … ‚ (Drs 5/12243)
93. Sitzung des Sächsischen Landtages, 13. März 2014, TOP 2
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
im vorliegenden Gesetzentwurf werden wichtige Fragen zur Berufsausübung der Architektinnen und Architekten sowie das Bauen geregelt – so z. B. die Einführung einer Mindesthaftpflicht und die Einführung eines oberen Gutachterausschusses für Grundstückspreise in Sachsen.
Eine dieser Fragen hat aber in den letzten Wochen viele Betroffene heftig bewegt. Sie suchten in zahlreichen Briefen, Mails, Petitionen und persönlich das Gespräch mit uns Abgeordneten. Ihre Bedenken gelten der geplanten Neuordnung des Systems der öffentlichen Bestellung, Schulung und Kontrolle von Sachverständigen.
Für dieses gilt nach Meinung unserer Fraktion grundsätzlich: „Das haben wir schon immer so gemacht" ist immer ein schlechtes Argument. Das derzeitige Bestellverfahren ist keineswegs unkompliziert: der Industrie- und Handelskammer (IHK) obliegt derzeit Bestellung und Vereidigung als Formalakt und dazu auch Schulung und Marketing für die Gutachter.
Das erfolgt jetzt im Einvernehmen mit der Architektenkammer und der Ingenieurskammer für deren Berufszweige. Dieses Verfahren ist aufwendig. Da die IHK dabei jedoch nicht gegen Architektenkammer und Ingenieurskammer eine Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen vornehmen kann, kann man sich dieses komplexe Verfahren sparen und es entsprechend in die Hand der jeweils fachlich zuständigen Fachkammer legen.
Angesichts eines breit gefächerten Kammersystems meinen wir nicht, dass die IHK diese wichtige Kammerfunktion allein in der Hand behalten sollte. Fachkammern sind besser geeignet, die Arbeit der öffentlich bestellten Sachverständigen zu kontrollieren – in anderen Branchen wie bei Ärzten und Rechtsanwälten ist das schon lange selbstverständlich.
Dabei stehen wir GRÜNEN dem System der Zwangskammern generell skeptisch gegenüber. Solange es diese aber gibt und sie in den Bundesländern verschiedenen geregelt werden können, soll den Landeskammern die Verantwortlichkeit in ihrem Bereich jeweils klar zugewiesen sein. Daher überzeugen uns die in vielen Bundesländern geregelten Parallelzuständigkeiten der Fachkammern mit den IHKen ebenfalls nicht.
Wir haben in den letzten Tagen allerdings auch von der Situation betroffener Sachverständiger erfahren, deren Geschäftstätigkeit nicht klar einem Kammerbereich zuzuordnen ist – z. B. von Sachverständigen für Immobilienwerte oder für Philatelie. Die Betroffenen weisen auf Abgrenzungs- und Zuständigkeitsfragen hin und fragen sich, wie schnell die notwendigen Umstellungen in den Kammern und in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit überhaupt möglich sind.
Ich bin an sich überzeugt, dass sich das durch die im Gesetz-Entwurf vorgesehene Möglichkeit einer Rechtsverordnung klären lässt.
Aber von dieser müsste ja nun längst ein Entwurf vorliegen – denn die betroffenen Kammern und Verbände müssten dazu auch gehört werden! Das ist aber offenbar nicht der Fall und es scheint auch keine vorbereitende Kommunikation zwischen den zuständigen Ministerialbereichen und betroffenen Kammern zu geben, insbesondere der IHK.
Derart fehlende Kommunikation beim Erlass neuer Gesetze ist leider bei unserer sächsischen Regierung nicht selten. Umso mehr halten wir sie für unakzeptabel. Eine Regierung, die sich als gute Dienstleisterin am Volk versteht, muss mit Betroffenen struktureller Änderungen im Vorfeld ausreichend kommunizieren und nicht Politik auf Gutsherrenart machen.
Deshalb halten wir die in der Übergangsvorschrift vorgesehenen sechs Monate bis zum Inkrafttreten dieser Regelung angesichts der bisherigen, schlechten Kommunikation für zu kurz. Wir schlagen daher eine Verlängerung der Übergangszeit auf 18 Monate bis zum 1. Oktober 2015 als Minimum vor.
› Änderungsantrag der GRÜNEN-Fraktion zum Gesetzentwurf
› Alle GRÜNEN Reden finden Sie hier …