Eva Jähnigen: Vor einem Beauftragten braucht es starke Bürgerrechte

Redebausteine der Abgeordneten Eva Jähnigen zum Gesetzentwurf
"Gesetz zur Errichtung des Unabhängigen Landesbüros für Bürgeranliegen des Freistaates Sachsen" der Fraktion DIE LINKE
100. Sitzung des Sächsischen Landtages, 09. Juli 2014, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,
das Anliegen der Linken ist gut gemeint und stellt wichtige Fragen, denen wir uns als sächsisches Parlament stellen müssen. So wird eine Debatte angestoßen und das ist gut so. Der konkrete Gesetzentwurf lockt aber noch nicht nicht Pudels Kern heraus – und für Pudels Schweif ist er zu kompliziert. Ich möchte jetzt den Fokus aber auf grundsätzliche Fragen legen.
Einig sind wir uns mit den Antragstellern in der Analyse: Bürgeranliegen werden in diesem Freistaat zu wenig beachtet. Und unser Landtags-Petititionsausschuss ist – bei allem Respekt vor der umfangreichen Arbeit seiner Mitglieder und Mitarbeiter – zum Nachhaken gegenüber staatlicher und kommunaler Veraltung nicht gut genug ausgerüstet. Hier kann eine Institution in der Art eines Bürgerbeauftragten beim Landtag in Zukunft eine echte Hilfe bieten.
Wir wissen, dass die Landesbeauftragte in anderen Bundesländern hier  einen guten Beitrag zur Verbesserung der Verwaltungskontrolle durch das Parlament leisten. In der interessanten Sachverständigenanhörung zum Thema hörten wir gute Beispiele dafür.
Trotzdem: Um Bürgeranliegen im seit eh und je CDU-geführten Freistaat Sachsen zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es nicht zuallererst einen weiteren Beauftragten.
Sachsen braucht konkrete, durchsetzbare Rechte für jede Bürgerin und jeden Bürger: niedrigere Quoren, die Möglichkeit, Informationen aus den Verwaltungen zu erhalten und Bürgerempfehlungsverfahren zu initiieren. Wir brauchen mehr Transparenz und effektivere Kontrolle von Verwaltungshandeln. Dazu braucht umfassende Informationsfreiheit ebenso wie die Stärkung der Kontrollrechte derjenigen Organe, die zur Kontrolle berufen sind: der kommunalen Volksvertretungen und des sächsischen Landtages.
Davon sind wir GRÜNE überzeugt und werben weiter für unsere guten Vorschläge im Land – durchaus mit Resonanz.
Wir befürchten, dass ein Landesbeauftragter wieder nur eine Beruhigungstablette bleibt. Bürgerbeteiligung nur zum Schein nach dem Motto: die Bürger brauchen einen Vermittler, aber in der sächsischen Verwaltung muss sich nichts ändern. Das halten wir im Kern für eine falsche Weichenstellung.
Die Rechte und Einflussmöglichkeiten des Landesbeauftragten können nur unscharf und begrenzt im Legitimationsstrang von Legislative, Exekutive und Judikative geregelt sein. Diese Unschärfe zeigt sich auch als Manko des Gesetzentwurfs.
Der Beauftragte soll z. B. ein globales Beanstandungsrecht erhalten, er „soll“ Empfehlungen zur Abstellung der Mängel erteilen – sowohl gegenüber den Behörden des Freistaates als auch gegenüber Kommunen. Die Bürger „können“ von Mängeln informiert werden. Diese Kann-Regelung stärkt den Landesbeauftragten und vielleicht seinen Einfluss auf die Verwaltung, nicht aber die Stellung der Bürger. Das heißt für uns, neuen Wein in alte Schläuche zu gießen.
Wir wollen die Stellung der Bürger selbst im Staat verbessern und dazu die staatliche Verwaltung reformieren.
Bürgeranliegen müssen direkt durch Bürger im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden können, zu den begehrten Informationen führen oder bei den Entscheidungen der Verwaltung  berücksichtigt werden. Das ist immer der bessere Weg gegenüber dem Umweg über einen Vermittler oder Beauftragten.
Uns geht es zuallererst darum, die staatliche Verwaltung im Umgang mit den Bürgern zu reformieren. Dafür brauchen die Bürger erweiterte Rechte auf Mitbestimmung und Informationsfreiheit. Wenn sie diese wahrnehmen können, stellen sich viele Vermittlungsfragen nicht mehr oder anders. Aus diesem Grund werden wir uns zu diesem Gesetzentwurf enthalten.