Datum: 27. Juni 2025

Extremismus – Lippmann: Der Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für unsere freie Gesellschaft

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Extremismus konsequent bekämpfen – Für ein umfassendes Gesamtkonzept“ (Drs 8/2895)

17. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Freitag, 27.06.2025, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,

in un-freudiger Erwartung der Debatte zu diesem Antrag hatte ich kurz überlegte, den hochgeschätzten Herrn Landtagspräsidenten um die Aufstellung von Schildern vor dem Plenarsaal mit der Aufschrift „Vorsicht tieffliegende Hufeisen“ zu bitten.

Denn dieser Antrag der AfD ist so erwartbar wie durchschaubar, so langweilig wie heuchlerisch. Und er ist Ausdruck einer vollkommenen Unkenntnis in der Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität und Extremismus seitens der Rechtsextremisten.

Zunächst aber dürfte es kein Zufall sein, dass ausgerechnet die erwiesen rechtsextreme Partei AfD nunmehr versucht, unter dem arg löchrigen Tarnmantel der allgemeinen Extremismusbekämpfung jenes erfolgreiche Programm zur Bekämpfung des Rechtsextremismus zu verwässern, das natürlich zunehmend auch auf die AfD zählt.

Sie haben Angst vor dem Gesamtkonzept gegen Rechtextremismus – und das ist richtig und gut so.

Und genau deshalb wäre es jetzt auch falsch, in Zeiten, in denen wir alle konstatieren müssen, dass der Rechtextremismus die größte Bedrohung für unsere freie Gesellschaft ist, diesem Antrag zu folgen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es wäre aber auch aus wissenschaftlicher Sicht eine fatale Fehlentwicklung, sich diesem Anliegen anzunähern – auch wenn Sie hier vermeintlichen wissenschaftlichen Sachverstand aus einer dubiosen Anhörung mobilisieren.

Es ist mittlerweile seit Jahrzehnten eine Binsenweisheit, dass die verschiedenen Ausprägungen antipluralistischer und extremistischer Bestrebungen eben mit Präzision in ihrer Spezifik bekämpft werden müssen.

Das Hufeisen gehört an den Huf eines Pferdes oder an die Wand, aber nicht ins Handbuch der Extremismusbekämpfung.

Denn für den Rechtsextremismus ist die Ungleichwertigkeit von Menschen elementar, die Missachtung der Menschenwürde ihm damit immanent – und damit die Verfassungsfeindlichkeit. Das gilt so für den Linksextremismus nicht. Die ihm zugrundeliegende Theorie ist keine, die per se die Menschenwürde in Frage stellt, dafür in gefährlicher Art und Weise den Rechtsstaat. Und der Islamismus findet seine vermeintliche theoretische Grundierung wiederum an ganz anderer Stelle.

Es hat mich schon ratlos zurückgelassen, dass verschiedene vermeintliche Expert*innen diese fundamentale Differenz nicht zu benennen wussten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
dass sich die Antragstellerin nur auf einige Sachverständige kapriziert, dürfte kein Zufall sein. Denn in der Anhörung gab es gewichtige andere Stimmen. Sie schilderten die rechtsextreme Raumnahme, die alltäglichen bedrohlichen Konsequenzen für jene, die nicht in das Weltbild der Nazis passen. Der Rechtsextremismus geht bis in die Kapillaren unserer Gesellschaft. Er zeigt sich an Schulen, in Jugendeinrichtungen, in Vereinen und immer wieder im Ausbruch roher Gewalt.

Terrorgruppe Freital, Revolte Chemnitz, Vereinte Patrioten, Sächsische Separatisten – das sind nur einige der rechtsextremen Terrorgruppen, die in den vergangenen Jahren im Freistaat aufgedeckt wurden. Sie alle einte das Ziel, die bestehende staatliche Ordnung umzustürzen, und die Bereitschaft, dafür auch Gewalt anzuwenden.

Viel zu lang hat der Freistaat bei der rechtsextremen Raumnahme zugesehen. Viel zu lang hat er geduldet, dass Immobilien als Rückzugsorte und Konzerte als Einnahmequelle genutzt wurden. Dass Menschen, die sich der rechtsextremen Hegemonie entgegenstellten, bedroht und eingeschüchtert wurden. Das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus war ein erster wichtiger Schritt, um dem entgegenzutreten. Aber bei weitem nicht der einzige. Und auch nicht der letzte.

Wir müssen noch entschlossener im Kampf gegen die Verfassungsfeinde in unserem Freistaat werden. Dazu gehört, dass endlich eine Strategie entwickelt wird, um Rechtsextreme und Reichsbürger zu entwaffnen. Dazu gehört aber auch eine Strategie im Umgang mit Verfassungsfeinden im öffentlichen Dienst. Dafür werden wir BÜNDNISGRÜNE uns weiter mit voller Vehemenz einsetzen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es ist die Stärke unseres Verfassungsstaates, dass er auch für den Umgang mit seinen Feinden rechtstaatliche Verfahren kennt. Das ist keine Wehrlosigkeit, das ist seine wahre Errungenschaft. Und sie zeigt sich beispielsweise am Umgang mit Lina E.

Ich bin der Letzte, der leugnet, dass es mehr als Rechtsextremismus gibt. Aber ein undifferenziertes Gesamtkonzept braucht es deswegen noch lange nicht, sondern präzise Arbeit der Sicherheitsbehörden und konkrete Präventionsansätze.

Denn der Schutz unserer freiheitlichen Grundordnung ist Grundlage unseres Zusammenlebens – und unsere ehrenvollste Verpflichtung.

Vielen Dank.