Förderung von Junglandwirtinnen: Wolfram Günther: Sachsen braucht ein gründerfreundliches Klima auch in der Landwirtschaft!

Redebeitrag des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN "Junglandwirtinnen und Junglandwirte bei der Betriebsgründung unterstützen" (Drs 6/12638)
69. Sitzung des Sächsischen Landtags, 15. März 2018, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Es geht um Betriebsgründungen. Wir haben hier im Parlament bereits öfter darüber debattiert, wie willkommen uns diese sind. Man assoziiert Betriebsgründung mit Innovation: Junge Leute nehmen ihr Schicksal in die eigenen Hände, schaffen Arbeitsplätze, binden sich an den Freistaat, investieren und schaffen hier den Mittelpunkt für ihre Familien. Dies alles sind Punkte, bei denen es, denke ich, eine sehr große Einigkeit geben wird, dass wir sie befördern wollen.
In diese Richtung geht auch dieser Antrag. Es geht hierbei aber um eine besondere Sparte im Bereich der Wirtschaft: Es geht um Betriebsgründungen von Junglandwirtinnen und Junglandwirten in der Landwirtschaft. Dort haben wir das Problem, dass es einen kleinen Unterschied zu anderen Wirtschaftsbereichen gibt:
Überall können praktisch neue Betriebe entstehen und sprießen, und dann treten sie in Konkurrenz zueinander. Das ist erst einmal unproblematisch; aber in der Landwirtschaft gibt es einfach beschränkte Flächen, und wo ein Betrieb ist, kann kein anderer sein. Dies ist eines der Hauptprobleme für potenzielle Junglandwirte, die heutzutage einen eigenen Betrieb gründen wollen.
Es gibt sehr viele junge Menschen, die mit Feuer und Flamme in ihre Ausbildung gehen und Vorstellungen haben, wie sie einen Betrieb führen wollen und was sie darin alles umsetzen wollen. Dann haben sie aber riesige Schwierigkeiten, damit zurande zu kommen, an Flächen zu gelangen und auch alle anderen Probleme, die mit einer Betriebsgründung verbunden sind, zu beseitigen. Wir wissen auch um die Fördermechanismen und alle Komplikationen, die daran hängen.
Neben dem Aspekt, dass wir dies unterstützen und dem eine Chance geben wollen, haben wir noch einen anderen Aspekt; denn wir sprechen davon, dass wir in Sachsen eine Vielfalt von Betrieben haben und diese erhalten und fördern wollen. Nun muss man aber feststellen, dass 3 Prozent der landwirtschaftlichen Unternehmen in Sachsen über 45 Prozent der Landwirtschaftsfläche bewirtschaften. Diese Betriebe sind im Durchschnitt alle über 2.000 Hektar groß.
Der bundesweite Durchschnitt pro Betrieb liegt bei ca. 60 Hektar. Die Betrieb in Sachsen haben nur circa 4,7 Prozent der Fläche. Juristische Personen machen nur 11 Prozent der Betriebe aus, aber 56 Prozent der Flächen, bei Personengesellschaften sind es 7 Prozent der Betriebe und 16 Prozent der Flächen, bei Einzelunternehmen sind es über 80 Prozent‚ aber nur 29 Prozent der Flächen. Wir sehen also diese Vielfalt.
Sachsen – das wissen wir alle, das ist keine neue Information — ist wesentlich von Großstrukturen geprägt. Das hat historische Ursachen. Aber das ist jetzt nicht die gelebte Vielfalt, wie man sie sich verspricht, bei der aus den Unternehmen heraus die Innovation kommt.
Man kann die Unternehmen nicht alle über einen Kamm scheren. Man kann auch über die Betriebsführung bzw. die Größe des Betriebes – ob es als juristische Person oder als Gesellschaft geführt – und deren Konzepte keine Schlussfolgerung ziehen. Das ist alles völlig klar. Es gibt aber immer Tendenzen und bestimmte Risiken.
Wir haben ein großes Risiko bei den Kapitalgesellschaften, indem ein Kapitalanteil schnell verkauft werden kann. Wir haben beim Verkauf von Landwirtschaftsflächen einige Restriktionen. Dabei denke ich zum Beispiel an das Grundstücksverkehrsrecht. Das geht nicht so einfach. Einen Kapitalanteil kann ich aber veräußern.
Wir haben jetzt die Situation, dass bei vielen dieser großen Gesellschaften, auch Kapitalgesellschaften, die nach der Wende entstanden sind, deren Inhaber jetzt in ein Alter kommen, in dem sie sich zurückziehen wollen und es um den Verkauf geht.
Dabei haben wir schlichtweg ein Problem des Landverkaufs bzw. des Grund und Bodens. Wir haben junge Landwirte, die hier wirtschaften wollen, eigene Betriebe gründen wollen und diese kommen nicht zu Rande. Wenn ich beides zusammennehme, dann sage ich mir, muss das doch auch der Staat unterstützen.
Das ist doch in unserem Interesse, dass wir das machen.
Genau in diese Richtung zielt unser Antrag. Wir wollen gezielt Junglandwirten Geld geben. Wir erfinden dabei das Rad überhaupt nicht neu, sondern wir sind von Verbänden und Fachleuten darauf hingewiesen worden, dass in Sachsen-Anhalt eine Junglandwirte-Förderung bereits auf den Weg gebracht worden ist. Dabei geht es um 70.000 Euro, die ein einmalig verlorener Zuschuss sein können, also ein nicht rückzahlbares Darlehen. Wir wissen auch, dass es schon Förderinstrumente gibt.
Besonders in der ersten Säule gibt es zwar diese Zusatzförderung, aber alle in der Praxis sagen, dass diese nicht ausreicht. Deswegen muss unbedingt noch etwas drauf.
Wenn wir in Sachsen wirklich ein Interesse daran haben. Wenn das einer mit unterschreiben will: „Wir wollen Betriebsgründungen unterstützen, wir wollen Junglandwirte haben“, dann muss er dafür auch etwas tun. Dafür ist unser Antrag eine gute Vorlage.
Noch ein Aspekt: Diese jungen Leute wollen oft auch einen regelrechten Mehrwert erwirtschaften, was etwa all die großen Fragen der Landwirtschaft, wie die ökologischen Auswirkungen, anbelangt. Es gibt gute Betriebskonzepte, wie man einige Dinge in den Griff bekommen will.
Es wird immer gesagt, öffentliches Geld für öffentliche Leistung. Da es sowieso den Bedarf gibt, kann man das auch sehr gut zusammenpacken, um es besser zu rechtfertigen, warum wir hierfür öffentliches Geld in die Hand nehmen wollen, nämlich genau für diese Betriebsgründungen. Deswegen haben wir das gekoppelt und gesagt: Junglandwirte fördern, die auch einen ökologischen Mehrwert erzeugen wollen.
Es steht ausdrücklich nicht drin, dass wir nur Bio-Landwirte fördern wollen. Wir wissen alle, dass es das Maximalziel von 20 Prozent Bio gibt — da wollen wir irgendwann einmal hin – und 80 Prozent konventionell. Genau in diesem Spielraum bewegt sich auch unser Antrag.
Herr Präsident Lieben Kolleginnen, liebe Kollegen!
Um eines klarzustellen: Bei diesem Antrag geht es nicht darum, sich den Kopf zu zerbrechen, warum Menschen nicht Landwirte werden wollen, sondern wir haben die Situation: Es gibt sie, die Landwirte werden wollen. Diese Leute, diese jungen Landwirte, die ausgebildet und voller Tatendurst sind sowie einen Betrieb gründen wollen, brauchen Hilfe. Es gibt genügend, und bisher bekommen sie nicht genügend Hilfe. Genau auf diese adressiert dieser Antrag. Alles andere stimmt schlichtweg nicht in Ihrer Argumentation.
Wenn man so auf Details zu sprechen kommt, Kollege Heinz, beispielsweise Mitnahmeeffekte in Sachsen-Anhalt: Erstens sind diese dort ausdrücklich alle ausgeschlossen. Sie sind nämlich sehr umfangreich, genau zu diesem Punkt dieser Richtlinie. Dann fragt man sich auch das Nächste: Wie wird es denn angenommen?
Gut oder schlecht? Wie funktioniert das? Erstens sagen wir nicht, dass wir das eins zu eins wie Sachsen-Anhalt machen müssen, sondern wir stellen einen Antrag für ein Problem und bieten eine Lösung an, eine Möglichkeit. Es gibt viele Probleme, aber ein Problem ist, dass junge Landwirte ein Problem haben, wenn sie einen Betrieb gründen wollen. Dort bieten wir einen Baustein, der genau dort zielgerichtet helfen soll. Sie können doch dann nicht sagen: Das brauchen wir nicht, weil es woanders nicht gut funktioniert, sondern wir müssen sagen: Ja, wir müssen eine sächsische Lösung finden und daraus lernen, was in Sachsen-Anhalt uns vielleicht nicht so gut gefällt, was bisher gemacht wurde.
Ich erinnere daran, wenn Sie so darstellen: Ja, wir können vielleicht nicht alles gleich erreichen und es gibt so viel, was wir wollen, und die Richtlinie wird nicht alle Probleme lösen. Herr von Breitenbuch, Sie haben es uns heute ausführlich dargelegt, Politik besteht auch darin, dicke Bretter zu bohren und vor allem langfristig orientiert zu sein. Genau das wollen wir. Dort wollen wir einen Baustein setzen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Wir haben jetzt einiges gehört. Vieles hat überhaupt nichts mit unserem Antrag zu tun.
Weder geht es darin um BWG-Flächen, noch um gesetzliche Regelungen zu Pachtverträgen, sondern es geht darum, dass wir Menschen unterstützen, wenn sie Betriebe gründen wollen. Das kennen wir in anderen Wirtschaftsbereichen auch. Ich glaube, wenn man der These folgt, dass eine Betriebsgründung, eine Existenzgründung vielleicht mit Innovation verbunden ist oder sein kann, dass das etwas volkswirtschaftlich grundsätzlich Unterstützenswertes ist, wenn man dann vielleicht noch der These folgt, dass es in der Landwirtschaft etwas schwieriger ist als in anderen Wirtschaftsbereichen, weil man flächengebunden ist. Nur der Nebensatz: Es geht nicht darum, die 70.000 Euro für den Kauf von Land auszugeben, sondern das ist eine generelle Förderung. Es kann auch sein, dass man erst einmal Pacht bezahlen muss, bevor man überhaupt in Schwung kommt. Aber wenn man dieser These folgt, dass es dort besonders schwierig ist, und man eins und eins zusammenzählt, muss man sagenaann ist es vielleicht ganz gut, wenn wir die unterstützen und eben nicht mit der Gießkanne, sondern gezielt.
Ich habe wirklich kein überzeugendes Argument gehört, das dagegensprechen könnte, sondern alles, was hier vorgebracht wurde, hat sich mit Sachen auseinandergesetzt, die wir nicht so intendieren. Deshalb bitte ich Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag. Wenn Sie in Details nicht damit einverstanden sind und sagen, das ist nicht zielgenau bitte besser machen. Wer hindert Sie daran, einen Änderungsantrag zu unserem Antrag zu machen, wenn man diesen Grundthesen folgt? DIE LINKE hat das getan. Sie hat ihn auch verbessert. Deshalb werden wir als GRÜNE diesem Änderungsantrag zustimmen. Wir würden uns freuen, wenn wir kollektiv diesem Antrag zustimmen und den Existenzgründern — die warten schon – endlich einmal eine Unterstützung geben.
Vielen Dank. 

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