Franziska Schubert: Haushaltsbegleitgesetz trifft weitreichende Reglungen
Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert zur Aussprache zum Haushaltbegleitgesetz:
"Gesetz begleitender Regelungen zum Doppelhaushalt 2015/2016" (Drs. 6/778)
12. Sitzung des 6. Sächsischen Landtages, 29. April 2015, TOP 2
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir haben das Haushaltbegleitgesetz geprüft. Wenn wir uns den Entwurf der Staatsregierung zum Haushaltsbegleitgesetz ansehen, könnte ich – bis auf wenige Punkte – zu dem Ergebnis kommen: nicht der Rede wert.
Den Änderungen etwa zum Verwaltungsorganisationsgesetz oder zum Landesseilbahngesetz stehen die meisten von uns doch relativ emotionslos gegenüber. In Ihrem Änderungsantrag finden Gesetzesänderungen etwa im Bereich des Datenschutzgesetzes oder der freien Radios unsere Zustimmung, das möchte ich vorausschicken.
Die Kritikpunkte, die im Rahmen des Haushaltsverfahrens teilweise auch aufgenommen und durch entsprechende Änderungen (etwa die Anhebung der Elternbeiträge) entkräftet wurden, haben wir bereits mehrfach öffentlich oder in den Fachausschüssen vorgetragen.
Was jedoch im laufenden Haushaltsverfahren auch passierte, als die CDU/SPD-Koalition am Vorabend der ersten Ausschussbefassung ihren Änderungsantrag vorlegte, der weitreichende Änderungen zu Gesetzen vorsah, die mit dem Ausgangsentwurf wenig zu tun hatten, war eine selten dagewesene Düpierung dieses hohen Hauses: mit dem Änderungsantrag wurde nicht nur das Abgeordnetengesetz umfangreich geändert – zu diesem Thema wurde sich auf eine Anhörung verständigt – sondern auch das Datenschutzgesetz, das Rettungsdienstgesetz, das Wassergesetz, Rundfunkgesetz und das Naturschutzgesetz, die Gemeinde- und Landkreisordnung. Ich bin keine Juristin, sondern habe die Funktion der haushaltspolitischen Sprecherin in unserer Fraktion. Grundsätzlich kann an dieser Stelle jedoch etwas nicht verschwiegen werden: durch ein Verfahren, das erheblich vom üblichen Gang eines Gesetzgebungsverfahrens im Landtag abweicht, war es uns als Opposition nicht möglich, unsere Informations- und Parlamentsrechte vollumfänglich geltend zu machen. Die Änderungen in der GemO liegen uns am Herzen; auch Viele von Ihnen tragen nebenbei noch Kommunalmandate. Es ist unsere Verantwortung, hier gründlich zu sein. Die Kurzfristigkeit des Verfahrens verhinderte eine gründliche Befassung und die Ablehnung von Anträgen auf Sachverständigenanhörung dieser neuen Gesetzesänderungen beschränkte unsere Minderheitenrechte. Die Massen an Öl, die wechselseitig ins Feuer gegossen wurden, machten die Dialogbereitschaft beiderseits nicht größer. Um in die aufgehitzte Debatte etwas geordnete Struktur und Sachverstand zu bringen, habe ich mich an den Rechnungshof gewandt mit Bitte um seine Einschätzung zu den geplanten Änderungen in der Gemeindeordnung, die ja auch Neuregelungen zur Einführung des Gesamtabschlusses und zur Anwendung des Handelsgesetzbuches bei den Bewertungsmethoden getroffen wurden. Die Antworten kennen wir Alle. Unserer Fraktionen haben sie bei der fachlichen Meinungsbildung sehr geholfen.
Das Verfahren, was wir erlebt haben, ist die Hauptkritik an Ihrem Änderungsantrag. Ich sage Ihnen aus haushalterischer Sicht, dass es keine haushalterische Notwendigkeit gibt, die genannten Punkte mit zu verabschieden. Vielleicht hätte ich auch Herrn Prof. Unland noch um eine Stellungnahme bitten sollen, inwiefern er haushalterische Notwendigkeiten begründen könnte, aber das sei dahingestellt.
Ich möchte mich noch auf einen inhaltlichen Punkt beziehen: den Zukunftssicherungsfonds. Wir haben den Zukunftssicherungsfonds geprüft und sehen ihn auch nach fachlicher Rücksprache kritisch. Wir haben in Sachsen eine solide Finanzlage, die uns in den Jahren 2015 und 2016 begleiten wird. Untermauert wird dies durch die positive Steuereinnahmeprognose für Bundes- und Ländersteuern für die Haushaltsjahre 2015 und 2016. Hinzu kommen die Mehreinnahmen aus der Steuerfahndung, wie das SMF am 25.03.2015 mitteilte („Sächsische Steuerfahndung spürte im Jahr 2014 mehr als 130 Millionen Euro auf“); niedrige Zinsen sowie die noch laufenden Transfermittel von EU und Bund.
Es gibt keinen Grund, einen Zukunftssicherungsfonds anzulegen in dieser Höhe, der erst 2017 zur Abfinanzierung kommt. Uns stören die groben Ausgabegruppen und wir hätten uns Zweckbindungen gewünscht, z. B. für die ländlichen Räume. Stattdessen erfolgt eine grobe, unoriginelle Prioritätensetzung.
Die Mittel des letzten Zukunftssicherungsfonds aus 2013/2014 werden jetzt in den kommenden zwei Jahren eingesetzt – auch hier ist damit rege Investitionsfähigkeit (z. B. beim Schulhausbau) sichergestellt. Die geplanten und fest gebundenen 400 Millionen Euro in 2015/16 lassen sich besser für gegenwärtige Herausforderungen und Handlungsbedarfe nutzen; damit sind natürlich investive Maßnahmen gemeint.
So können beispielsweise die angedachten „innovativen Projekte im Bereich gesellschaftlicher Wandel“ in bestehenden Strukturen und zu Weiterentwicklungen im Bereich demografiebedingte Anpassungsbedarfe eingesetzt werden. Das ist dringend nötig, denn die demografische Komponente ist bei etlichen Prognosen des SMF bisher nicht einkalkuliert. Insbesondere die ländlichen Räume brauchen ein finanzielles Zeichen, eigene Strukturen und Lösungen anzugehen; dazu zählen das organisierte Bürgerengagement genauso dazu wie Organisationsänderungen in Verwaltungen.
Der Fonds ist kein großer Topf, in dem 400 Millionen Euro liegen und „schlummern“; diese Mittel werden genutzt u. a. für Kreditaufnahme „bei sich selbst“, was völlig legitim ist und von uns nicht beanstandet wird. Der Grundgedanke, dass der Freistaat im Rahmen des Fonds Kredite bei sich selbst aufnimmt, ist solide und gut, da er somit nicht den Schwankungen des freien Kreditmarktes ausgeliefert ist.
Wir sehen aufgrund der genannten Argumente keinen Grund, wieso der Freistaat bei laufenden Transferzahlungen und der Möglichkeit, für konsumtive Ausgaben Kassenkredite aufzunehmen (z. B. im Oktober 2014 in Höhe von 536 Mio. Euro, wie aus der Übersicht über die Einnahmen, Ausgaben und Kassenlage der Länder (Stand Ende Oktober 2014) hervorgeht), zusätzliche Kredite benötigen würde.
Dass in Ihrem Änderungsantrag auch einzelne Gesetzesänderungen unsere Zustimmung finden, hatte ich schon angemerkt. Wir werden uns bei einer artikelweisen Abstimmung an diesen Neuregelungen einer Zustimmung nicht verweigern, Sie werden jedoch Verständnis dafür haben, dass wir das Haushaltsbegleitgesetz – sofern unsere Änderungsanträge nicht zum Tragen kommen – ablehnen müssen.