Gisela Kallenbach zur Debatte „Maßnahmen der Staatsregierung zur rechtzeitigen Abwehr absehbarer Abfallgebührensteigerungen im Gebiet des RAVON“

Grüne waren immer gegen diese Wachstums-Ideologie ohne Sinn und Verstand
Redebeitrag der Abgeordneten Gisela Kallenbach "Maßnahmen der Staatsregierung zur rechtzeitigen Abwehr absehbarer Abfallgebührensteigerungen im Gebiet des Regionalen Abfallverbandes Oberlausitz-Niederschlesien (RAVON)" (Drs. 5/4111) in der 43. Sitzung des Sächsischen Landtages, 13.10., TOP 4
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sie erinnern sich bestimmt alle noch an die "Gründerjahre" um 1990, an die optimistische Prognose von den blühenden Landschaften. Damals sind überdimensionierte Anlagen aller Art geplant und gebaut worden: Gewerbeparks, Freizeitbäder, Abwasseranlagen, Deponien und natürlich auch Müllverbrennungsanlagen.
Wir Grünen – und ich kann mich sehr gut erinnern – waren immer gegen diese Wachstums-Ideologie ohne Sinn und Verstand. Vergeblich haben wir damals versucht, für alternative Konzepte und dezentrale Projekte zu werben. Aus ökologischen Gründen, aber auch, weil vorhersehbar  überdimensionierte Anlagen enorme Folgekosten haben, die meist weder benannt noch kalkuliert werden.
Nun liegen die Kinder im Brunnen. Ob wir über die Deponie Cröbern, diverse Kläranlagen oder über die Müllverbrennung im Kreis Bautzen sprechen: mit falschen Prognosen wurden zu große Anlagen gebaut, Verträge mit garantierten Abnahmemengen und langen Laufzeiten geschlossen, die zudem nicht offengelegt wurden.
Die Zeche zahlen die Bürger über steigende Gebühren, ihnen wird immer tiefer in die Tasche gegriffen. Wer ist daran schuld? Möglichst niemand. Daher begrüße ich, dass wir durch den Antrag der Linksfraktion heute öffentlich darüber reden und Ross und Reiter benennen.
Ja, es waren die Verbandsräte im Regionalen Abfallverband, die den Betreibervertrag abgeschlossen haben und sich über den Tisch ziehen lassen haben.
Aber: es waren die oberen und obersten Behörden, die mit ihrer Fach- und Rechtsaufsicht kläglich oder wissentlich versagt haben.
Wo war das Veto gegen die Gebührenkalkulation, die ja nach Sächsischem Abfallwirtschafts- und Bodenschutzgesetz der Aufsichtsbehörde vorzulegen sind?  Über die Gebühren sollen laut Gesetz zudem effektive Anreize zur Vermeidung, Verwertung und umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen geschaffen werden.
Haben die Behörden nicht bemerkt, dass für 25 Jahre Laufzeit die Verpflichtung von nahezu gleichbleibenden Mindestliefermengen gesichert wurde?  
Sich nunmehr zurück zu lehnen und auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht zu verweisen – wie in der Stellungnahme der Staatsregierung zum vorliegendem Antrag geschehen- halte ich schon für unverfroren.
Wie bereits gesagt- die Zeche zahlt der Bürger, ökologisch sinnvolle Müllvermeidung ist teuer im Regionalverband RAVON. Daher halte ich es für unerlässlich, dass die zuständigen Behörden endlich alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und ihre Pflicht bei anstehenden Nachverhandlungen erfüllen – sonst können wir diese Behörden gleich abschaffen.
Ich möchte aber auch die in erster Linie zuständigen Verbandsräte nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Sie müssen die Konsequenzen für ihr Handeln tragen. Es ist ja bekannt, dass überwiegend lokale CDU-Granden in Hinterzimmerverhandlungen solche absurden Knebelverträge protegieren.
Deshalb kann ich dem Vorschlag der Linken zum Finanzausgleich durch den Freistaat – siehe Punkt 2 c des Antrages – auch nicht zustimmen.
Mit einem Scheck vom Freistaat könnte der Betreiber sich ruhig zurück lehnen und weiterhin Geld drucken und das politische Fehlverhalten hätte keine Konsequenzen.
Inzwischen hat ein GRÜNER Klage beim Verwaltungsgericht Dresden gegen den höheren Abfallgebührenbescheid und gegen den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Bautzen eingereicht.
Ziel der Klage ist zuerst, alle Unterlagen zur Kalkulation der Müllgebühren offenzulegen: vor allem die Verträge des Landkreises mit RAVON und der Müllverbrennungsanlage Lauta.
Unverständlicherweise hat der Kreistag – sogar mit Einzelstimmen aus SPD und LINKE – die neue Abfallgebührensatzung, also die erhöhten Gebühren im Juni 2010 beschlossen, ohne vollständig vorliegende Unterlagen!
Vermutlich werden einmal mehr Gerichte im Freistaat für Transparenz und Rechtstaatlichkeit sorgen müssen – aber das ist ja nichts Neues.