GRÜNES-Vergabegesetz – Lippold: Ein modernes Vergaberecht wirkt in Richtung Stärkung und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft

Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Gerd Lippold zur Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Gesetz über die Ausschreibung und Vergabe öffentlicher Aufträge im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vergabegesetz – SächsVergG)", 13. März 2019, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wie wir alle wissen, hat beim Vergaberecht nicht nur der Prüfauftrag des Koalitionsvertrages zur Erhöhung der Tarifbindung sowie zu sozialen und ökologischen Kriterien zu nichts geführt. Auch die fest vereinbarte Überarbeitung und Anpassung an europarechtliche Vorgaben ist gleich komplett ausgefallen.
Weil wir eine konstruktive Oppositionsarbeit machen, beschränken wir uns nicht aufs Kontrollieren und Kritisieren, sondern wir schlagen Lösungen vor, wo diese Koalition und diese Staatsregierung  nicht zu Potte kommen.
Es ist durchaus eine Grundsatzdebatte, die sich um das Vergaberecht abspielt. Da geht es wirklich ums Prinzip, wie etwa an der Position des Sächsischen Städte- und Gemeindetages deutlich wird, die da lautet: >>Die Aufnahme von vergabefremden Kriterien in die Regelungen des Sächsischen Vergabegesetzes ist abzulehnen<<
Ich zitiere weiter: >>Die dem Wettbewerb sowie einer sparsamen Haushaltsführung unterliegenden vergaberechtlichen Bestimmungen werden ansonsten umfunktioniert, um bestimmte politische Ziele durchzusetzen. Das Vergaberecht eignet sich jedoch nicht, gesellschaftspolitische Entwicklungen zu korrigieren. Es hat nur eine transparente Auftragsvergabe und einen möglichst uneingeschränkten Wettbewerb zu gewährleisten<<
An dieser Stelle, meine Damen und Herren, sind wir klar anderer politischer Meinung. Wir meinen: es ist Aufgabe der Politik, das große Bild im Auge zu behalten und mit den zur Verfügung stehende Instrumenten politische Ziele auch durchzusetzen. Das nennt man Regieren. Und wir sind überzeugt, dass gerade das Vergaberecht geeignete und mittelfristig besonders wirksame Mittel bietet, dies unter marktwirtschaftlichen Bedingungen auch zu tun.
Wer volkswirtschaftliche Gesamtkosten und Gesamteffekte aus dem Auge verliert, der wird sich am Ende wundern, warum er vor einer zutiefst unzufriedenen Gesellschaft mit einer Menge sich ansammelnder, struktureller Probleme steht, obwohl er doch immer versucht hat, es allen irgendwie Recht und billig zu machen.
Und genau deshalb setzen wir hier einen Vergabegesetzentwurf dagegen, der es anders anpackt. Er spiegelt unsere Überzeugung wieder, dass gerade unser aller Steuergeld verantwortungsbewusst so eingesetzt werden muss, dass unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Erde und ein stabiler Zusammenhalt in der Gesellschaft hinterlassen wird.
Derzeit kann sich – gerade im Baubereich – die Wirtschaft wirklich nicht über mangelnde Auftragslage beschweren. Ganz im Gegenteil. Es gibt den Einwand, dass zusätzliche Anforderungen bei der Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand dazu führen würden, dass niemand, der es nicht nötig hat, öffentliche Aufträge annehmen will. Solche Einwände müssen durchaus ernst genommen werden, denn sie kommen aus der täglichen Praxis.
Lassen Sie uns gern darüber diskutieren, wie ein modernisiertes Vergaberecht auf solche Situationen hinreichend flexibel reagieren kann.
Und wir alle wissen doch: nach der Konjunkturdelle ist vor der Konjunkturdelle. Die Situation, in der nach privatem Auftragseinbruch gerade die öffentliche Hand mit Investitionsprogrammen zum Stabilitätsanker für viele Dienstleister und Anbieter wird, ist dann mit einem modernen Vergaberecht eben auch die Situation, in der Konsolidierungen dann mal nicht zu Lasten der Unternehmen mit hoher Qualifikation, mit guten Sozialstandards und Umweltverantwortung gehen, sondern jene aussortieren, die sich mit Dumpingstrategien durch den Markt bewegen.
Auch so kann eine Wirtschaft gestärkt aus Konjunkturzyklen hervorgehen. Auch so wirkt ein modernes Vergaberecht in Richtung Stärkung und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft.
Lassen Sie uns dafür Voraussetzungen schaffen, stimmen Sie bitte unserem Gesetzentwurf zu.

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