Grundsteuerreform – Schubert: Tragfähige Lösung für Sachsen mit ökologischen Gesichtspunkten
Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung "Sächsisches Gesetz zur Umsetzung der Grundsteuerreform" (Drs 7/4095)
22. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 03.02.2021, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
das Sächsische Gesetz zur Umsetzung der Grundsteuerreform liegt uns heute als Landtag im zweiten Anlauf vor. In der öffentlichen Anhörung wurden verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen, die auf die Begründung des Gesetzentwurfes abhoben. Daraufhin hat das Finanzministerium gebeten, den Gesetzentwurf nochmal prüfen zu dürfen. Und auch wenn das Verfahren für hiesige Gepflogenheiten eher untypisch war, zeigt es doch etwas grundlegend Positives: Wenn verfassungsrechtliche Bedenken aus den Reihen von Sachverständigen geäußert werden zu Gesetzentwürfen, dann werden diese mittlerweile mit großer Achtsamkeit behandelt von Seiten der Staatsregierung und nicht einfach abgetan. Das sollte von der Ausnahme zur Regel werden.
Zum Gesetzentwurf:
Wir haben uns im Freistaat entschieden, ein sächsisches Modell zu entwickeln nach der Länderöffnungsklausel. Die Grundsteuer ist mit einem sachsenweiten Aufkommen von mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr ein wichtiger Baustein der kommunalen Finanzausstattung.
Entscheidungsrelevant für ein sächsisches Modell war, dass wir eine umsetzbare Lösung wollten, mit der unsere Finanzbehörden arbeiten können. Im Koalitionsvertrag haben wir uns bereits für eine wertorientierte Ausrichtung der Grundsteuer entschieden. Wichtig bleibt die Aufkommensneutralität. Diese liegt im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung. Die Geschäftsführung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages hat sich im vergangenen Sommer dahingehend geäußert, "dass es ihren Mitgliedern nicht darum ginge, die notwendige Grundsteuerreform für Steuererhöhungen zu nutzen." Der Gesetzentwurf ist unbenommen dieser Aussage jedoch Voraussetzung dafür, dass Kommunen auch zukünftig Einnahmen aus der Grundsteuer erhalten.
Es ist klar, dass die Neuregelung im Einzelnen zu Veränderungen führen wird. Diese Diskussion wurde im Vorfeld mit den Interessenverbänden geführt. Es ist notwendig, immer wieder daran zu erinnern, dass das bisher geltende System im April 2018 vom Verfassungsgericht kassiert wurde und damit nicht mehr angewendet werden kann. Alle Länder mussten sich entscheiden, ob sie das Bundesmodell anwenden, oder ob sie eine eigene Lösung wollen. Und dazwischen bewegt sich die Diskussion.
Die umfangreichen Berechnungen aus dem entsprechenden Referat des Finanzministeriums waren durchdacht und hilfreich bei der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung. Auch die Oppositionsfraktionen hatten die Möglichkeit, die Berechnungen nachzuvollziehen.
Verschiedene Modelle werden zukünftig in Deutschland umgesetzt:
Das Bundesmodell ist ein grundsätzlich gerechtes wertbasiertes Modell. In der Umsetzung bietet es sich an, weil die Programmierkosten dafür in jedem Fall im Rahmen des Länderverbundes getragen werden müssen.
Das Finanzministerium hat sich das angeschaut. Eine Umsetzung für Sachsen hätte bedeutet, dass bei einer aufkommensneutralen Umsetzung die Eigentümer von Wohngrundstücken signifikant mehr zum Grundsteueraufkommen beitragen, als es jetzt der Fall ist.
Baden-Württemberg macht ein Bodenwertmodell: Der Bodenrichtwert errechnet sich aus der Fläche des Grundstücks (das Gebäude also ignoriert) mit einem zusätzlichen Abschlag für Wohnimmobilien.
Die Lösung hat durchaus Charme. Es ist wertbasiert, einfach und durchaus innovativ. Durch die Nichtberücksichtigung von Gebäudeflächen werden flächensparsame Wohnformen wie Mehrfamilien- und Mietshäuser automatisch begünstigt. Das hat einen positiven Effekt auf Wohnungsmarkt und Klimaschutz und schiebt Brachflächenspekulation einen Riegel vor. Das macht es auch zum Modell der Wahl von Mieterbund und Naturschutzverbänden. Es geht über die Lenkungswirkung des Bundesmodells hinaus.
Das Bayerische Flächenmodell errechnet allein aus der Fläche von Grundstück und Gebäude. Es ist in der Umsetzung zwar einfach, jedoch unfassbar ungerecht: Die Grundsteuer wird völlig unabhängig von Lage und Immobilienwert errechnet. Die bayrische Lösung ist eine grundsätzliche Abkehr von der vermögensbezogenen Grundsteuer und damit eine mindestens fragwürdige Umsetzung des Bundesverfassungsurteils.
Ich kann heute mit gutem Gewissen sagen: Es wurde für Sachsen eine tragfähige Lösung gefunden. Uns waren dabei die unbebauten Grundstücke aus ökologischen Gesichtspunkten besonders wichtig. Es ist ökologisch sinnvoll, dass unbebaute Grundstücke gegenüber bebauten Nicht-Wohngrundstücken im Bereich der Messzahlen nicht höher besteuert werden, da in der Regel zum Beispiel gewerblich genutzte Grundstücke einen höheren Versieglungsgrad aufweisen. Wir wollen es weiterhin möglich halten, dass unbebaute Grundstücke bewusst dem Markt entzogen bleiben, um wertvolle ökologische und auch Gemeinschaftsfunktionen, z. B. in Form von Gemeinschaftsgärten, erfüllen zu können.
Insofern tragen wir als Teil der Regierungskoalition dieses sächsische Modell mit und werben um Zustimmung.
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