Güterverkehr auf die Schiene – Meier: Ohne eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene wird Deutschland weder seine Klimaziele erreichen noch den dramatischen Zuwachs des Güterverkehrs bewältigen können
Rede der Abgeordneten Katja Meier zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: "Die ökologische Verkehrswende im Güterverkehr einleiten: Entwicklungskonzept für den Schienengüterverkehr in Sachsen erarbeiten", Drs 6/14721
91. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 11. April, TOP 4
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Verkehrssektor ist für knapp 20 Prozent der Treibhausgase in Deutschland verantwortlich. Während alle anderen Sektoren ihre CO2-Emissionen in den vergangenen Jahren reduzieren konnten, verursacht der Verkehr heute sogar mehr Kohlendioxid als noch 1990. Einer der Gründe ist der stark zunehmende Gütertransport auf der Straße. Ohne eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene wird Deutschland weder seine Klimaziele erreichen noch den dramatischen Zuwachs des Güterverkehrs bewältigen können.
Der Anteil des Schienengüterverkehrs an den Verkehrsträgern betrug 2017 nur ca. 17 Prozent. Nachbarländer wie Österreich erreichen seit Jahren Werte von weit über 30 Prozent, die Schweiz sogar 41 Prozent. In Deutschland und in Sachsen entfallen mittlerweile über 70 Prozent der Verkehrsleistung auf den Lkw. Der Straßengüterverkehr boomt ohne Ende, noch nie war der Transport per Lastwagen so billig wie heute. Und die Folgen?
Die können Sie auch hier in Sachsen sehen: Endlose Staus, übermüdete, unterbezahlte Fahrerinnen und Fahrer sowie deutlich zunehmende Luft- und Lärmprobleme. Sie sehen: es besteht deutlicher Handlungsbedarf!
In unserem Antrag fordern wir die Staatsregierung daher auf, sich nicht nur klar zum Ziel einer Verkehrsverlagerung hin zum klimafreundlichen Verkehrsträger Schiene zu bekennen, sondern auch endlich die dafür nötigen Maßnahmen umzusetzen.
Ihre Stellungnahme zu den konkreten Forderungen unseres Antrages erstaunt mich dann schon sehr: Offensichtlich sind Sie der Annahme, dass Sie schon alles richtig machen und sich seit Jahr und Tag für den Ausbau des Schienengüterverkehrs einsetzen würden. Aber genaues Hinsehen führt schnell zu Ernüchterung:
Auf Ihre Mitwirkung bei der Erstellung der drei letzten Master- bzw. Aktionspläne des Bundes zum Güterverkehr und auf das sächsische Güterverkehrskonzept aus dem Jahr 2009 als Beleg Ihres Engagements zu verweisen, ist ein bisschen wenig und unterkomplex. Der Schienengüterverkehr steht trotz dieser unter Ihrer Mitwirkung verabschiedeten Pläne massiv unter Druck: So ging die Verkehrsleistung bei der Güterbahn DB Cargo im ersten Halbjahr 2018 um weitere 6,7 Prozent zurück.
Auch Ihr Verweis auf das Tätigkeitsfeld der drei sächsischen Häfen der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) als Beleg für die Unterstützung des Schienengüterverkehrs ist mehr als fragwürdig. Entweder Sie preisen die SBO als Schifffahrtsparadies, um die Notwendigkeit des Elbeausbaus zu begründen oder Sie bemühen sich, die sächsischen Häfen der SBO wie in Ihrer aktuellen Stellungnahme zu unserem Antrag als Schienengüterverkehrsbahnhöfe anzupreisen.
Die Wahrheit schaut leider düster aus: In den hochsubventionierten sächsischen Häfen der SBO wurden 2017 nur 34 Prozent aller Güter mit der Bahn abtransportiert, der Löwenanteil von 60,2 Prozent aber mit dem Lkw, die 5,7 Prozent die noch per Schiff transportiert wurden, sind fast vernachlässigbar. Vorausschauende Bahnpolitik setzt auf ausreichende Kapazitäten für Güterverkehr. Das Aus für mehr als 200 Güterverkehrsstellen der Deutschen Bahn Tochter DB Cargo spricht eine andere Sprache. Auch Standorte in Sachsen sind hier betroffen. Hier waren Ihre Verhandlungen auf Bundesebene wohl nicht erfolgreich, bzw. haben überhaupt nicht stattgefunden. Der Abbau unzähliger Gleisanschlüsse auch in Sachsen in den letzten Jahren hat die Lage für den Schienengüterverkehr noch erschwert.
Deshalb meinen wir: Es ist allerhöchste Zeit, die vorhandene Infrastruktur für den Güterverkehr auf der Schiene in Sachsen kritisch zu analysieren und an den richtigen Stellen schnell und entschlossen umzusteuern. Ich glaube, es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, wenn ich Ihnen bereits jetzt sage, dass das im Haushalt eingestellte Budget für die Schiene nicht ansatzweise für die Umsetzung der notwendigen Investitionen ausreichen wird.
Wer den Schienengüterverkehr unterstützen will, steht vor Herausforderungen in zentralen Handlungsfeldern:
Es geht um einen ausreichenden Zugang zum System Schiene mit Ladegleisen, Anschlussgleisen, Güterbahnhöfen und Terminals, eine leistungsfähige Infrastruktur für den Schienengüterverkehr, bessere Produktionsverfahren im Schienengüterverkehr wie Einzelwagen-, Ganzzug- und Kombinierte Verkehre und um bitter nötige Innovationen und Produktionsmittel für Traktion, Güterwagen und Umschlagtechnik.
Ziel muss es sein, die Kundenorientierung im Schienengüterverkehr deutlich zu erhöhen und die Bedürfnisse und Interessen der verladenden Wirtschaft schneller zu erkennen und hierzu passgenaue Angebote zu ermöglichen. Häufig besteht keine ausreichende Transparenz über passende Angebote im kombinierten Verkehr. Hier wäre die von uns geforderte aufsuchende Vernetzungsplattform, die verladende Wirtschaft und schienengebundene Anbieter zusammenbringen, dringend notwendig.
Sehr geehrter Herr Staatsminister Dulig,
wir erkennen Ihre Bemühungen um eine Stärkung des Schienengüterverkehrs an einigen Stellen durchaus. Aber wenn Sie bei der vom LKW-Verkehr stark belasteten A4 vor allem eine Autobahnverbreiterung fordern, dann haben wir Zweifel, wie ernst Sie es mit der Verkehrsverlagerung meinen. Wir warten daher gespannt auf die Ergebnisse Ihrer Arbeitsgruppe zur Rollenden Landstraße. Die Machbarkeitsstudie wird ja hoffentlich noch vor der Wahl fertig werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wenn Ihre Bekenntnisse zu mehr Gütern auf der Schiene mehr sein sollen, als leere Sonntagsreden, dann muss endlich gehandelt werden. Die Investitionen ins Schienennetz muss umgelenkt und der LKW-Verkehr durch mehr Kostengerechtigkeit reduzieren werden.
Wenn Sie es ernst meinen mit der Verlagerung auf die Schiene, dann bitte ich Sie um die Unterstützung unseres Antrags.
Vielen Dank.
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