Haushalt Justiz, Demokratie, Europa & Gleichstellung – Hammecke: Wichtige Fortschritte bei Beteiligung, Gewaltschutz & europapolitischer Bildungsarbeit

Redebeitrag der Abgeordneten Lucie Hammecke (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Beratung des Entwurfs „Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 (Haushaltsgesetz 2021/22 – HG 2021/22)“ – Einzelplan 06 Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung
30. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 19.05.2021, TOP 1.6

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

in der ersten Rederunde ist mein Kollege Valentin Lippmann bereits auf den Kernbereich der Justiz eingegangen. Ich möchte nun gerne meinen Blick zuerst auf den Justizvollzug richten. Auch dieser profitiert ganz klar von der angesprochenen Ausbildungsoffensive. Als vollzugspolitischer Sprecherin, aber auch als Anstaltsbeirätin in der JSA Regis-Breitingen ist mir die Frage des Personals in den Justizvollzugsanstalten sehr wichtig. Denn daran hängen ganz konkret Lebensbedingungen der Gefangenen, die zum Beispiel durch Aufschlusszeiten bedingt sind.

Zur Verbesserung der Situation in den JVAs führen wir außerdem die Telemedizin in den Anstalten ein, diese soll die medizinische Versorgung auch bei Abwesenheit eines Anstaltsarztes oder einer Anstaltsärztin gewährleisten und somit alle Beteiligten entlasten.

 Zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags, „die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“, brauchen wir aber mehr als einfach nur Gefängnisse. Durch die Stärkung verschiedenster Projekte im neuen Doppelhaushalt gelingt uns einerseits eine Verbesserung der Situation in den Justizvollzugsanstalten und andererseits fördern wir zukunftsweisende Methoden in der Bewältigung von Straftaten. Dazu gehören Modellprojekte im Bereich restorative justice, ebenso wie ein Forschungsprojekt zum Täter-Opfer-Ausgleich.

Der Strafvollzug in freien Formen wird noch intensiver unterstützt. Hierfür stellen wir insgesamt rund zwei Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Nicht nur die enorm wichtige Arbeit des Projekt Seehaus e.V. mit Jugendlichen wird gestärkt fortgeführt, auch für Erwachsene werden nun Projekte dafür angegangen und somit auch eine Trägervielfalt ermöglicht.

Es muss aber auch darum gehen, Freiheitsstrafen, wo es möglich ist, zu vermeiden. Besonders der Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen bringt allen Beteiligten herzlich wenig. Um diese zu vermeiden, werden zusammen mit der Straffälligenhilfe Beratungen für Verurteilte gestärkt.

Jetzt möchte ich zu einem Teil im Einzelplan 06 kommen, der im Zuge der Regierungsbildung neu dazugekommen ist.

Im Bereich Demokratie stellen wir wichtige Mittel für die Arbeit zur Stärkung unserer Demokratie und gegen demokratiefeindliche Bestrebungen in den kommenden zwei Jahren zur Verfügung. Das Else-Frenkel-Brunswik-Institut, welches 2020 an der Uni Leipzig gegründet wurde, soll als Dokumentations- und Forschungsstelle antidemokratische und menschenfeindliche Tendenzen analysieren und bewerten. Hierzu haben wir hier im Hohen Haus mit dem beschlossenen Antrag „Gesamtkonzept Rechtsextremismus“ auch einen klaren Auftrag gegeben.

Die an der TU Dresden neu gegründete John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik soll ganz konkret, und tut es auch bereits, Träger und Vereine der politischen Bildungsarbeit unterstützen und sie bezüglich neuer didaktischer Methodik beraten.

Aber auch die Bürger*innen-Beteiligung ist uns ein wichtiges Anliegen – auch und gerade im Strukturwandelprozess. Die Menschen vor Ort wissen am besten, wie ihre Zukunft vor Ort aussehen soll. Wir wollen sie jetzt konkret mit einbeziehen.

Dieses Miteinbeziehen, die Beteiligung, das ist uns ein grundsätzliches Anliegen. Deshalb werden wir dies auch im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas machen. Sachsen mit seinem Dreiländereck nach Polen und Tschechien übernimmt eine wichtige europäische Brückenfunktion. Diese werden wir nutzen und trinationale Konferenzen mit Menschen aus Sachsen, Polen und Tschechien durchführen und mit ihnen über die Zukunft Europas sprechen!

Wichtig ist uns aber auch, Europa für junge Menschen greifbar zu machen. Deshalb fördern wir einerseits die europapolitische Bildungsarbeit und legen außerdem unser eigenes sächsisches FreeInterrail-Programm auf, in dem wir jungen Sächsinnen und Sachsen die Möglichkeit geben wollen, Europa hautnah und klimafreundlich zu erleben!

Zum Schluss möchte ich noch einmal zum größten Batzen Geld kommen, den wir als Koalitionsfraktionen in diesen Einzelplan noch einmal gegeben haben: den Gewaltschutz. Mit jetzt insgesamt mehr als 4,8 Mio Euro in 2021 und 10 Millionen Euro 2022 stellen wir das sächsische Gewaltschutzsystem langfristig auf sichere Füße. Und stellen klar: Gewaltschutz ist in Sachsen nicht nur ein nice-to-have! Als Land übernehmen wir zukünftig die Personalkosten für die Frauenschutzeinrichtungen, um damit die kommunale Ebene zu entlasten. Bisher scheiterte es oft deshalb an einem Angebot vor Ort. Wir stärken außerdem die baulichen Investitionen, schaffen weitere Anlaufstellen für anonyme Spurensicherung und hellen das Dunkelfeld geschlechtsspezifische Gewalt mit einer Studie weiter auf.

Zusammengefasst tun wir das, was hier im Hohen Haus Ende im vergangenen September beschlossen wurde. Wir entwickeln das Gewaltschutzsystem hier in Sachsen qualitativ fort, bauen es aus und folgen damit unserer Überzeugung, dass Gewaltschutz staatliche Verpflichtung ist und wir alles dafür tun müssen, dass bald eine jede von häuslicher Gewalt betroffene Person im Freistaat überall ein Angebot bekommen kann.

Dafür bin ich dankbar. Vielen herzlichen Dank!