Herrmann: Arbeit der Härtefallkommission weiterhin ermöglichen – Entfristung der bestehenden Sächsischen Verordnung

Redemanuskript der Abgeordneten Elke Herrmann zum Gesetzentwurf der GRÜNEN-Fraktion „Gesetz über die Sächsische Härtefallkommission“ (Drs. 5/308) in der 4. Sitzung des Sächsischen Landtages am 12. November 2009 zum TOP 3
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
zum Jahresende läuft die Verordnung über die Sächsische Härtefallkommission aus. Der Bundesgesetzgeber hat den entsprechenden Paragrafen im Aufenthaltsgesetz, der die Einrichtung von Härtefallkommissionen in den Ländern ermöglicht bereits vor einiger Zeit entfristet. In Sachsen ist dies bisher nicht geschehen. Um die Arbeit der Härtefallkommission auch weiterhin zu ermöglichen, legt meine Fraktion diesen Gesetzentwurf vor.
Was sind die Kernpunkte?
1) Abbau von Hürden
Die aktuelle Verordnung benennt eine lange Reihe von Vorbedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Fall überhaupt in der Härtefallkommission besprochen wird. Aus unserer Sicht widerspricht das dem humanitären Auftrag der Kommission. Bedingungen wie die selbständige Sicherung des Lebensunterhalts sind für viele Menschen mit Duldung eine zu hohe Hürde.
Gerade auch wenn man weiß, dass Asylbewerber generell vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden oder nur Jobs bekommen, in denen wenig zu verdienen ist. Zu wenig, um damit den Lebensunterhalt einer Familie sichern könnte. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen sind Asylbewerber und Menschen mit Duldung obendrein die ersten, die keine Jobs mehr erhalten oder entlassen werden. Die selbständige Sicherung des Lebensunterhalts bedeutet gerade auch für junge Menschen, dass sie nicht studieren können oder zum Teil ihre Ausbildung abbrechen, um zum Familieneinkommen beizutragen.
Es ist unsinnig – auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten – junge Männer und Frauen abzuschieben, die seit Jahren hier leben. Junge Männer und Frauen, die Deutsch besser sprechen als die Sprache ihres Herkunftslandes und die erfolgreich das deutsche Schul- und Ausbildungssystem durchlaufen haben.
Es ist unsinnig, diese jungen Menschen von Ausbildung oder Studium fernzuhalten, bloß weil die Familie mit einer Duldung in Deutschland lebt und nur deshalb nicht dauerhaft bleiben kann, weil sie in der derzeitigen Situation auf soziale Transfers angewiesen ist. Wir brauchen mehr Fachkräfte, dann müssen wir ihnen auch die Ausbildung ermöglichen.
Der Wegfall eines Teils der Vorbedingungen heißt nicht, dass nun alle Personen, die von Abschiebung bedroht sind, eine Aufenthaltserlaubnis durch die Härtefallkommission erhalten. Die Kommission erhält aber ihrem Auftrag gemäß die Möglichkeit, tatsächlich aus humanitären Gründen zu entscheiden.
2) Zusammensetzung
Es gibt verschiedene Ideen darüber, wie eine Härtefallkommission zusammengesetzt sein sollte: klar ist, dass Expertinnen und Experten aus der Flüchtlingsarbeit mit am Tisch sitzen müssen, daher soll sowohl der Sächsische Flüchtlingsrat als auch KOBRAnet, eine Initiative gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution vertreten sein. Die Liga der Spitzenverbände und die Kirchen, deren Beratungsstellen mit Flüchtlingen und Asylbewerberinnen und – bewerbern arbeiten gehören mit an den Tisch. Wir wollen aber auch die staatliche Institutionen und die Ministerien in die Härtefallkommission einbeziehen. Am Ende entscheidet das Innenministerium über die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis. Deshalb ist es sinnvoll, das Innenministerium genauso wie das für Integrationspolitik zuständige Sozialministerium von Anfang an aktiv in die Arbeit der Kommission einzubeziehen. Gleiches gilt für die Kommunen.
Wir wollen darüber hinaus auch die/den Ausländerbeauftragten wie bisher fest in der Härtefallkommission verankern. Ihre Aufgabe ist es, die Interessen aller hier lebenden Migranten zu vertreten. Und dazu gehören auch abgelehnte Asylbewerberinnen und –bewerber.
Darüber hinaus ist die oder der Ausländerbeauftragte als Abgeordnete die Repräsentantin des Landtages in dieser Kommission.
Mit diesem Gesetz verbinden wir darüber hinaus die Hoffnung, dass das Innenministerium den Härtefallersuchen stattgibt, wenn die Kommission zu einer positiven Entscheidung gelangt. Wir haben den Weg zu einem positiven Votum ja nicht leicht gemacht: die Härtefallkommission muss mit 2/3 Mehrheit der anwesenden Mitglieder entscheiden. Die Ministerien sind im gesamten Prozess der Entscheidungsfindung und an der Abstimmung beteiligt.
Dann kann es nicht sein, dass wie in der Vergangenheit geschehen, positiv beschiedene Fälle abgelehnt werden. Das ist zum einen für die Betroffenen eine Katastrophe, für die Mitglieder der Kommission frustrierend und nach außen schwer zu vermitteln. Sie wissen, dass es immer wieder Proteste der Bevölkerung gegen die Entscheidung durch den Innenminister gab. Und dieser Druck hat ja auch dazu geführt, dass der Innenminister in manchen Fällen sein Votum geändert hat.
Die Mitglieder der Härtefallkommission haben in den vergangenen Jahren engagierte Arbeit geleistet. Um diese nicht zu gefährden, bitten wir um wohlwollende Behandlung des Gesetzentwurfes in den Ausschüssen.