Herrmann: Ihr Handeln ist eine Enttäuschung für alle, die sich seit Jahren für Jugend- und Sozialarbeit engagieren

Redebeitrag der Landtagsabgeordneten Elke Herrmann zum GRÜNE-Antrag „Kürzungen im Jugend- und Sozialbereich aussetzen – transparent und planvoll konsolidieren“ in der 09. Sitzung des Sächsischen Landtages, 10. März 2010, TOP 6
Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zwei Utensilien sind dem Sozialministerium in den letzten Wochen in der Presse zugeschrieben worden: Gießkanne und Rasenmäher. Nun ist das Sozialministerium (SMS) keine Gärtnerei, und die Ministerin stapft nicht mit Gummistiefeln durch die Lande. Es ist auch kein besonderer Gag beim „heiteren Berufe raten“.
Deshalb frage nicht nur ich: Mit welcher Ernsthaftigkeit wird hier eigentlich vorgegangen? Welches Konzept verfolgt die Staatsregierung außer dem: „keine Schulden“- Mantra? Wo ist eigentlich die Handschrift der Koalition bei dieser Streichliste zu erkennen? Sagen Sie uns: Wo haben Sie Ihr Veto eingelegt? Oder welche Haushaltsstelle haben Sie zum Abschuss freigegeben?

Ich kann mich erinnern, dass die CDU in der letzten Legislaturperiode, im Jahr 2008, einen Antrag zur Stärkung der Suchtkrankenhilfe eingebracht hat. In diesem heißt es unter anderem, „dass die Aufklärungs- und Präventionsarbeit für Kinder und Jugendliche auch künftig fortzuführen und auszubauen ist.“ Was bleibt nun davon übrig?
Oder die Förderung der Chancengleichheit! Mindestens bei der Jugendpauschale hat sich Protest geregt. Was aber passiert mit den Freiwilligendiensten? Wie ernst sind eigentlich die schon zitierten Aussagen im Koalitionsvertrag zu nehmen, die Förderung der Jugend auch im ländlichen Raum weiterhin zu gewährleisten und zu stärken? Sie gefährden dort gerade die mobile Kinder- und Jugendarbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.
„Der Landesarbeitskreis Mobile Jugendarbeit Sachsen e. V. als Fachverband für mobile Jugendarbeit/Streetwork in Sachsen ist für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Arbeitsfeld ein Rückgrat und Fundament der Fachlichkeit der Praktiker/Innen. Das haben Sie alle lesen können. Sie haben alle den Brief vom Landesarbeitskreis bekommen. Die Politiker der Koalitionsfraktionen waren auch zur Geburtstagsfeier des Landesarbeitskreises anlässlich des 15. im letzten September gekommen. Finden Sie es nicht zynisch, wenn ein gutes halbes Jahr später die Gratulationsreden einschließlich der guten Wünsche für die zukünftige Arbeit Makulatur sind?
Es gibt offensichtlich bei Ihnen keine Verständigung über Prioritäten
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr Handeln ist eine Enttäuschung für alle, die sich seit Jahren für Jugend- und Sozialarbeit engagieren. Einen Tag wird die Arbeit der Mitarbeiter/Innen gelobt und am nächsten Tag ist sie nicht mehr gefragt. Damit stellen Sie auch die Leistungen in der Vergangenheit infrage. Wer in schwierigen Situationen nicht in der Lage ist, gemeinsam mit den Betroffenen nach Lösungen zu suchen, ist entweder feige oder ignorant.
Im letzten Jahr hat der Landesjugendhilfeausschuss den Landesjugendhilfeplan für die kommenden Jahre beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatten Sie die Kürzungspläne bereits im Schubkasten. Warum haben Sie nicht versucht, mit den Verbänden zu reden und Wege zu finden? Das wäre das fachliche Gremium gewesen und das legitimierte Verfahren dazu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kürzungen im Bereich des SMS, die Sie vornehmen werden, sind erstens unverhältnismäßig und zweitens in diesem Haushalt nicht nötig. Dazu haben meine Vorredner und Vorrednerinnen schon etwas gesagt. Zusätzlich ist das Verfahren absolut intransparent. Es gibt offensichtlich bei Ihnen keine Verständigung über Prioritäten.
Das SMS macht es sich leicht. Der KSV wird beauftragt, die Kürzungen umzusetzen – der KSV, der eigentlich nur Fördermittel ausreichen und Abrechnungen kontrollieren soll. Sie haben bereits in den letzten Jahren zugelassen, dass der KSV auch inhaltliche Entscheidungen trifft, für die er weder die Fachkompetenz noch die Legitimation besitzt. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben Sie mit dieser Förderpraxis Geld gespart und den Trägern das Leben schwer gemacht. Das Geld haben Sie beispielsweise auf Kosten des internationalen Jugendaustausches gespart. Mit dieser Förderpraxis in der vergangenen Zeit hat der KSV den Kahlschlag für Sie   . vorbereitet. Die Argumentation – wir müssen einmal ehrlich sein – fällt Ihnen viel leichter, wenn bestimmte Haushaltsmittel in der Vergangenheit nicht abgerufen wurden, weil sie nicht abgerufen werden konnten. Dazu sagen Sie heute, dass offenbar kein Bedarf besteht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit schafft sich das SMS eigentlich selbst ab. Sie wollen eigentlich gar nicht mehr gestalten. Allerdings haben Sie einen Auftrag. An den müssen wir Sie offensichtlich hier erinnern. Nicht der KSV, sondern die Staatsregierung und das Parlament sind verantwortlich. Genau deshalb dürfen wir uns das Konzept nicht aus der Hand nehmen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen auch in der CDU. Dazu soll unser Antrag heute beitragen.
Danke.