Hochschulfreiheitsgesetz – Löser: Wir setzen Regelungen für ein zeitgemäßes Studieren und Arbeiten an unseren Hochschulen um
Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD: „Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes“ (Drs 7/9596)
51. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 01.06.2022, TOP 5
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
in den vergangenen zwei Jahren der noch andauernden Pandemie haben unsere Hochschulen sich in vielen Bereichen selbst neu erfunden und kreative Lösungen erarbeitet, um den Lehr-, Studien- und Forschungsbetrieb bestmöglich aufrechtzuerhalten. Dafür gebührt allen Beteiligten großer Dank.
Nunmehr ist es aber an der Zeit, die pandemiebedingt unbedingt notwendigen Lücken im Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz zu schließen, für Rechtssicherheit zu sorgen und zu den meisten anderen Bundesländern aufzuschließen.
Als eine der drängendsten Problematiken setzen wir die Verlängerung der zulässigen Höchstbefristungsdauer für Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren und der Akademischen Assistentinnen und Assistenten im Beamtenverhältnis auf Zeit um. Diese Beschäftigten konnten bisher nicht von einer pandemiebedingten Verlängerung profitieren, wie sie das Wissenschaftszeitvertragsgesetz für die angestellten wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeitenden vorsieht. Gleichwohl war ihnen die Verfolgung ihrer Qualifizierungsziele ebenfalls nur eingeschränkt möglich. Daher schaffen wir nun einen sachlichen Gleichklang mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz, um weitere Nachteile für die wissenschaftliche Qualifikation und auch den Wissenschaftsstandort Sachsen abzuwenden.
Da die Hochschulen bereits mit dem gleichlautenden Vollzug des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vertraut sind, ist eine unkomplizierte Umsetzung zu erwarten. Es ist zu hoffen, dass einer Vielzahl von Beschäftigten ihre Verlängerung und damit die Erreichung ihrer persönlichen Qualifizierungsziele ermöglicht wird.
Des Weiteren wird die Zulässigkeit der Durchführung von Onlineprüfungen geregelt und somit eine seit zwei Jahren existierende Praxis auf ein sicheres Fundament gestellt. Insofern Hochschulen von der Möglichkeit von Onlineprüfungen Gebrauch machen, müssen sie fakultätsübergreifende datenschutzkonforme Regelungen treffen. Vor Erlass dieser Verordnung ist der oder die jeweilige Datenschutzbeauftragte zu beteiligen.
Im Anhörungsverfahren begegnete die Regelung zu Onlineprüfungen vielfältiger Kritik, insbesondere von den Studierenden. Hierzu wurden von der Sächsischen Datenschutzbeauftragten konkrete Verbesserungsvorschläge vorgelegt, die wir in einem Änderungsantrag aufgenommen haben. Der BÜNDNISGRÜNEN-Fraktion ist sowohl ein datenschutzkonformes, grundrechtswahrendes als auch ein chancengerechtes Prüfungsverfahren wichtig.
Es wurde die Besorgnis laut, dass es zum Einsatz von spezieller Software zur Überwachung der Prüflinge kommen könnte, sofern das Gesetz deren Einsatz nicht ausdrücklich verbietet. Diese Besorgnis nehmen wir ernst, denn dies könnte sowohl mit einem Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung als auch in die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme verbunden sein.
Wir haben auf Anregung der Sächsischen Datenschutzbeauftragten die Freiwilligkeit der Teilnahme an einer Onlineprüfung in das Gesetz aufgenommen. Diese Regelung ist bereits Bestandteil anderer Hochschulgesetze und hat gerichtlichen Überprüfungen standgehalten. Studierende, die weitergehende Bedenken zur Teilnahme an einer Onlineprüfung haben, sollen diese Prüfung, bestenfalls zeitgleich, auch in Präsenz ablegen können.
Zum Schutz der ehrlichen Prüfungsteilnehmenden bedarf es aus Gründen der Chancengleichheit einer Prüfungsaufsicht. Diese ist ihrem Sinn und Zweck nach aber streng an der Aufdeckung einer Täuschungshandlung zu begrenzen. Anlasslos Bild- und Tondateien aufzuzeichnen und zu speichern ist unzulässig. Die digitale Prüfungsaufsicht geht daher nur so weit, wie sie auch in einer Präsenzprüfung gehen dürfte.
Die heute zu beschließenden Änderungen im Bereich Onlineprüfungen sind ein notwendiger, aber kein abschließender Schritt. Das sollten wir in der anstehenden Novelle des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz eingehend diskutieren.
Des Weiteren nehmen wir eine dauerhafte pandemiebedingte Verlängerungsmöglichkeit der Regelstudienzeit auf und geben dem zuständigen Wissenschaftsministerium eine Verordnungsermächtigung an die Hand. Damit können im Bedarfsfall schnell die notwendigen Anpassungen vorgenommen werden.
Es besteht aber auch die Gefahr weiterer krisenhafter Ereignisse und Notsituationen abseits einer Pandemie, wie beispielsweise Umweltkatastrophen oder andere Großschadensereignisse. Diese können ebenfalls den Hochschul- und Wissenschaftsbetrieb beeinträchtigen. Für diesen Fall schaffen wir nun ein vorsorgliches Kriseninstrument mit der Möglichkeit der Regelstudienzeitverlängerung.
Mit dieser Novelle setzen wir dringend notwendige als auch vorausschauende Regelungen für ein zeitgemäßes Studieren und Arbeiten an unseren Hochschulen um. Einzelne Themen sollten aber in die noch ausstehenden Beratungen zur Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz-Novelle überführt und dort konkretisiert werden.
Vielen Dank!