Humanitäre Initiative aus Sachsen − Zais: Zustimmung zum Antrag ist Bekenntnis zur Humanität

Rede der Abgeordneten Petra Zais zum Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: "Dringende humanitäre Initiative aus Sachsen – Solidarische Verteilung und Selbstverpflichtung Sachsens bei der Umverteilung Geflüchteter aus Aufnahmelagern in Italien und Griechenland"
49. Sitzung des Sächsischen Landtags, 2. Februar, TOP 7, Drs. 6/8128

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Abgeordnete,

die Situation in den Flüchtlingslagern Europas ist dramatisch. Vor kurzem erhielt ich dazu folgenden Brief einer Leipzigerin:

"Seit Tagen und auch gerade heute Abend zur Tagesschau wurde schreckliche Bilder aus Südosteuropa gesendet mit Massen an Schnee und Tiefsttemperaturen; es gab auch schreckliche Berichte aus Lesbos, wo Menschen ohne Heizung, ohne warmes Wasser bei Schnee in Zelten übernachten und die überhaupt nicht an Minusgrade gewöhnt sind. Bei uns werden gerade Erstaufnahmeeinrichtungen, obwohl vorbereitet, geschlossen, weil kein ‚Bedarf‘ ist!!! In Belgrad campieren gestrandete Flüchtlinge in einem Parkdeck und werden von Hilfsorganisationen täglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Der Platz ist knapp und Tausende bleiben unversorgt. Ich fühle mich hilflos und schrecklich angesichts meiner warmen Wohnung. Wir müssten doch ganz schnell aufschreien, um den bedrohten Menschen Hilfe anzubieten!"

Ja, die Situation in Griechenland, Serbien und Bulgarien ist dramatisch. Und Ja, wir müssen aufschreien. Allein auf den griechischen Inseln campieren derzeit 15.000 Menschen unter inakzeptablen und erbärmlichen Bedingungen, die geprägt sind von Kälte, Hunger, mangelnder hygienischer und ärztlicher Versorgung. Am 11. Januar 2017 schrieb DIE ZEIT:

"Die zynische Gleichgültigkeit der europäischen Politik, die eisigen Temperaturen und die mangelhafte Vorbereitung auf den Winter haben eine schon unerträgliche Situation für Tausende Männer, Frauen und Kinder noch verschlimmert."

Und was tun wir? Haben wir die Möglichkeit, humanitäre Hilfe zu leisten? Ich erinnere an die Debatte und Beschlussfassung zu einem Koalitionsantrag hier im Sächsischen Landtag vor fast exakt einem Jahr. Unter dem Titel ‚Europäische Migrationsagenda und gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa‘ ging es nicht nur um den Registrierzentren, den Abbau der Schleuserkriminalität und den Schutz der europäischen Außengrenzen. Es ging auch:

  • um einen solidarischen und verbindlichen Verteilschlüssel,
  • um die Sicherung fairer Asylverfahren,
  • um vergleichbare Standards in der EU bei der Aufnahme von Flüchtlingen
  • und es ging auch um humanitäre Hilfe für Menschen in Notwendigkeit.

Deshalb haben wir diesem Antrag zugestimmt.

Was ist davon geblieben?

  • Statt einer solidarischen und auf Humanität setzenden Flüchtlingspolitik passiert das ganze Gegenteil, eine Rückkehr zur Politik der Abschottung.Dafür steht zum einen das neue Frontex-Mandat mit dem klaren Ziel: Schutz Europas vor den Flüchtlingen, nach unserer Auffassung ein klar rechtswidriges Handeln. Es ist bezeichnend, dass der erste Einsatz von ‚Frontex Plus‘ an der türkisch-bulgarischen Grenze startete. Damit sollen die letzten Schlupflöcher für syrische Flüchtlinge in die EU gestopft werden.
  • Zum anderen der EU-Türkei-Deal ebenfalls mit dem klaren Ziel, den Weg Geflüchteter von den griechischen Inseln aufs Festland zu verhindern.
  • Die gleichfalls beschlossene Umsiedlung der 160.000 Geflüchteten aus Griechenland und Italien in die  EU jedoch wird nicht umgesetzt. Bis jetzt wurden nur 6,4% (ca. 8.100) der Menschen auf die anderen Mitgliedstaaten verteilt. Das ist nicht nur inakzeptabel, es ist zutiefst inhuman.
  • Auf die Umsetzung des Relocation Programmes zu drängen, wie im vorliegenden Antrag gefordert, ist eine absolute Minimalforderung. Auch wir GRÜNEN haben über das Instrument des Aufnahmeprogramms dazu.
  • Ja, wir haben die Möglichkeit, ganz konkrete humanitäre Hilfe für Menschen in Not zu leisten. Nicht abstrakt, sondern ganz konkret.

Der vorliegende Antrag der LINKEN entspricht diesem Anspruch, er ist wichtig und dringlich. Die Zustimmung wäre auch ein Signal an die Menschen in Sachsen, die dieses Bekenntnis zur Humanität erwarten.  

Wir werden dem Antrag zustimmen.

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