Inflation – Liebscher: Wir stehen für europäische Lösungen statt Kleinstaaterei

Redebeitrag des Abgeordneten Gerhard Liebscher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Inflationsbekämpfung endlich ernstnehmen – Preisanstieg begrenzen und Folgen der Inflation abfedern“ (Drs 7/9364)
50. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 05.05.2022, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,

die Inflation erreicht Höchstwerte, wir haben es gerade gehört: In Sachsen stehen wir aktuell bei 7,2 Prozent Teuerung. Um sinnvoll gegenzusteuern, müssen wir uns in erster Linie bewusst werden: Wo kommt diese Preissteigerung her?

Wir beobachten einen Preisanstieg fossiler Brennstoffe seit 2021 sowie Lieferschwierigkeiten im Bereich von Rohstoffen und Vorprodukten. Ausschlaggebend war damals der schnelle konjunkturelle Anstieg nach dem pandemiebedingten Einbruch der globalen Wirtschaft. Pandemiebedingte Lieferschwierigkeiten wirken sich weiterhin auf die Auftragsausführungen aus. Für die Resilienz von Lieferketten muss es daher unser Ziel sein, unsere Versorgung unabhängiger zu gestalten und Produktkreisläufe zu schließen.

Seit dem Angriffskrieg Russlands fällt nun unsere energetische Abhängigkeit von Russland dramatisch ins Gewicht. Eine substantielle Absenkung der Energiekosten, soweit müssen wir uns ehrlich machen, wird sich erst dann einstellen, wenn wir uns als Europäerinnen und Europäer energiepolitisch unabhängiger gemacht haben. Das heißt in erster Linie, eigene regenerative Energien auszubauen und zudem beim Zukauf zu diversifizieren.

Hinzu kommt aktuell eine Preissteigerung im Bereich der Landwirtschaft, ausgelöst zum einen durch höhere Produktionskosten, denn Gas wird in der Düngemittelproduktion eingesetzt. Zum anderen durch höhere Transportkosten für Nahrungsmittel. Die Rolle von Russland und der Ukraine als „Kornkammer der Welt“ schränkt zudem die globale Produktionskapazität ein. Dies wird insbesondere die Versorgung von Ländern des globalen Südens bedrohen, was die problematische Konzentration von Lebensmittelanbau illustriert.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Inflation trifft hierzulande vor allem Geringverdienende, die nicht auf Rücklagen zurückgreifen können. Lebensmittel und Energieversorgung stellen keine Luxusgüter dar.

Die begrenzten öffentlichen Mittel sind daher immer gezielt einzusetzen, um die Not der unteren Einkommen zu lindern.

Wenn wir über weitere Entlastungen entscheiden, dann sind diese daher nicht nach dem Gieskannenprinzip auszuschütten. Der Staat kann die Kriegsfolgen nicht für alle Einkommensstufen langfristig kompensieren. Wir müssen sicher gehen, dass die Erleichterungen im Portemonnaie derjenigen ankommen, die darauf angewiesen sind. Bei pauschalen Erleichterungen wie einer Mehrwertsteuersenkung sprechen wir als BÜNDNISGRÜNE uns dafür aus, diese im Lebensmittelbereich, für Obst und Gemüse anzusetzen, die zur Grundsicherung zählen. Mehrwertsteuersenkung für fossile Brennstoffe bringen uns geradewegs in die nächste Lebensmittelkrise, denn die Klimakrise pausiert nicht für billiges Benzin – wie wir an der grausamen Hitzewelle in Asien am Wochenende erneut eindrücklich vor Augen geführt bekommen.

Die ausführliche Stellungnahme der Staatsregierung verweist bereits auf die Zusammenhänge des Existenzminimum-Berichts und steuerlichen Freibeträge, die aktuellen Beratungen zum Steuerentlastungsgesetz und Entfernungspauschale sowie prognostizierte Daten zu Einnahmeverlusten des Staatshaushalts durch Steuersenkungen.

Ihre lächerlichen fremdenfeindlichen Parolen können Sie künftig aus den Anträgen herauslassen. Denn damit schaden Sie der Kaufkraft im Freistaat und staatlichen Steuereinnahmen am empfindlichsten. Denn Fachkräftenotstand führt auch zu fehlenden Steuereinnahmen und steigenden Kosten für Renten- Pflege- und Krankenversicherung.

Und schlussendlich fordert die AfD in vorliegendem Antrag den Austritt aus dem Euro und damit den Austritt aus der EU. Das liest sich, als wollten Sie mit allen Mitteln sicherstellen, Fachkräftemangel, Lastwagenstaus, Bürokratie und Lieferengpässe zu verschärfen. Als BÜNDNISGRÜNE stehen wir für europäische Lösungen statt Kleinstaaterei.

Wir lehnen den Antrag ab.