Jähnigen: Es hilft gar nichts immer nur um den heißen Brei herumzuschleichen – man muss den Löffel auch mal in die Hand nehmen
Redemanuskript der Abgeordneten Eva Jähnigen zum Antrag der SPD-Fraktion „Schaffung eines einheitlichen bundesweiten Korruptionsregisters“ (Drs. 5/1491) in der 10. Sitzung des Sächsischen Landtages am 11. März 2010, TOP 6
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
der vorliegende Antrag legt den Schluss nahe, die SPD kommt aus der außerparlamentarischen Opposition und nicht aus der Regierungsverantwortung in Bund und Freistaat Sachsen.
Die Initiative zielt darauf ab, dass die CDU und FDP-Koalition im Bundesrat einen Gesetzentwurf für ein einheitliches bundesweites Korruptionsregister einbringt. Inhaltliche Vorstellungen für einen solchen Gesetzentwurf haben sie nicht? Diese Inhaltsarmut ist peinlich, mindestens unbeholfen!
Am 20. März 2009 wurde im Bundestag ein von der GRÜNEN-Fraktion eingebrachter Entwurf für ein „Gesetz zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen (Korruptionsregister-Gesetz)“ – BT-Drs. 16/11211 in zweiter Lesung beraten und mit den Stimmen der SPD, FDP und CDU/CSU abgelehnt.
Sie waren zu der Erkenntnis gelangt, dass es einer zusätzlichen Plattform nicht bedürfe, vielmehr die Nutzung des zentralen Gewerberegisters eine bürokratiearme und transparente Lösung für alle sei.
Verbuchen wir das mal als Koalitionsdisziplin, fragt sich aber jetzt, was sie für einen Wurf von der CDU und ihrem neuen Koalitionspartner FDP erwarten, der sich „Entbürokratisierung“ und „Wirtschaftsförderung“ auf die Fahnen schreibt – Korruptionsbekämpfung im Koalitionsvertrag auf Bundes- und Landesebene nicht mal erwähnt.
Nach Angaben des Bundeskriminalamtes wurden im Jahr 2008 8.569 Korruptionsstraftaten polizeilich festgestellt – 10 Prozent weniger als im Vorjahr, gleichzeitig sind aber die Begleitdelikte (Untreue, Urkundenfälschung, wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, Strafvereitelung, Falschbeurkundung im Amt) auf den höchsten Stand seit vier Jahren gestiegen. Darüber hinaus muss laut BKA von einer erheblichen Dunkelziffer ausgegangen werden.
Den Schwerpunkt bildet weiterhin die allgemeine Verwaltung, wenn auch das BKA herausstellt, dass ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen ist. Mit Blick auf die erhöhte freihändige Vergabe von Aufträgen in Zusammenhang mit den Konjunkturpaketen, ist aber eine entsprechende Zukunftsprognose keineswegs sicher – da ist der Freistaat gefordert, gesetzliche Regelungen für die Landes- und Kommunalverwaltungen zu treffen und etwa korruptionsanfällige Bereiche zu definieren.
Ihrer Initiative fehlt jedoch leider jeglicher Landesbezug!
Wir haben auch in Sachsen ein Problem mit Korruption. Die Anzahl der erfassten Amts-, Wirtschafts- und Korruptionsstraftaten in den letzten Jahren lag kontinuierlich zwischen 300-400 – und das, obwohl nach der bedauerlichen Abschaffung der Sonderkommission INES die Aufklärungsrate nicht höher geworden, sondern eher gesunken sein dürfte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der SPD, wo ist ihr Gesetzentwurf für ein Anti-Korruptionsgesetz auf Landesebene, den ihnen die CDU nach zähen Verhandlungen im Koalitionsausschuss 2008 geschenkt hatte? Herr Jurk ließ sich nach dem Öffentlichwerden des A72-Skandals im Frühjahr 2007 in der Presse damit zitieren, dass er in Sachsen ein Korruptionsregister einführen wolle; ein Gesetzentwurf sei in der Schublade. Und da liegt er bis heute.
Stattdessen haben sie unsere Initiative für ein sächsisches Anti-Korruptionsgesetz im November 2007 abgelehnt.
Der damalige Staatsminister versprach ein modernes, praktikables Gesetz in Kürze vorlegen zu wollen. Er tat es aber nicht. Unser Gesetzentwurf enthielt verwaltungsorganisatorische Ansätze, um in Kommunal- und Landesverwaltungen Korruption vorzubeugen – nachzulesen in der Drucksache 4/8210.
Wir hatten übrigens auch eine Regelung vorgesehen, wonach Sponsoring nach Zweck und Höhe offenzulegen ist und die Direktspenden für Mandatsträger verboten werden.
Der Sächsische Landtag muss sich mit dem Thema Korruption umfassender befassen. Der Antrag der SPD ist sehr bescheiden, viel zu bescheiden um den Widerstand aus CDU und FDP gegen korruptionsbekämpfende Regelungen aufzubrechen.
Wir stimmen diesem Antrag wegen seiner Symbolwirkung heute zwar zu, sagen aber deutlich: konkrete Vorschläge im Parlament und in der Öffentlichkeit sind notwendig. Wir GRÜNEN haben nicht das Vertrauen, dass die schwarz-gelbe Staatsregierung, diese aus eigener Substanz leisten kann.
Wir laden die Abgeordneten der SPD wie auch der Koalition und die Staatsregierung selbst deshalb herzlich ein, sich mit unseren konkreten Vorschlägen auf Bundes- und Landesebene auseinanderzusetzen. Es hilft gar nichts immer nur um den heißen Brei herumzuschleichen – man muss den Löffel auch mal in die Hand nehmen.