Johannes Lichdi: Datenschutzbeauftragter braucht mehr Handlungsmöglichkeiten bei Datenschutzverstößen und eine Informationspflicht bei Datenpannen
Wir fordern die Koalition auf, dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten mehr Handlungsmöglichkeiten bei Datenschutzverstößen und eine Informationspflicht bei Datenpannen einzuführen
Redebeitrag des Abgeordneten Johannes Lichdi zur 2. Lesung des Gesetzentwurfs "Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Datenschutzgesetzes" (CDU/FDP, Drs. 5/5296) in der 38. Sitzung des Sächsischen Landtages, 29.06., TOP 3
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Schurig,
mit dem hier zu beratenden Gesetzentwurf verspricht die Koalition, die Unabhängigkeit des Sächsischen Datenschutzbeauftragten zu stärken.
Können wir nun den Sächsischen Datenschutzbeauftragten um seinen Job beneiden? Befreit vom Joch der Rechtsaufsicht der Staatsregierung über die Kontrolltätigkeit im nicht-öffentlichen Bereich, können wir nun unserer persönlichen Daten sicherer sein?
Ich bleibe skeptisch!
Einziger Regelungsinhalt im Entwurf ist der Wegfall der Rechtsaufsicht der Staatsregierung über den Sächsischen Datenschutzbeauftragten als Aufsichtsbehörde im nichtöffentlichen Bereich.
Wie ernst nimmt die schwarz-gelbe Koalition eigentlich den Datenschutz?
Zum parlamentarischen Verfahren bleibt festzuhalten, dass Zum Ersten: die Änderung ohne jegliche Beratung im Plenum des Landtages erfolgen sollte.
Der Verzicht auf die öffentliche Begründung ihrer Gesetzesinitiativen in 1. Lesung ist für die Regierungskoalition inzwischen ja üblich. Wegen Zeitdrucks sollte nun aber auch die 2. Lesung wegfallen: "Abstimmung ohne Aussprache" wurde uns angetragen. Wir halten das für unangemessen! Wenn Sie, sehr verehrte Kollegen, es für überflüssig halten, über effektiven Datenschutz zu debattieren, zeigt das nur, wie stiefmütterlich Sie dieses Thema noch immer behandeln, obwohl sie ein Datenskandal nach dem anderen einholt.
Zum Zweiten: Auf unseren Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Anhörung war leider nur ein schriftliches Verfahren konsensfähig. Sechs Sachverständige – darunter Datenschutzbeauftragte anderer Länder – mahnten in ihren Stellungnahmen überwiegend ergänzende Vorschriften an, um die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten in Sachsen zu stärken. Aber alles, was den Datenschutzbeauftragten in seiner Unabhängigkeit gestärkt hätte, verweigern sie weiterhin.
Zum Inhalt des Gesetzentwurfs bleibt festzuhalten: Der aktuelle Entwurf kommt über Placebo-Gesetzgebung nicht hinaus.
Da die Staatsregierung in europafreundlicher Auslegung die Rechtsaufsicht über den Sächsischen Datenschutzbeauftragten tatsächlich nicht mehr wahrgenommen hat, tut die Streichung nicht weh, stärkt aber nicht wirklich die Stellung des Datenschutzbeauftragten.
Auf meine Mündliche Anfrage in der Plenarsitzung vom 10. Februar antwortete Innenminister Markus Ulbig, dass die Rechtsaufsicht infolge der EuGH-Entscheidung nicht mehr angewendet wird. Die Streichung der Rechtsaufsicht der Staatsregierung über den Sächsischen Datenschutzbeauftragten ist zwar nötig und zu begrüßen, bleibt insgesamt aber völlig unzureichend.
Wir fordern die Koalition daher auf, unsere Änderungsanträge anzunehmen, mit denen wir die Personalhoheit des Sächsischen Datenschutzbeauftragten stärken und ihm mehr Handlungsmöglichkeiten bei festgestellten Datenschutzverstößen einräumen wollen.
Ebenfalls schlagen wird vor, auch für sächsische Behörden eine Informationspflicht bei Datenpannen einzuführen. Diese gilt bereits für öffentliche Stellen des Bundes sowie nichtöffentliche Stellen.
Wir finden es unerträglich, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte erst aus der Zeitung von Datenpannen erfahren hat und bei der betroffenen Stelle Informationen anfordern musste. Zuletzt bei der Panne am Landgericht Dresden, als die Akkreditierungsliste mit sensiblen Daten von 100 Journalisten im El Sherbini-Prozess im Internet einsehbar war.
Der Datenschützer muss bei Verstößen die Löschung oder Sperrung der gesammelten Daten bzw. Aussetzung der Verwendung anordnen können.
Angesichts der Datensammelwut der sächsischen Polizei sollte der Landtag auch die Anordnungsbefugnisse des sächsischen Datenschutzbeauftragten über die öffentlichen Stellen verbessern.
Bisher hat der Datenschutzbeauftragte lediglich ein "Beanstandungsrecht". Was es Wert ist, haben wir in der letzten Legislatur bei der Datensammlung des Landesamtes für Verfassungsschutz gemerkt. Wenn die Rechtsauffassung von der Staatsregierung nicht geteilt wird, dann bleibt die Beanstandung eben ohne jegliche Folge: so auch bei der fehlenden Rechtsgrundlage für die PASS-Verbunddatei der sächsischen Polizei.