Johannes Lichdi: Ein Parlament, das seine Kontrollaufgabe ernst nimmt, darf sich nicht auf Ermittlungen der Staatsregierung oder der Staatsanwaltschaft verlassen, sondern muss sich ein eigenes Bild machen
Es gilt das gesprochene Wort!
(…) „Keine Pfütze“ titelte die Sächsische Zeitung am 23. Juni zu den bisherigen Ergebnissen des 2. Untersuchungsausschusses. Sie schließt sich damit der Interpretation der Koalitionsfraktionen an – durchaus ungewöhnlich für eine Presse, die sich als Wachhund verstehen sollte.
Die Koalition, also CDU und SPD, hielten die Haltlosigkeit der Gerüchte über korruptive Netzwerke bereits durch die Einstellung der staatsanwaltlichen Ermittlungen im April 2008 für erwiesen.
An dieser Stelle möchte ich betonen: ein Parlament, dass seine Kontrollaufgabe ernst nimmt, darf sich nicht auf Ermittlungen der Staatsregierung oder der Staatsanwaltschaft verlassen, sondern muss sich ein eigenes Bild machen. Dies würde selbst dann gelten, wenn wir die Ergebnisse der Staatsregierung und Staatsanwaltschaft für richtig halten würden.
Nach dem Willen der Koalition ist damit alles zu Ende. Aber was bleibt? – Jedenfalls 72 Ermittlungsverfahren gegen Beamte, Journalisten und Zeugen. Es ist aus unserer Sicht kein Zufall, dass die Staatsregierung mit den Disziplinarverfahren dem Untersuchungsausschuss wichtige Zeugen entzog.
Das Amtsgericht Dresden wird in Kürze gegen zwei Opfer schwerer sexueller Gewalt verhandeln, die Anfang der 90iger Jahre als 16-jährige Mädchen im sog. Kinderbordell Jasmin festgehalten und vergewaltigt wurden. Angeklagt wurden sie von der Staatsanwaltschaft Dresden wegen Verleumdung, das ist die Behauptung unwahrer Tatsachen wider besseres Wissen. Sie wurden im Ermittlungsverfahren gegen die Justizangehörigen im Januar 2008 als Opferzeugen vorgeladen und haben dort eine Aussage gemacht, die der Staatsanwaltschaft nicht in den Kram passte.
Ich halte es schon für mehr als ungewöhnlich und erklärungsbedürftig, dass die Staatsanwaltschaft nicht von Erinnerungslücken oder Verwechslungen ausgeht, sondern eine willentliche Falschaussage annimmt!
» Vollständiger Wortlaut als PDF zum herunterladen (2009-06-26; 140. Sitzung)