Johannes Lichdi: Erste Lesung des Gesetzes zur Genehmigungsfreiheit von Photovoltaik-Anlagen
Entwurf kann kostenträchtige und unsinnige Ungleichbehandlung von Bauherren und Solar-Anlagenbetreibern beenden
Redebeitrag des Abgeordneten Johannes Lichdi zum GRÜNEN-Entwurf „Gesetz über die Verfahrensfreiheit gebäudeintegrierter Solaranlagen“, 15. Sitzung des Sächsischen Landtages, 19. Mai, TOP 8
Es gilt das gesprochene Wort!
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!
Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf vor, bei dem die Koalition beweisen kann, ob es ihr mit dem Gerede von der Entbürokratisierung und der Förderung der Erneuerbaren Energien ernst ist oder nicht. Wir können mit diesem Gesetzentwurf die kostenträchtige und unsinnige Ungleichbehandlung von Bauherren und Anlagenbetreibern beenden.
Denn manche Baubehörden verlangen eine Baugenehmigung für Photovoltaikanlagen und manche nicht. Manche verlangen eine vereinfachte Baugenehmigung nach Paragraph §63 BauO, andere ein vollständiges Genehmigungsverfahren nach §64 BauO. Es fallen dann an Kosten die Hälfte von 6,50 Euro je 1000 Euro Investitionssumme an. Wesentlich teurer kommen unter Umständen noch Statik- und Brandschutzgutachten. Die ausgegebenen Formulare passen zu 90 Prozent nicht, da sie auf die Errichtung von Gebäuden ausgerichtet sind. Aufgrund der Unsicherheit der Baubehörden kommt es zu ständigen Nachforderungen, die die Dreimonatsfrist für eine Genehmigung hinausschieben. Dies hat zu erheblichen Verzögerungen, Kostensteigerungen, Verunsicherung und Verärgerung geführt.
Die sächsische Bauordnung sieht eine Genehmigungspflicht für Photovoltaikanlagen auf Dächern vor. Sie folgt damit der Musterbauordnung 2002 und behindert so den notwendigen schnellen Ausbau des Sonnenstroms in Sachsen. Zwar waren die Zubauzahlen 2009 sehr beachtlich, aber leider noch viel geringer als etwa in Süddeutschland – und dies hängt nicht mit der Sonneneinstrahlung zusammen.
Solaranlagen sind nach der geltenden Rechtslage nur verfahrensfrei, wenn sie „an“ Dach- oder Wandflächen sind oder Teil der „haustechnischen Ausrüstung“ sind. Mit der Formulierung „an“ schließt der Gesetzgeber aufgeständerte Anlagen von der Verfahrensfreiheit aus.
Nach der Interpretation des Innenministeriums ist eine PV-Anlage nur dann Teil der haustechnischen Ausrüstung, wenn der erzeugte Strom im Haus selbst verbraucht wird. Dagegen unterliegt eine Anlage der Genehmigungspflicht, wenn der Strom ins Netz eingespeist wird. Diese Unterscheidung ist schon physikalisch durchaus fragwürdig, denn auch der ins Netz eingespeiste Sonnenstrom wird zunächst in die Hausanlage geleitet.
Die Entscheidung über die Genehmigungspflicht an der Frage, ob der Strom eingespeist wird oder nicht ist vor dem Hintergrund des bauordnungsrechtlichen Regelungsrechts widersprüchlich. Im Bauordnungsrecht geht es um die Unterbindung und Beseitigung von Gefahren für die Öffentlichkeit und die Hausbewohner, die von baulichen Anlagen ausgehen können. Die Bauart oder die Anbringungsart einer Photovoltaikanlage hängt aber nicht davon ab, ob sie einspeist oder nicht. Es handelt sich nämlich um ein und dieselbe Anlagenart.
Dann aber kann die Frage der Genehmigungspflicht nicht an die Frage einer Einspeisung geknüpft werden. Der Eigentümer kann sich ja auch jederzeit umentscheiden, einzuspeisen oder selbst zu verbrauchen. Soll etwa nachträglich eine Genehmigungspflicht entstehen, wenn der Eigentümer vom Eigenverbrauch auf Einspeisung umstellt?
Die Unterscheidung zwischen einspeisenden und nicht einspeisenden Anlagen ist daher sachlich nicht gerechtfertigt und daher ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikel 3 des Grundgesetzes. Zudem ist sie ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Eigentümers nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, der grundsätzlich Baufreiheit genießt, die nur im begründeten Interesse des Allgemeinwohls eingeschränkt werden darf.
Unser Gesetzentwurf stellt gebäudegebundene Photovoltaikanlagen generell von der Genehmigungspflicht frei. Dies gilt auch für aufgeständerte Anlagen sowie für einspeisende Anlagen. Dies ist wahrlich keine Revolution, sondern Rechtslage in Bayern und Baden-Württemberg. Wir orientieren uns im Wortlaut an der baden-württembergischen Bauordnung, immerhin ein Land, das auch – noch – von schwarz-gelb regiert wird.
Sicherlich sind weitergehende Alternativen diskutabel. Ich denke insbesondere an eine Typengenehmigung, die auch materiellrechtliche Nachforderungen nach einer verfahrensfreien Installierung ausschließen würde. Ich habe aber Zweifel, ob der Normierungsprozess bereits weit genug vorangeschritten ist.
Ich fordere Sie auf: Behandeln Sie unseren Gesetzentwurf schnell in den Ausschüssen und stimmen Sie ihm zu. Dann hätten sie wenigstens ein bißchen echte Entbürokratisierung geschafft und ein sichtbares und wirksames Signal der Unterstützung für die sächsische PV-Branche gesendet.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.