Johannes Lichdi in der Aktuellen Debatte zu einer zukunftsfähigen Energieversorgung für Sachsen
Redebeitrag des Abgeordneten Johannes Lichdi zur Aktuellen Debatte "Bezahlbar – sicher – umweltfreundlich: Zukunftsfähige Energieversorgung für Sachsen“ (CDU/FDP) in der 44. Sitzung des Sächsischen Landtages, 23.11., TOP 2
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich gebe gern zu, dass meine Fraktion dieses Thema zunächst auch zum Thema einer Aktuellen Debatte machen wollte, und dann ist uns die Koalition zuvorgekommen. Ich muss Ihnen schon bestätigen: Sie haben es wieder geschafft, das Thema in seiner Komplexität massiv zu unterfliegen.
Ich muss Ihnen sagen: Ich halte es eigentlich fast schon für eine Frechheit, dieses sogenannte Klima- und Energieprogramm vorzulegen. Ihre Staatsminister haben es zum Glück als Entwurf gekennzeichnet, und man mag deshalb vermuten: Vielleicht sollen daran noch Verbesserungen vorgenommen werden. Aber nach den Beiträgen der Redner der Koalition habe ich wenig Hoffnung. Herr Hauschild, das war wieder einmal eine veritable Drohung gegenüber den sächsischen Solarunternehmen, wenn Sie an der EEG-Umlage herumschrauben wollen. Der Versuch der Begründung war wieder mit den üblichen falschen Versatzstücken versehen, und Herr von Breitenbuch, genau das ist eben der Grundfehler Ihrer Klima- und Energiepolitik, dass Sie glauben, Sie könnten Klima- und Energiepolitik trennen. Das haben Sie noch einmal ausdrücklich gesagt.
Diese beiden Teile sind nicht trennbar, und ich wiederhole es gern: Eine moralisch verantwortliche Energiepolitik ist nur unter dem Vorzeichen eines wirksamen Klimaschutzes überhaupt noch vorstellbar, und, Herr von Breitenbuch, ich kann mir vorstellen, dass Sie die aktuellen wissenschaftlichen Ergebnisse einfach nicht verfolgen. Aber vielleicht ist Ihnen auch zu Ohren gekommen, dass der IPCC, also der UN-Weltklimarat, Anfang Oktober eine neue Studie herausgegeben hat, die beschreibt, wie die extremen Wetterereignisse weltweit weiter zuschlagen werden, und zwar in gehöriger Art und Weise: Die Wirbelstürme in der Karibik werden zunehmen, die Amerikaner werden ein Problem haben und natürlich werden die Inseln weiter untergehen. Die Gletscher wird es nicht mehr geben und die Arktis ist praktisch schon eisfrei — mittlerweile über mehrere Wochen hinweg. Dies alles sind unübersehbare Zeichen eines sich beschleunigenden Klimawandels. Wenn Sie sich dann hier herstellen und sagen: Das interessiert mich aber gar nicht, ich spreche hier von meinen alten Versatzstücken — sicher bezahlbar —‚ dann treffen Sie die Probleme nicht im Mindesten.
Was haben wir erlebt, seitdem die Bundesregierung bzw. der Deutsche Bundestag einen Ausstiegsplan aus der Atomenergie beschlossen hat? Ihre Regierung hatte nichts Eiligeres zu tun,als eine Renaissance der Braunkohle vorzunehmen. Der Herr Ministerpräsident hat es sich nicht nehmen lassen, in einer ganzen Abfolge von Konferenzen nun diesen Tod der Braunkohle wiederzubeleben und Wiederbeatmungsversuche zu machen. Darüber kann auch die Hochrangigkeit der Konferenzen, beispielsweise mit Herrn Neöas aus der Tschechischen Republik, nicht hinwegtäuschen.
Ich fand es sehr interessant, was Herr Losset, der Chef des Vattenfall-Konzerns — vor zwei Monaten war es, glaube ich —‚ in Stockholm gesagt hat. Er hat ein Interview gegeben und gesagt: Wir müssen überlegen, ob wir nicht auch in Deutschland unsere Kohlenkraftwerke schließen oder abstoßen.
Natürlich wurde das in Deutschland gleich dementiert, und es wurde hier von den Medien auch nicht sehr weit aufgenommen. Aber wenn man sich ein wenig mit der Konzernstrategie von Vattenfall beschäftigt, dann wird es schon spannender. Vattenfall hat im Jahr 2010 für sich beschlossen — es ist ein schwedischer Konzern, der nicht nur in Deutschland tätig ist —‚ dass sie bis zum Jahr 2050 konzernweit C02-frei produzieren woIlen.
Jetzt muss man einmal schauen: Wie hoch sind die Konzernemissionen von Vattenfall? Sie liegen bei 90 Millionen Tonnen C02-Emission konzernweit. Von diesen 90 Millionen sind ungefähr knapp 70 Millionen in Deutschland, und Vattenfall hat sich das Ziel gesetzt, sie bis zum Jahr 2020 um 30 % zu senken. Nun frage ich Sie: Glauben Sie allen Ernstes, dass Vattenfall davon absehen wird, wenn der C02-Handel zuschlägt und sich die öffentliche Kritik mehren wird, in Ostdeutschland Kohlenkraftwerke zu schließen?
Wer das tatsächlich glaubt, der lügt sich in die Tasche und verkennt die Interessen, die der schwedische Staatskonzern Vattenfall hat.
Nein, meine Damen und Herren, das, was Sie hier als sogenanntes Klima-Energie-Programm vorlegen, ist nur das Dokument Ihres Starrsinns. Es ist nicht im Entferntesten geeignet, die Probleme der Klima- und Energiepolitik in Sachsen zu lösen. Deswegen kann ich Ihnen nur raten: Zerknüllen Sie das Ding und werfen Sie es in den Papierkorb.
Vielen Dank.