Karl-Heinz Gerstenberg: Ihre Vorhaben zielen in die richtige Richtung, aber Sie stehen in Gefahr, zu einer Ankündigungsministerin zu werden, die mit ungedeckten Schecks arbeitet

Es gilt das gesprochene Wort!
(…) „Kulturland Sachsen“ – gern schmückt sich der Freistaat mit diesem selbst gewählten Beinamen, immer wieder taucht er in den so genannten Sonntagsreden auf, auch wenn mittlerweile kein Wochentag davor sicher ist. Und das durchaus zu recht. Unser Kulturland besitzt eine herausragende Tradition als Heimat hervorragender Künstler und ist eine Hochburg künstlerischer Leistungen in der Gegenwart. Sachsen wäre tatsächlich ohne seine Kultur nur die Hälfte wert. (…)
So bemerkenswert es ist, dass die Restaurierung von Schloss und Zwinger vorangeht, so unverständlich ist die kontraproduktive Personalpolitik. Was nützt die schönste Hülle, wenn die Museen in ihr die Arbeit mangels Personal nicht in der notwendigen Qualität leisten können – sei es die Steigerung der Besucherzahlen durch attraktive Sonderausstellungen, seien es anspruchsvolle museumspädagogische Aufgaben oder gar die Restaurierungsarbeiten.
An der Finanzierung scheitert auch die vernünftige Arbeit im Sächsischen Industriemuseum. Was nützt ein neuer wissenschaftlicher Beirat, der die Industriekultur auf solide theoretische Füße stellen soll, wenn unter den Füßen kein sicherer finanzieller Grund ist. Die jährliche Abschmelzung der Mittel um sieben Prozent macht den Museumsverbund nach und nach arbeitsunfähig, Sie alle kennen dazu die aktuellen Botschaften. Und ich kann einfach nicht akzeptieren, wenn sich CDU wie SPD mit den Aussagen des Koalitionsvertrages herausreden, der diese Abschmelzung nun mal unabänderlich festschreibe. Als ob dies höhere Gewalt sei! (…)
Wir setzen uns dafür ein, dass das Thema Kulturelle Bildung endlich die Bedeutung bekommt, die es verdient und sich nicht im Aufbau von Doppelstrukturen und interministeriellen Arbeitsgruppen verausgabt, dass Museums- und Theaterbesuche von Schulklassen nicht am Geld für den Bus scheitern. Wir hoffen, dass die Staatsregierung nicht denkt, damit einen Haken an das Thema Kulturelle Bildung machen zu können. Für uns sind in dieser Hinsicht Bibliotheken ein entscheidendes Instrument. Die Schlüsselkompetenz Lesen ist Wegbereiter zu jedem anderen Kultur- und Bildungsgenre.
Meine Damen und Herren,
Kunst und Kultur sind das Lebenselixier, das Kreativität, Offenheit und Toleranz, Kommunikation und Identität fördert. Ohne Kultur wäre Sachsen nur die Hälfte wert – diese arme Hälfte will ich mir gar nicht vorstellen. Mit seiner reichen Kultur gewinnt Sachsen Identität und Zukunftsfähigkeit in Zeiten des Wandels.
» Redemanuskript als PDF (2009-06-25, 139. Sitzung)