Karl-Heinz Gerstenberg: Zukunft der Landesbühnen wird von Staatsregierung in Frage gestellt
Zukunft der bedeutenden und qualitativ hochwertigen kulturellen Angebote der Landesbühnen wird in Frage gestellt
Redebeitrag des Abgeordneten Karl-Heinz Gerstenberg zum Antrag „Konzept zur Umstrukturierung und Profilierung der Landesbühnen Sachsen“ in der 40. Sitzung des Sächsischen Landtages, 14.09., TOP 10
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben hier bereits mehrfach das Prinzip beklagt, nach dem die Staatsregierung im Fall der Landesbühnen Kulturpolitik betreibt: Augen zu und durch! – und das ohne Rücksicht auf Verluste!
Leider ist keine Besserung in Sicht. Die Umstrukturierung der Landesbühnen Sachsen soll im Galopp durchgedrückt werden, das Ergebnis ist jedoch vollkommen ungewiss. Dadurch wird die Zukunft der bedeutenden und qualitativ hochwertigen kulturellen Angebote der Landesbühnen in Frage gestellt – und auch die Arbeitsplätze des Personals werden aufs Spiel gesetzt.
Mit dem Ende Juni vorgelegten Konzept des SMWK ist die Umstrukturierung der Landesbühnen alles andere als in trockenen Tüchern. Im Gegenteil, es wirft neue Fragen auf, wie sie jüngst in großer Zahl vom Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge formuliert wurden.
Das Konzept ist aus Sicht der GRÜNEN-Fraktion in vielfacher Hinsicht unzureichend. Es beschreibt die formalen Vorgänge, die für die Überführung der Landesbühnen in eine private Trägerschaftsform notwendig sind – kulturpolitisch durchdacht ist es jedoch nicht.
Das Grundproblem besteht darin, dass es seiner eigenen Anlage, dem von den Landesbühnen formulierten inhaltlichen Konzept „Mobiles Theater für Sachsen“, nicht gerecht wird. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn zuerst ein verringerter Zuschussbetrag im Landeshaushalt beschlossen wird und dann die Überlegungen beginnen, was sich denn damit künstlerisch machen lässt.
So beharrt das SMWK im Widerspruch zu allen Expertenaussagen auf nur 72 Vollzeitstellen für die neue Orchester GmbH. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir wissen was das bedeutet: Die bisherigen Angebote im Bereich Musiktheater, die Konzerte sowie die musikpädagogische Arbeit müssen erheblich eingeschränkt werden.
Das neue Aufgabenprofil für die Landesbühnen betont insbesondere die mobilen Aufführungen in anderen ländlichen Kulturräumen. Wie das mit einem extern eingekauften, dezimierten Orchester bewerkstelligt werden soll, bleibt völlig unklar. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Initiative des Landkreises Meißen zur Aufstockung auf 86 Orchesterstellen. Jetzt ist der Freistaat gefordert, die zusätzliche Finanzierung mit abzusichern.
Das Konzept des SMWK sieht auch vor, dass der Zuschuss, den der Freistaat über die Theater-GmbH an die Orchester-GmbH zahlt, bei 2,1 Millionen Euro gedeckelt wird. Es bleibt unklar, wie künftige Kostensteigerungen aufgefangen werden sollen. Soll dann nur noch ein Kammerorchester spielen oder soll die kommunale Seite die Mehrkosten allein tragen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Zentrum der Diskussion steht nicht zufällig das Orchester. Auch wenn die sträfliche Zerschlagung des Orchesters der Landesbühnen besiegelt wurde, gibt es dennoch Handlungsspielraum, um den Übergang der Beschäftigten vom Freistaat zum privatrechtlichen Träger zumindest sozialverträglich zu gestalten.
Die Gewerkschaften fordern zu Recht eine faire Lösung über Personalübergangsverträge. Das SMWK jedoch blockiert und besteht auf der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestregelung eines Betriebsübergangs, der den Musikern aber keinerlei Sicherheit für den Fall einer Insolvenz bietet.
Seit gestern sieht es so aus, als ob Gespräche mit der Deutschen Orchestervereinigung in Gang kommen könnten. Wenn es aber nicht zu Verhandlungsergebnissen kommt, wenn dann die Rahmenvereinbarung zwischen NOVUM GmbH, Kulturraum und Freistaat platzt, dann droht der Freistaat unweigerlich mit Kündigungen. Das erpresserische Vorgehen wird also unbeirrt fortgesetzt.
Werte Damen und Herren von der CDU/FDP-Koalition, das ist das Ergebnis ihrer Haushaltsbeschlüsse. Sie haben die Entlassung der Landesbühnen aus der Trägerschaft des Freistaates beschlossen, sie haben auch die Kulturraummittel um 3,7 Millionen beschnitten und dadurch weitere Kultureinrichtungen in Sachsen in Gefahr gebracht. Sie tragen jetzt auch die Verantwortung für die Folgen ihrer Beschlüsse!
Sehr geehrte Frau Staatsministerin von Schorlemer, auch Ihr Ministerium muss seine Verantwortung für die Beschäftigten des Staatsbetriebes Landesbühnen wahrnehmen, statt einfach auf die Novum GmbH als zukünftige Arbeitgeberin zu verweisen. Sie handeln offensichtlich nach dem Spardiktat von Finanzministerium und CDU/FDP-Koalition. Durch das riskante wie brachiale Vorgehen bei der Umstrukturierung der Landesbühnen wird mit Sicherheit Schaden für die sächsische Musik- und Theaterlandschaft eintreten. Ich fordere Sie auf: Nutzen Sie alle ihre Steuerungsmöglichkeiten, um diesen Schaden zumindest zu begrenzen!