Karl-Heinz Gerstenberg zur Aktuellen Debatte über Eintritt in den Pillnitzer Park
Es ist ein jahrhundertealtes Recht, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes freien Eintritt zu ihren Parks und Gärten haben. Das galt schon zu Königs Zeiten
Redebeitrag des Abgeordneten Karl-Heinz Gerstenberg zur Aktuellen Debatte "Kein Eintrittsgeld in den Schlosspark Pillnitz – Schlösser, Burgen, Gärten als Staatsbetrieb erhalten: Privatisierung und Kommerzialisierung verhindern!" (SPD, LINKE) in der 48. Sitzung des Sächsischen Landtages, 25.01., TOP 4
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Kollege Zastrow, Sie sollten aufpassen, wer sich hier lächerlich macht. Ich schätze Politiker, die mit kühlem Kopf und mit heißem Herzen agieren, aber ein biegsames Rückgrat und eine flinke Zunge allein – das ist zu wenig.
Sie haben 2005 ganz klare Worte gebraucht, wie auch Kollege Herbst: Keine Eintrittsgelder ohne Wenn und Aber! Ich habe ehrlich gehofft, Sie stehen dazu. Sie stehen heute hier als Wortbrüchiger.
Mir könnte die FDP egal sein, aber es ist nicht nur Ihr Problem. Politik braucht nach meiner Überzeugung Redlichkeit und Verlässlichkeit. Ihr Prinzip: "Was schert mich mein Geschwätz von gestern?" bringt die Politik insgesamt in Verruf.
Kommen wir zu Pillnitz. Ich glaube, nicht nur ich und meine Fraktion, sondern alle Fraktionen haben eine hohe Wertschätzung für das Gartendenkmal Pillnitz. Wir haben auch eine hohe Wertschätzung für die Arbeit der Menschen im Staatsbetrieb Schlösser, Burgen und Gärten. Das dürfte unbestritten sein. Es ist dadurch ein Gesamtkunstwerk von internationalem Rang entstanden, das Natur und menschliche Gestaltungskraft vereint.
Aber warum nimmt die Staatsregierung, die Koalition ihre Verantwortung für dieses Gesamtkunstwerk nicht wahr? Warum kürzt sie die laufenden Zuschüsse um eine halbe Million Euro, die Investitionen gar um 1,2 Millionen Euro? Ich kann darin nur ein Zeichen der Geringschätzung sehen. Das wird doch nur noch durch den Versuch übertroffen, dieses Versagen durch das nackte Abkassieren der Bürgerinnen und Bürger auszugleichen.
Die Pillnitzerinnen und Pillnitzer haben ein Motto: Freier Park für freie Bürger! – ein gutes Motto. Freie Menschen – auch in Lichtenau, auch in Großsedlitz – brauchen auch freien Eintritt in ihre Parks.
Wir haben in Pillnitz eine besondere Lage. In Pillnitz ist der Park historisch in den Ort hineingewachsen. Er ist jetzt Teil des Ortskerns und dort gehen die Arbeits- und Einkaufswege hindurch. Das ist eine Situation, die kein anderer Park hat.
Wir haben in Pillnitz wie am Elbhang insgesamt ein besonderes bürgerschaftliches Engagement. Das ist beispielhaft dokumentiert im Wiederaufbau der Weinbergkirche, und der Versuch des Direktors von Schlösser, Burgen und Gärten, diese kritischen Aktiven mit freiem Eintritt in den Schlosspark Pillnitz zu bestechen, ist beschämend und einfach peinlich.
In Pillnitz gibt es einen Park, der den Ortskern bestimmt, und es gibt eine Straße, die über den Berg um den Park führt. Die Beziehungen des Ortsteiles links und rechts des Parks führen dazu, dass der Weg zum Bäcker zum Beispiel – den kennen Sie wahrscheinlich – quer durch den Park führt. Es gibt auch andere Beziehungen, Wege die zu den Gastronomen führen. Es ist doch kein Zufall, dass die Gastronomen und die Gewerbetreibenden vor Ort ernsthafte Sorgen und Ängste haben, diese auch laut und deutlich artikulieren, dass ihnen Kundschaft verlorengeht.
Was als „Dresdner Weg" von Schlösser, Burgen und Gärten apostrophiert wird, dass nämlich die Bürgerinnen und Bürger künftig mit ihren Eintrittsgebühren einen Beitrag leisten können oder dürfen, wird zu Recht als Verhöhnung empfunden. Ich sehe in diesem Dresdner Weg einen Irrweg und eine Täuschung.
Es ist ein Irrweg, denn auf der erwähnten Bürgerversammlung wurde klar und deutlich gesagt und das bringt es gut zum Ausdruck: Es geht hier nicht um zwei Euro, es geht um das Prinzip. Es geht um das Prinzip, dass es ein jahrhundertealtes Recht ist, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes freien Eintritt zu ihren Parks und Gärten haben. Das galt schon zu Königs Zeiten. Winckelmann konnte 1749 bereits schreiben: «Alle königlichen Gärten sind öffentlich und dienen aller Welt zur Promenade.»
Dieses uralte Recht wird der Kommerzialisierung aller Lebenssphären geopfert, und das führt natürlich auch zu einer sozialen Trennung. Denn der Pillnitzer Park – machen Sie sich doch nichts vor – wird künftig nicht mehr allen, aller Welt zur Promenade dienen. Auch niedrige Gebühren sind bereits eine Barriere, das wissen alle, die sich mit Politik und Eintrittsgeldern beschäftigen. Arbeitslosenempfänger, aber auch die jungen Rucksacktouristen aus Osteuropa zum Beispiel werden künftig draußen bleiben.
Dieser sogenannte Dresdner Weg ist eine Täuschung, Kollege Zastrow. Sie fangen mit 2 Euro an, und Herr Striefler sagt: Es wird nicht erhöht werden. Schauen wir doch nach Großsedlitz; es ist schon gesagt worden. Dort hat sich der Eintritt bereits verdoppelt. Wir haben einen gekürzten und geregelten Landeszuschuss für Schlösser, Burgen und Gärten. Wir haben aber – das war deutlich zu hören – als Begründung für die Eintrittserhebung die ständig steigenden Kosten. Das heißt also, bei ständig steigenden Kosten müssen künftig bei einem gedeckelten Landeszuschuss ständig steigende Eintrittsgelder erhoben werden. – Darin steckt die Lüge, die Sie hier verbreiten.
Aus meiner Sicht gibt es deshalb heute wie 2005 nur eine Aussage: Kein Eintritt für den Schlosspark Pillnitz. Herr Staatsminister Prof. Unland, ich habe nur noch einen Wunsch: Nehmen Sie das Gesprächsangebot der Bürgerinnen und Bürger ernst, nehmen Sie es an, sprechen Sie mit ihnen, handeln Sie mit ihnen und nicht gegen sie. Dieser Eintritt muss abgeschafft werden!