Datum: 24. Juni 2025

Kinder- und Jugendbeteiligung – Melcher: Junge Menschen wissen selbst am besten, was sie betrifft

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion BÜNDNISGRÜNE: „Kinder und Jugendliche ernst nehmen – Beteiligung junger Menschen in Sachsen stärken“ (Drs 8/2914)

15. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Dienstag, 24.06.2025, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen

stellen Sie sich ein Kind vor, das heute 14 Jahre alt ist. Dieses Kind wird 2040 mitten im Berufsleben stehen. Und es wird mit den Folgen unserer heutigen Politik leben müssen.

Und genau deshalb frage ich Sie: Warum lassen wir junge Menschen heute nicht mitentscheiden, wenn es doch ihre Zukunft ist, über die wir hier im Hohen Haus reden?

Die UN-Kinderrechtskonvention sagt klar: Kinder haben das Recht, gehört zu werden. Nicht irgendwann, sondern immer dann, wenn es um sie geht. Dieses Recht ist kein schönes Extra für Wahlprogramme es ist verbindlich. Und es ist höchste Zeit, dass wir es auch in Sachsen umsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Kinder und Jugendliche wollen mitreden. Sie wollen mitgestalten. Und sie können das auch wenn wir ihnen zuhören.

Und liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir wollen, dass junge Menschen Demokratie ernst nehmen, dann müssen wir sie auch ernst nehmen. Und zwar dort, wo sie jeden Tag sind: in der Schule, in der Kita, im Jugendclub.

Dort muss Beteiligung konkret und verbindlich gemacht werden mit festen Gremien, demokratischer Bildung und mit Formaten, bei denen Kinder nicht nur zuhören, sondern wirklich auf Augenhöhe mitentscheiden können.

Denn Beteiligung beginnt zwar im Klassenzimmer, aber sie endet eben nicht am Schultor. Kinder und Jugendliche brauchen Mitbestimmung nicht nur in der Schule, sondern auch in der Kommune, in der Jugendhilfe, in der Landespolitik.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
aber: Was erleben junge Menschen stattdessen? Dass ihre Meinung in Schulkonferenzen kaum Gewicht hat. Dass Beteiligung eben nur heißt: „Ihr dürft euch eine Farbe für den neuen Pausenhof aussuchen“.

Ganz ehrlich. Das reicht nicht. Beteiligung darf kein Zufallsprodukt sein. Sie muss verbindlich, niedrigschwellig und altersgerecht gestaltet sein. Und zwar überall und nicht nur dort, wo gerade engagierte Erwachsene ein Herz für Jugendbeteiligung haben.

Dafür braucht es Strukturen, klare gesetzliche Grundlagen und Unterstützung überall dort, wo junge Menschen Leben.

Deshalb fordern wir BÜNDNISGRÜNE:
Als erstes: Beteiligung muss verbindlich werden – überall im Land. Dafür muss § 47a der Gemeindeordnung von einer Soll- zu einer Muss-Bestimmung angepasst werden.

Des Weiteren braucht es ein Landeskonzept für Jugendbeteiligung, das gute Beispiele verstetigt, Standards schafft und echte Strukturen auf Augenhöhe aufbaut, mit jungen Menschen selbst am Tisch.

Es braucht Mitbestimmung in der Schule – nicht als Alibi, sondern gelebte Demokratie. Dazu gehören: Verbindliche Mitbestimmung durch Schülervertretungen, durch Klassenräte, durch echte Mitsprache bei Schulentwicklung. Das muss Standard sein, nicht Ausnahme.

Wichtig ist auch, dass Demokratiebildung Pflichtprogramm wird. In der Schule, in Kitas, in die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften und Fachpersonal – digital und lebensnah.

Unser Antrag fordert weiter ein Jugend-Check für alle Gesetze auf Landesebene. Damit jedes neue Gesetz geprüft wird: Was bedeutet es für junge Menschen? Werden sie berücksichtigt? Oder geht es an der Lebensrealität junger Menschen vorbei?

Und zu guter Letzt braucht es regelmäßige Berichterstattung an den Landtag. Damit wir als Parlament auch wirklich wissen, wie es um die Beteiligung im Land steht. Wo klappt es und wo wir nachsteuern müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
junge Menschen wissen selbst am besten, was sie betrifft. Also holen wir sie endlich an den Tisch – nicht symbolisch, sondern mit echter Mitbestimmung.

Denn Beteiligung ist kein Luxus. Sie ist die Grundlage unserer Demokratie. Und wer heute Kindern nicht zuhört, wird morgen Bürger*innen erleben, die uns gar nicht mehr zuhören wollen.

Wer früh lernt, dass die eigenen Stimme zählt, bleibt der Demokratie verbunden. Und genau das brauchen wir. Gerade in Zeiten, in denen demokratische Institutionen in Sachsen unter Druck stehen.

Kinder und Jugendliche haben nicht nur ein Recht auf Beteiligung, sie haben etwas zu sagen. Geben wir ihnen endlich die Stimme, die ihnen zusteht. Und nehmen wir sie endlich ernst.

Vielen Dank!