Kommunale Finanzierung – Schubert: Wir müssen dafür sorgen, dass die Kommunen auch gestalten können
Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Wer bestellt, bezahlt: Vollständige Kostenübernahme des Bundes bei Aufgabenübertragungen auf die Kommunen garantieren!“ (Drs 8/1862)
15. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Dienstag, 24.06.2025, TOP 5
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin seit vielen Jahren Kreisrätin im Landkreis Görlitz. Und seit ebenso vielen Jahren begleitet mich eine Realität, die in der kommunalen Ebene jeden Tag spürbar ist: die strukturelle Unterfinanzierung unserer Kommunen – insbesondere im Bereich der sozialen Leistungen.
Die Herausforderungen heißen Wohngeldreform, Bundesteilhabegesetz, Hilfen zur Pflege, Hilfen zur Erziehung – das alles sind zentrale gesellschaftliche Aufgaben, die auf den Schultern der Landkreise und Städte lasten. Doch: Die finanziellen Mittel, um diese Aufgaben angemessen zu erfüllen, folgen seitens des Bundes nicht im ausreichenden Maß.
Sachsen wird immer älter, die Sozialstrukturen sind über Jahrzehnte gewachsen und verfestigt. Die Sozialausgaben steigen stetig, und sie treffen unsere Kommunen dort, wo ohnehin der Spielraum immer enger wird. Es sind aber nicht mehr nur unsere Landkreise, sondern mittlerweile auch die Kreisfreien Städte, die finanziell ins Straucheln kommen. Trotz des letzten Rettungspakets des Landes im Jahr 2023 seitens des Freistaats bleibt die Lage angespannt – nicht zuletzt wegen der aktuellen Steuerschätzung. Kurzfristige Finanzhilfen aus dem Landeshaushalt sind in dieser Lage kaum realistisch.
Und was passiert nun auf Bundesebene? Mit dem sogenannten „Investitionsbooster“ sollen Impulse gesetzt werden – sie führen jedoch auch zu Mindereinnahmen. Die Arbeitsgruppe, die dazu getagt hat, um eine Idee zu entwickeln, wie man das kompensieren könnte, hat gestern Nacht ein Ergebnis gebracht.
Die Frage der Sozialausgaben bleibt dabei bislang außen vor. Das ist ein Versäumnis. Es braucht dringend eine Verständigung, wie Bund, Länder und Kommunen die Lasten anders teilen und dabei klarer den Bedarfen gerecht werden – gerade bei dauerhaft übertragenen Aufgaben. Unsere Erwartung an die sächsische CDU und sächsische SPD möchte ich daher klar formulieren: Wirken Sie in der Bundesregierung darauf hin, dass genau hier nachgesteuert wird! Im kommenden Koalitionsausschuss sollte es dazu ein Bekenntnis abgeben.
Für uns BÜNDNISGRÜNE ist klar: Wenn der Bund Aufgaben überträgt oder neue Standards setzt, dann muss er diese auch vollständig finanzieren – dauerhaft, verlässlich und gesetzlich abgesichert. Es ist das Konnexitätsprinzip, das gilt – und das muss auch gelebt werden!
Was es braucht, ist ein kooperativer, systemischer Blick auf die kommunalen Sozialausgaben. Der Antrag der Linksfraktion bringt wichtige Punkte auf den Tisch. Die Koalition hat dazu einen Änderungsantrag vorgelegt. Er betont die Rolle des Landes im föderalen System und verweist auf eine Reformkommission – auch das ist richtig.
Als BÜNDNISGRÜNE wollen wir darüber hinausgehen: mit einer niedrigschwelligen, datengestützten Auswertung bestehender Prozesse und einem echten Austausch zwischen Land und Kommunen. Gute Lösungen entstehen dort, wo wir voneinander lernen, wo wir gelingende Modelle erkennen und skalieren. Das heißt, auch landesseitig haben wir Hausaufgaben.
Wir fragen deshalb an dieser Stelle nach, denn auf meine Kleine Anfrage diesbezüglich an das Finanzministerium gab es keine Antwort: Mit dem kommunalen Rettungspaket aus 2023 gab es eine Vereinbarung zwischen Land und kommunaler Familie – eine vergleichende Analyse der Sozialausgaben zwischen den sächsischen Kommunen sollte erstellt werden. Liegt die denn mittlerweile vor? An wen wurde sie beauftragt? Wann bekommt der Landtag sie zur Kenntnis? Die Ansage Richtung Bund ist richtig, dennoch gehören die kommunalen Finanzen in Sachsen auch geordnet und die Datenbasis verbessert. Genauso notwendig ist der Blick auf die massiv angestiegenen KSV-Umlagen. Da bin ich gespannt, mit welcher Tatkraft hier mal Handlungen in Gang gesetzt werden.
Wir unterstützen den Änderungsantrag der Koalition und auch den Antrag der Linksfraktion in seiner Zielrichtung. Denn: Wer Aufgaben überträgt, muss sie auch bezahlen. Daran muss man alle Ebenen erinnern. Für eine starke kommunale Selbstverwaltung – und lebenswerte Kommunen, die auch gestalten können.