Landarztgesetz – Kuhfuß: Antrag der AfD lässt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie außer Acht
Redebeitrag der Abgeordneten Kathleen Kuhfuß (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion AfD: „Sächsisches Gesetz zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Bereichen besonderen öffentlichen Bedarfs (Sächsisches Landarztgesetz – SächsLAG)“ (Drs 7/1941)
37. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 30.09.2021, TOP 4
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
um es vorweg zu nehmen, die BÜNDNISGRÜNE-Fraktion wird diesen Antrag ablehnen. Auch, weil im nächsten Tagesordnungspunkt der Koalitionsantrag zur Stärkung der ärztlichen Versorgung mit deutlichem Unterschied zu diesem Antrag behandelt wird.
Lassen Sie mich drei Unterschiede skizzieren:
1.) Die AfD-Fraktion möchte mit diesem Antrag die hausärztliche Versorgung im ländlichen Raum verbessern. Diese Zielsetzung verfolgt aber nur einen Teil der drohenden Unterversorgung im ärztlichen Bereich. Es besteht nicht nur in der Allgemeinmedizin Bedarf zu handeln, sondern auch in anderen fachärztlichen Gebieten, wie beispielsweise in der Kinder-und Jugendmedizin oder in der Augenheilkunde. Ebenfalls greift der Antrag zu kurz, in dem er sich auf die ländlichen Regionen bezieht. Es gibt bereits auch Stadtgebiete, in denen sich Vertragsarztsitze schwer nachbesetzen lassen. So, dass dieser Antrag die Situation nicht umfassend abbildet.
2.) Bei der Vergabe der Medizinstudienplätze sind bis zu 20 Prozent der Plätze vorab reserviert, die sogenannte Vorabquote. Diese Vorabquote wird nach verschiedenen Kriterien in Unterquoten aufgeteilt, u.a. Unterquoten an Staatenlose, Menschen mit beruflicher Bildung ohne Hochschulzulassung, Menschen, für die eine Ablehnung eine besondere Härte bedeutet und so weiter. Dadurch sind bereits 12,7 Prozent der Studienplätze vorab reserviert. Im Antrag der AfD ist eine Vorabquote für die Humanmedizin von 7,3 Prozent vorgesehen, damit sind die 20 Prozent der reservierten Studienplätze (12,7 +7,3) ausgeschöpft. Es würde keinen Spielraum mehr für die Etablierung möglicher weiterer Quoten von besonderem Interesse geben.
3.) Das Auswahlverfahren für die Studienzulassung soll nach dem Entwurf der AfD sich nach der Motivation und persönlichen Eignung zur hausärztlichen Tätigkeit richten. Ein derartiges Verfahren entspricht nicht den Anforderungen, die mit dem Bundesverfassungs-Urteil vom 19. Dezember 2017 festgeschrieben sind. Demnach ist ein standardisiertes, transparentes, strukturiertes Auswahlverfahren vorzunehmen. Subjektive Elemente wie Motivation sind nicht überprüfbar. Die Kriterien bei der Vergabe von knappen Studienplätzen müssen sich auf die Eignung beziehen und die Kriterien dürfen nicht gleichrangig herangezogen werden. Die AfD hat die Argumente der Sachverständigen aus der öffentlichen Anhörung zum Auswahlverfahren nur mühsam aufgenommen und grundsätzlich missinterpretieren sie die Ausführungen der Sachverständigen.
Eine strukturierte Evaluation zur Umsetzung, Wirkung und Bewerberauswahl sieht der Gesetzesentwurf der AfD nicht vor. Wichtige zu überprüfende Punkte wie die Steuerung der Bewerbungen um Vertragsarztsitze und die Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen sind nicht benannt. So können keine Schlussfolgerungen zu weiteren Steuerungsmaßnahmen getroffen werden.
Vollkommen außer Acht lässt der Antrag der AfD die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch in der vertragsärztlichen Tätigkeit darf die Lebenswirklichkeit von Familien nicht unberücksichtigt bleiben. So müssen auch im Sinne von Geschlechtergerechtigkeit Ärzte und Ärztinnen die Möglichkeit haben, aus sozialen, familiären und gesundheitlichen Gründen ihre Tätigkeit in Teilzeit auszuüben.
Wir BÜNDNISGRÜNEN lehnen diesen Antrag daher ab.