Leistungsstand im Bildungsbereich – Melcher: Wir müssen den gesamten Lernprozess in den Blick nehmen

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD „Bildung ist kein Glücksspiel! Leistungsstand erfassen, Rückstände aufholen und eine gesunde Entwicklung unserer Kinder zulassen“ Drs 7/5740
26. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 25.03.2020, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren der AfD-Fraktion,

Sie machen in Ihrem Antrag viele wichtige Punkte auf. Wo es jedoch um Lösungen geht, wird es dünn. Da werden Maßnahmen gefordert, die längst umgesetzt werden; da wird die Pandemie mal zum Grundübel erklärt, mal wird sie glattweg ignoriert; da wird spekuliert, das man nur staunen kann, wo Sie Ihre Wahrheiten hernehmen.

Natürlich: Die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf alle Lebensbereiche und alle Menschen. Wie diese konkret aussehen, zeichnet sich nach und nach ab. Sie sprechen von „nachhaltigen Auswirkungen auf das spätere Berufsleben und das Erwerbseinkommen der Absolventen“, ohne dass es dafür irgendeinen Beleg gebe. Ich jedenfalls werde mich an solchen Spekulationen nicht beteiligen.

Wichtig ist, den Abschlussklassen jetzt faire und bundesweit vergleichbare Abschlüsse zu ermöglichen. Genau deshalb waren die Abschlussjahrgänge aller Schularten die ersten, die wieder in die Schulen geholt wurden. Es wurde ein ganzes Maßnahmebündel geschnürt, um drohende Nachteile auszugleichen. Es werden mehrere Prüfungstermine angeboten, Prüfungsinhalte werden reduziert, es wird zusätzliche Arbeitszeit eingeräumt. Eine angemessene Prüfungsvorbereitung ist – auch unter diesen erschwerten Bedingungen – möglich. Den Antrag der AfD braucht es dafür nicht.

Interessanter ist die Debatte, wie es mit dem Unterricht in den kommenden Schuljahren weitergehen soll. Hier wird offenbar, was der AfD wirklich wichtig ist – und was nicht. Während der Ausfall in den Fächern Mathematik und in den naturwissenschaftlichen Fächern als „besonders dramatisch“ bezeichnet wird, sind Gemeinschaftskunde, Ethik und Religion aus ihrer Sicht offenbar entbehrlich. Die AfD macht keinen Hehl daraus, was sie von politischer Bildung hält, ich erinnere an das Unwort „Staatsbürgerkunde 2.0.“.

Wir BÜNDNISGRÜNE sind hier bekanntermaßen dezidiert anderer Auffassung. Es braucht mehr politische, demokratische Bildung, nicht weniger. Daran hat im Übrigen die Pandemie nichts geändert – das Gegenteil ist der Fall.

Thema Schwimmunterricht: Das Problem ist in der Tat virulent. Der Schwimmunterricht kann schon das zweite Jahr in Folge nicht oder nicht im vollem Umfang stattfinden. Tausende Kinder bleiben deshalb bis auf Weiteres Nicht-Schwimmer. Das erfüllt uns mit Sorge. Genau deshalb hat das Kultusministerium bereits im vergangenen Jahr eine sogenannte Task Force Schwimmen einberufen. Diese hat Empfehlungen erarbeitet, wie die Ausfälle kompensiert werden können.

Die AfD hat offenbar den zentralen Punkt nicht verstanden, deshalb folgender Hinweis: Schwimmunterricht und Schwimmkurse scheitern derzeit nicht an fehlendem Begleitpersonal.
Sie scheitern daran, dass die Bäder, auch die Freibäder, geschlossen sind. Auch hier liefert Ihr Antrag also keinen substantiellen Beitrag zur Lösung des Problems.

Erlauben Sie mir zuletzt noch den Hinweis, dass auch der Kerninhalt des Antrags völlig verkürzt gedacht ist. Für die AfD sind Lernstandsanalysen nichts anderes als Vergleichsarbeiten. Das ist zu kurz gesprungen. Eine Lernstandsanalyse nimmt den gesamten Lernprozess in den Blick. Dabei müssen zwingend auch die Lernausgangslagen berücksichtigt werden. Ziel ist es, das Lernen der Kinder und das Handeln der Pädagoginnen und Pädagogen zu unterstützen. Auch das passiert in den Schulen bereits, wenn auch aufgrund der unsicheren Öffnung noch nicht flächendeckend.

Kurzum: Ihre Forderungen sind redundant. Sie bieten keine Lösungsansätze. Es braucht Ihren Antrag nicht. Wir werden ihn anlehnen.

Vielen Dank.