Lichdi: Wir fordern eine einheitliche Vergütung aller Abgeordneten, eine Abschaffung der Sonderprivilegien, eine vollständige Versteuerung, eine vollständige Begleichung beispielsweise der Altersvorsorgeleistungen
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Was wollen wir mit dem Gesetzentwurf erreichen, den wir heute in 2. Lesung besprechen? Wir wollen die mit Gesetz vom 15.11.2007 bereits beschlossene automatische Diätenerhöhung um 354 Euro – von derzeit 4 481 Euro auf immerhin 4 835 Euro – zum 1. Januar 2010 verhindern. Wir wollen sie nur – das war eigentlich ein Kompromissangebot an die Koalitionsfraktionen – bis zum 31.12.2011 aussetzen. Immerhin würden wir damit im Jahr eine halbe Million Euro einsparen – ich denke, in diesen Zeiten durchaus kein Pappenstiel.
Darüber hinaus haben wir Ihnen vorgeschlagen, die Anpassung der Grundentschädigung an die Besoldung eines Richters am Landgericht für die 5. Wahlperiode auszusetzen. Sie müssten also weder um die Anpassung an die Richterbesoldung noch gar um zukünftige Gehaltserhöhungen bangen. Ich sage hier ganz eindeutig: Dies war ein Kompromissangebot. Nach meiner persönlichen Meinung könnten wir ganz darauf verzichten.
Wir hätten als Abgeordnete des Sächsischen Landtages einvernehmlich ein Zeichen setzen können, dass wir uns nicht fernab jeglicher Realitäten bewegen, wie sie sich für die allgemeine Bevölkerung darstellen, und uns erhebliche Gehaltserhöhungen zulasten des Staatshaushalts genehmigen.
Wir haben heute in der Presse einiges zur Kenntnis nehmen können. Zunächst konnten wir zur Kenntnis nehmen, dass unsere Initiative, obwohl im Ausschuss nicht darauf eingegangen worden ist, bezüglich unseres zweiten Punktes möglicherweise doch noch erfolgreich war. Wenn Sie es ernst damit meinen, eine weitere Anpassung an das Richtergehalt und damit eine Erhöhung nicht anzustreben, dann müssten Sie in diesem Punkt aber auch heute unserem Gesetzentwurf zustimmen, der nämlich genau das vorsieht.
Nach der bestehenden Rechtslage muss der Landtagspräsident nämlich eine Anpassung nach oben vorschlagen. Das steht in § 5 Abs. 2 des Abgeordnetengesetzes, wie es derzeit noch gültig ist. Wir wollen dieses Verfahren zumindest auf die 6. Legislatur verschieben.
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, ich bin schon mehr als erstaunt – um nicht zu sagen: verärgert – über die Vorwürfe von Herrn Piwarz und Herrn Herbst, wie sie heute in den „DNN“ zitiert werden; Sie können sich davon distanzieren, wenn es nicht richtig wiedergegeben ist. Dort ist von dem „üblichen Populismus“ und einem „billigen, durchschaubaren PR-Manöver der vereinten Linken“ die Rede.
Zunächst einmal möchte ich Ihnen sagen, dass sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN keinesfalls als Teil einer „vereinten Linken“ betrachten.
Das haben wir schlicht und ergreifend nicht nötig, auch nicht, wenn Sie das erzählen.
Aber, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, so einfach entlassen wir Sie nicht aus Ihrer Verantwortung. Dass Sie diesen Gesetzentwurf heute nicht annehmen, verantworten allein Sie, Herr Kollege Piwarz, Sie, die Kollegen von der CDU und der FDP.
Nun noch einmal ein Wort zum Populismusvorwurf: Wir haben uns einmal die Mühe gemacht, bei Wikipedia nachzusehen, was eigentlich Populismus ist. Ich frage Sie ernsthaft, was hat unser Gesetzentwurf mit unrealistischen populistischen Versprechungen zu tun? Welche Aspekte der praktischen Realisierbarkeit sollen wir denn hier außer Acht gelassen haben?
Die Zwischenrufe nutzen mir nichts, Herr Piwarz. Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, bin ich gern bereit, sie zuzulassen.
Doch einzig und allein falsch war eine Annahme, nämlich die, dass die FDP ihr Wort halten würde und die CDU bereit wäre, ein Zeichen der Gesprächsbereitschaft zu setzen, die sie ja der allgemeinen Bevölkerung infolge der von Ihnen zu verantwortenden Sachsen LB-Pleite, sinkenden Steuereinnahmen und der Wirtschaftskrise auch zumuten wollen.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU, wollten schlicht und ergreifend vermeiden, dass die Öffentlichkeit Wind davon bekommt und Sie öffentlich zur Rede stellt, warum eine Erhöhung der Diäten von sage und schreibe 14,6 % in zwei Jahren angemessen sein soll. Das ist die Wahrheit. Sie haben keine Antwort und geben in Ihren üblichen Abwehrreflexen dann, wenn Sie nicht mehr weiterwissen, einfach Ihren Instinkten nach und unterstellen dann einer imaginären vereinten Linken niedere Beweggründe, wie Sie es getan haben, Herr Piwarz.
Es handelt sich keinesfalls um einen Schnellschuss. Wir haben diesen Gesetzentwurf als zweiten Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode eingebracht, nur zwei Werktage nach Ihrem unsäglichen Versammlungsgesetzentwurf, um eine Änderung der Gesetzeslage noch rechtzeitig zum 01.01.2010 erreichen zu können.
Noch ein paar Worte zur Behandlung unseres Gesetzentwurfs im Ausschuss: Sie haben sich geweigert, diesen Gesetzentwurf im Ausschuss ernsthaft zu besprechen.
Zunächst wollten Sie sich überhaupt nicht äußern. Dann – das fand ich sehr seltsam – hat die FDP wieder einmal wie hier im Plenum auf ihr doch so uneigennütziges Projekt „Die FDP hilft“ verwiesen. Das sind dann die Diäten, die die FDP dazu verwendet, Wahlkampf zu machen.
Im Anschluss hat der Kollege Biesok versprochen, dass sie ihr Modell eines Halbtagsparlamentes in dieser Legislaturperiode mit ihrem Koalitionspartner CDU besprechen und in das Plenum einbringen wollten und dass die FDP ihr Wort in dieser Form halten würde.
Meine Damen und Herren von der FDP! Ich bin also wirklich sehr gespannt, wie Sie mit dem Koalitionspartner allen Ernstes dieses Modell durchsetzen wollen.
Aber in der Debatte sind auch Worte gefallen, die ich noch einmal ansprechen muss. Das Bundesverfassungsgericht hat zu Recht gesagt, dass die Diäten die Grundentschädigung der Unabhängigkeit des Abgeordneten und seiner Familie zu sichern haben, und zwar eine Unabhängigkeit auch von Lobbyinteressen. Ich sage es ganz deutlich: Die Angleichung an ein Richtergehalt ist nicht von der Verfassung gefordert. Es ist eine Hilfskonstruktion, die ich zudem auch noch für verfehlt halte, denn Abgeordnete sind keine Staatsdiener, sondern – pathetisch gesagt – sie sind Diener des Volkes. Sie sollten also von ihrem Einkommen her nicht allzu sehr über das Volk und deren Einkommensverhältnisse hinausheben. Das allein kann nur der richtige Maßstab sein. Wenn wir also von angemessenen Bezügen reden, die jedem Abgeordneten gemäß Artikel 42 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung zustehen, dürfen wir nicht blind für reale Entwicklungen sein. Wenn Sie, Herr Kollege Schiemann, im Jahr 2007 festgestellt haben, dass ab 01.01.2010 eine Grundentschädigung von 4 835 Euro angemessen ist, dann war das eine Prognoseentscheidung, deren Rahmenbedingungen sich zwischenzeitlich offensichtlich verändert haben.
Meine Damen und Herren! Für die GRÜNEN-Fraktion ist diese Gesetzesinitiative auch insofern konsequent, da wir in der letzten Legislatur vorgeschlagen hatten, die Besoldungsanpassung für besser verdienende Richter auszusetzen und die Erhöhung allein für geringere Besoldungsgruppen bei den Richtern zu gewährleisten.
Im Übrigen möchte ich unser Modell aus der letzten Legislatur, zu dem Sie sich nicht verständigen konnten, noch einmal ins Gespräch bringen. Wir fordern eine einheitliche Vergütung aller Abgeordneten, eine Abschaffung der Sonderprivilegien, eine vollständige Versteuerung, eine vollständige Begleichung beispielsweise der Altersvorsorgeleistungen. Sie waren in der letzten Legislatur nicht bereit, dieses Modell fraktionsübergreifend, wie etwa in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, einzuführen. Mein Kollege Dr. Gerstenberg und ich haben Ihnen damals schon prophezeit: Wenn wir uns nicht endlich zu dieser Reform der Grundentschädigung und der Abgeordnetenversorgung entschließen, dann werden Sie diese Debatte nicht gewinnen.