Medienkunde in Schulen – Melcher: Wir stehen für integrative Vermittlung von Medienkompetenz im Fachunterricht

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Medienkompetenz der Schüler*innen nachhaltig stärken – Einführung eines Unterrichtsfaches ‚Medienkunde‘ an Schulen in Sachsen wissenschaftlich untersuchen und erproben!“ (Drs 7/7709)
39. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Freitag, 19.11.2021, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Corona-Pandemie hat das Thema Medienbildung wieder ins Zentrum bildungspolitischer Debatten gerückt. Neu ist diese Debatte nicht – ebenso wenig wie die Debatte um ein eigenes Schulfach, wie es DIE LINKE nun fordert.

Natürlich sind wir uns in der Zielstellung einig: Die Medienbildung muss intensiviert werden. Die Medienkompetenz sächsischer Schülerinnen und Schüler muss gestärkt werden.

Medien, insbesondere digitale Medien, sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wenn wir in der Schule an die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen anknüpfen wollen, wenn wir sie gut auf den künftigen Arbeitsmarkt und ihren weiteren Lebensweg vorbereiten wollen, müssen Medien in der Schule selbstverständlich ihren Platz bekommen.

Ende 2016 verabschiedete die Kultusminsterkonferenz das Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“. Dort wird als Ziel für die allgemeinbildenden Schulen benannt: die „Einbindung von ‚Kompetenzen für die digitale Welt‘, die in einem verbindlichem Kompetenzrahmen beschrieben werden, welcher nicht in einem eigenen Fach, sondern fachspezifisch in allen Fächern umgesetzt werden soll“.

Auch das Kultusministerium verweist in seiner Stellungnahme darauf, dass sich die Länder im Rahmen der KMK-Strategie auf „eine integrative Vermittlung in den Fachlehrplänen aller Fächer verständigt“ haben.

Folgerichtig war dies auch eine Prämisse bei der SMK-Konzeption „Medienbildung und Digitalisierung in der Schule“ von 2017.
Dort heißt es: Es „bedarf […] eines Bildungsverständnisses, welches Medienbildung als immanenten Bestandteil aller Fächer sowie des schulgemeinschaftlichen Alltags versteht“.

In der neuen Lehrplangeneration 2019 wurde das Thema Medienbildung als allgemeinbildende Aufgabe in allen Schularten und Fächern deutlich gestärkt.

Wir BÜNDNISGRÜNE begrüßen diese Aufwertung ausdrücklich.

Nun ist Papier bekanntlich geduldig. Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass wir in punkto Medienbildung an sächsischen Schulen weiterhin Handlungsbedarf haben. Ich möchte vier Aspekte näher beleuchten.

Erstens: In der oben genannten SMK-Konzeption wurde das Ziel formuliert: „Medienbildung ist im Unterricht konkret erlebbar und findet sich in den Lehrplänen aller Fächer, die durch ihre spezifischen Zugänge individuelle Beiträge leisten.“ Die Überarbeitung der Lehrpläne ist erfolgt. Hinsichtlich der kreativen und vielseitigen Nutzung von Medien im Unterricht sehe ich hingegen noch Luft nach oben.

Wir sollten eher die Debatte führen, wie bestehende Unterrichtsfächer weiterentwickelt werden können. Damit meine ich explizit nicht nur die Betrachtung technischer Aspekte von Medien in einem erweiterten Informatikunterricht, sondern auch den Deutsch- oder Gemeinschaftskundeunterricht.

Mein zweiter Punkt knüpft direkt daran an: Wir sind mit der medienpädagogischen und mediendidaktischen Aus- und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer ein gutes Stück vorangekommen, aber noch längst nicht am Ziel.

Natürlich ist es sinnvoll, Lehrkräfte zunächst mit den technischen Dingen vertraut zu machen – insbesondere aufgrund der Neuanschaffungen im Rahmen des DigitalPakts. Das allein versetzt Lehrerinnen und Lehrer aber noch nicht in die Lage, Medien als Bildungsinhalt sowie als Lehr- und Lernmittel sinnvoll und zielsicher in den eigenen Unterricht einzubinden.

Medienbildung muss auch in der Lehrerbildung weiter forciert werden.

Drittens: Die LINKE beruft sich in der Begründung zum Antrag auf ein Gutachten aus dem Jahr 2016. Anzumerken ist, dass die Strategiepapiere von KMK und SMK später entstanden sind, ebenso wie die neuen Lehrpläne.

Neben dem zeitlichen Aspekt sollte das Gutachten aber auch inhaltlich richtig eingeordnet, besser gesagt: in Gänze gelesen werden.

Nach den zitierten Argumenten FÜR ein eigenes Schulfach heißt es: „GEGEN die Verankerung medienpädagogischer Ziele in Form eines Schulfachs sprechen zunächst dieselben Argumente, die eine ganzheitliche und handlungsorientierte Berücksichtigung medienpädagogischer Ziele fordern. Die Ganzheitlichkeit müsse gerade darin bestehen, dass der Bezug zu medialen Erfahrungen immer dann Berücksichtigung findet, wenn es thematisch oder im Interesse der Schüler geboten ist – und d.h. in allen Fächern und insofern als Querschnittsaufgabe.“

Demnach ist auch klar: Welchen Stellenwert Medienbildung an einer Schule letztlich hat, entscheidet sich nicht an der Frage, ob es ein eigenes Fach ist oder nicht.

Mein vierter Punkt: Schulen sind gut beraten, sich externes Knowhow in die Schule zu holen, vor allem durch Ganztagsangebote. Mit dem Netzwerk Medienpädagogik Sachsen, den Medienpädagogischen Zentren und der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien stehen kompetente Ansprechpartner bereit.

Die Koordinierungsstelle Medienbildung sollte noch stärker als bisher unterstützend und vor allem vernetzend tätig werden. Wichtig ist, dass die Angebote unterrichtsrelevant sind, das heißt, diesen nicht ersetzen, aber klare Bezüge zum Unterricht haben und einen Mehrwert generieren.

Insgesamt geben wir BÜNDNISGRÜNE der integrativen Vermittlung von Medienkompetenz im Fachunterricht den Vorzug gegenüber der Einrichtung eines eigenen Unterrichtsfaches „Medienkunde“.

Ihren Antrag werden wir deshalb ablehnen. Vielen Dank.