Michael Weichert: Verbraucherinformation ist nach wie vor politisch strittiges Thema
Rede des Abgeordneten Michael Weichert, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN in der 57. Sitzung des Sächsischen Landtags, am 13. Juni 2012 zum TOP 4: "Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen" Drs. 5/4819 – DIE LINKE, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz Drs. 5/9186
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Verbraucherinformation und deren Umfang sind nach wie vor politisch strittige Themen. Schwarz-Gelb im Bund und in Sachsen stehen sich da in wenig bis nichts nach. Beide wollen wenig und erreichen noch weniger.
Der Sozialausschuss des Sächsischen Landtages hat sich auf seiner Ausschussreise im April in Estland das Verbraucherschutzministerium angesehen. Mir wurde berichtet, dass Transparenz und Verbraucherinformation dort groß geschrieben werden und sich eine beeindruckende Eigendynamik in Gang gesetzt hat. Die Abgeordnetenkollegen waren sehr beeindruckt. Hier konnte man sehen, dass Unternehmen, Behörden und alle Bürgerinnen und Bürger mit der Transparenz gewinnen.
Meine Damen und Herren, Unternehmen gewinnen, weil jetzt die, die sich an die Gesetze halten und entsprechenden Aufwand betreiben belohnt werden. Denn die anderen, die das bisher eher vernachlässigen, werden durch die Transparenz gezwungen, sich entweder mehr anzustrengen oder riskieren „aufzufliegen“.
Damit hat der den Vorteil, der sauber arbeitet. So entsteht letztlich ein Wettbewerb um höhere Qualität und Hygiene. Unternehmen, die sich anstrengen, werden belohnt, und zwar über die Kaufentscheidungen der BürgerInnen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen einen anderen Blick – Transparenz bedeutet nicht mehr Bürokratie, sondern bringt einen Nutzen für die Behörde und die VerbraucherInnen. Das war in Estland eindrucksvoll zu sehen. Hat aber leider noch keine Spuren bei der Koalition hinterlassen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der LINKEN ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Da Bundesrecht das Landesrecht bricht und zum 1.09.2012 die Novelle des Verbraucherinformationsgesetzes in Kraft tritt, bleiben von drei Punkten im ursprünglichen Gesetzentwurf nur noch zwei übrig.
Diese beiden Punkte unterstützen wir.
Zum ersten Punkt – Nummer 2 des Gesetzentwurfes:
Er bezieht sich auf §4, dem ein neuer Satz 2 angefügt wird.
Dort wird gefordert, dass das Verbraucherschutzministerium fachliche Kriterien zur Qualitätssicherung per Rechtsverordnung aufstellt. Das ist sinnvoll. Das wurde auch von den Praktikern in der Anhörung so gesehen.
Wir teilen aber nicht die Forderung, dass das Sozialministerium auch die personelle und sachliche Ausstattung der Ämter festlegt. Das würden wir GRÜNE im Haushaltsgesetz regeln und nicht dem Ermessen des SMS überlassen. Aber sei es drum.
Zum zweiten Punkt – Nummer 3 des Gesetzentwurfs:
Er bezieht sich auf § 8 Abs.2 – "Überwachungsaufgaben" im Abschnitt II "Aufgaben und Befugnisse des öffentlichen Gesundheitsdienstes".
Darin geht es um die Überwachungsaufgaben der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter und wie diese ihre Arbeit behördenintern dokumentieren und mitteilen müssen.
Die Aufgaben werden ausgeweitet auf den "Verkehr" von Rohstoffen für die Lebensmittelproduktion, von Lebensmitteln und von Tieren einschließlich der Futtermittel für Tiere und die Einhaltung der allgemeinen Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der Erzeugerbetriebe und der auszuweisenden Inhaltsstoffe
Zentraler Bestandteil ist, dass entsprechende Dokumentations- und Mitteilungspflichten innerhalb bzw. zwischen den zuständigen Behörden eingeführt werden. Wenn ich auf der einen Seite einen Informationszugang und Informationsrechte und -pflichten will, dann ist es sinnvoll, dies mit Bestimmungen zu flankieren, wie innerhalb der Behörden mit diesen Informationen umgegangen werden muss.
Wenn, wie in der Anhörung betont wurde, es das schon beispielgebend in Sachsen gibt, dann können Sie ja hier einfach zustimmen. Ich erinnere an die Äußerung des Amtstierarztes, Herr Dr. Möckel
Das heißt wir GRÜNE stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Klar ist aber auch, Deutschland steht im Verbraucherschutz bei Weitem noch nicht da, wo es sein könnte.
Die Evaluation des Verbraucherinformationsgesetzes von 2010 belegt, dass das VIG zu wenig anwenderfreundlich ist und dass breitere Informationsansprüche verankert werden müssten.
Die Novellierung bringt uns da leider auch nicht viel weiter.
Von Transparenz sind wir noch weit entfernt.
Je mehr Transparenz und Informationen ich habe, desto eher gibt es einen Umgang auf Augenhöhe zwischen Anbieter und Konsument.
In diesem Sinne gehen wir den Schritt der LINKEN mit und stimmen dem Gesetz zu.