Michael Weichert: Was hat die sächsische Staatsregierung und die sächsische Wirtschaft gemeinsam? – Eine stark ausbaufähige Innovationskompetenz!
Rede des Abgeordneten Michael Weichert, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der Debatte um den Einzelplan 07 (Wirtschaft und Arbeit) im Haushaltsplan 2011/12, 66. Sitzung des Sächsischen Landtages, 12. Dezember 2012, TOP 1.9
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
was hat die sächsische Staatsregierung und die sächsische Wirtschaft gemeinsam?
Eine stark ausbaufähige Innovationskompetenz!
Während die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft an der Kleinteiligkeit sächsischer Unternehmen leidet, quält sich unser Wirtschaftsminister mit akuter Ideenlosigkeit. Medizinisch betrachtet ist das die Folge geistiger Erschöpfung. Aber um geistig erschöpft zu sein, muss man sich vorher irgendwann einmal besonders angestrengt haben.
Meine Damen und Herren, davon sehe ich im Einzelplan 07 nichts.
Ein Wirtschaftsminister, der keinen Anspruch hat, hat auch keine Ziele. Wer keine Ziele hat, dem fehlt zwangsläufig die Umsetzungsstrategie. Und wem die Strategie fehlt, der ist handlungsunfähig.
Meine Damen und Herren, es fließt zu wenig Geld in eine nachhaltige und selbsttragende Entwicklung und zu viel Geld in die Förderung von Investitionen aller Art – egal, in was da investiert wird. Die Staatsregierung kippt die volle Gießkanne aus und verpasst damit wieder einmal die Chance, Sachsens Wirtschaft auf dem Weg zu mehr Modernität – ja wir sind im 21. Jahrhundert angekommen! – zu mehr Nachhaltigkeit, zu mehr Ressourceneinsparung und zu mehr Ressourceneffizienz zu unterstützen.
Angesichts steigender Rohstoff- und Energiepreise wäre das dringend notwendig, damit die sächsische Wirtschaft im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen kann. Wo Energie- und Rohstoffe eingespart werden, sinken die Kosten. Wo Kosten sinken, wächst die Wettbewerbsfähigkeit.
Doch statt Wirtschaftsförderung auf die Themen Energie, Ressourcen und Umwelt auszurichten sowie Anreize für Energiesparinvestitionen für kleine und mittlere Unternehmen zu schaffen, werden Titel wie „Innovative Energie- und Verkehrsvorhaben“ auf Null gefahren. Andere Titel, wie „Innovative dezentrale Stromerzeugung und -speicherung“, erhalten Mittel in homöopathischer Dosierung und taugen nur zur Symbolpolitik.
Symbolisch sind auch die Anstrengungen des SMWA zur Verbesserung der Innovationsfähigkeit sächsischer Firmen. Die „Unternehmensorientierte Innovationsoffensive“ ist mit 3,7 Mio. Euro nur ein Sturm im Wasserglas. Wie dieses Sammelsurium nicht aufeinander abgestimmter Einzelmaßnahmen für tragfähige Innovationen sorgen soll, kann niemand erklären.
Herr Staatsminister, es gibt ein paar wirtschaftliche Binsenweisheiten, die selbst sie zur Kenntnis nehmen sollten. Wenn sächsische Unternehmen innovativer werden sollen, müssen sie zunächst wachsen. Die Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft (VSW) hat das weitere Größenwachstum des industriellen Mittelstandes zur wichtigsten wirtschaftspolitischen Aufgabe erklärt. Aber
wo schlägt sich das denn im Einzelplan nieder?
Wo sind die Instrumente, mit denen die sächsische Wirtschaft auch dann noch gefördert werden kann, wenn die Zuweisungen aus Bund und EU weiter zurückgehen und nicht rückzahlbare Zuschüsse nicht mehr finanzierbar sind?
Warum packt die Staatsregierung nicht mehr Geld in revolvierende Fonds und andere nachhaltige Förderinstrumente und schafft so die Basis für wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit in der Zukunft?
Meine Damen und Herren, es ist kurzsichtig, bei Sonnenschein die Regenschirme als völlig nutzlose Dinge zu betrachten. Solange Sachsen noch das Geld hat, muss vorgesorgt werden. Hier ist die Staatsregierung in der Pflicht.
Der kommende Doppelhaushalt ist – dank der guten Einnahmesituation des Freistaates – ein Haushalt voller Wahlgeschenke. Doch nicht alle kriegen etwas ab: Minister Morlok profiliert sich mal wieder als Anti-Arbeitsminister. Der Haushaltstitel „Förderung der beruflichen Bildung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“ soll von 147 Mio. Euro im Jahr 2011 auf jeweils rund 60 Mio. Euro in 2013 und 2014 zusammengestrichen werden. Das ist eine Kürzung von 60 Prozent. Vor dem Hintergrund
• verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit,
• 40.000 arbeitslosen alleinerziehenden Sachsen,
• zunehmend prekären Beschäftigungsverhältnissen in der Zeitarbeit,
• und dem wachsenden Fachkräftebedarf
ist das rational nicht zu erklären!
Das Wissen, dass es sich beim Arbeitsminister um einen FDP-Realitätsverweigerer handelt, hilft den Betroffenen leider nicht. Herr Minister, aus purer Ideologie verweigern Sie die Entwicklung kluger Konzepte. Bitte nehmen Sie es endlich zur Kenntnis:
Nicht alle Menschen fassen auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß. Und viele, die dort schuften, können nicht von ihren Löhnen leben.
Das sind Ihre Baustellen!
Fazit:
Investitionen in Köpfe sind nicht das Steckenpferd des Wirtschaftsministers. Aber dafür kann er ja "in Beton".
Meine Kollegin, Frau Jähnigen wird Ihnen das in der zweiten Runde genauer erläutern.
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