Michael Weichert zur Debatte über die Gen-Kartoffel Amflora

Redebeitrag des Abgeordneten Michael Weichert zum Antrag „Kein Anbau der genetisch veränderten Kartoffel Amflora in Deutschland“ in der 13. Sitzung des Sächsischen Landtages am 28. April 2010, TOP 10
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 19. April wurde in Mecklenburg-Vorpommern in Bütow an der Müritz unter Polizeischutz auf 20 hektar die genveränderte Kartoffelsorte Amflora ausgebracht. In Deutschland ist das der erste und bisher einzige Standort.
In einer normalen Kartoffel sind zwei Stärkekomponenten vorhanden. Nämlich Amylopektin und Amylose. Während Amylose geliert, kann Amylopektin verdicken und kleben. Bei vielen industriellen Anwendungen, beispielsweise in der Papier-, Garn und Klebstoffindustrie, will man entweder die eine oder die andere Stärke verwenden.
Meine Damen und Herren,
bei Amflora wird Amylopektin gewonnen. Stärkeproduzenten erwarten einen zusätzlichen Marktwert von 100 – 200 Millionen Euro im Jahr verspricht die BASF Plant Science, die die Patentrechte auf Amflora hält. BASF erwartet Lizenzeinnahmen von 20-30 Millionen für jedes Anbaujahr. Und nur darum geht es nämlich, Meine Damen und Herren!
Wie anders ist es denn zu erklären, dass zwei der ganz großen Stärkeproduzenten, die Fa. „AVEBE“ und die „Emslandgroup“ deutlich sagen, dass sie nur gentechnikfreie Stärkekartoffeln in allen ihren Werken verarbeiten und auch selber Kartoffeln anbauen die durch traditionelle Züchtung einen hohen Amylopektinanteil haben.
Warum also nutzen die, die professionell mit Kartoffelstärke arbeiten, nicht die angeblich so gewinnbringende genveränderte Amflora Kartoffel, die u.a. die Antibiotika Kanamycin und Neomycin enthält?
Sie hören nämlich auf die Signale, die Experten weltweit setzen:
1. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat festgestellt, dass das hier betroffene Antibiotikum Kanamycin zu einer Substanzklasse gehört, die in der Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen wie Tuberkulose eine wichtige Rolle spielt. Eine mögliche Übertragung der Resistenzgene von den Pflanzen auf Bakterien ist nicht auszuschließen. Meine Damen und Herren, dieses Risiko sollte man nicht eingehen.
2. Die Europäische Arzneimittelbehörde stellt fest, dass eine Antibiotika Resistenz eine negative Auswirkung auf Menschen haben kann weil das Antibiotikum an Wirksamkeit verliert. Das in der Amflora enthaltene Markergen npttII kann von der Kartoffel auf Bakterien im Boden übertragen werden und dazu führen, das resistente Krankheitserreger entstehen.
3. Der Artikel 4 der europäischen Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG fordert seit 2001 eine erhebliche Einschränkung des Einsatzes von antibiotikaresistenten Markern in gentechnisch veränderten Pflanzen. Ab Ende 2008 dürfen hiernach keine gentechnisch veränderten Pflanzen mit Antibiotika-Resistenzen mehr freigesetzt werden. Mit der Zulassung der Gen-Kartoffel „Amflora“ Anfang März 2010 hat die neue EU-Kommission gegen die Freisetzungsrichtlinie und damit gegen europäisches Recht verstoßen.
4. Gibt es jede Menge Kontaminationsquellen: z.B.
– gemeinsam benutzte Maschinen,
– Verschleppung durch Wildtiere,
– im gesamten Produktionsprozess der Stärkehersteller und bei der parallelen Erzeugung von Stärk-, Pflanz- und Speisekartoffeln.
5. fehlen konkrete Anbauregeln. Im Gentechnik-Gesetz gibt es derzeit keine Regelung für Feldabstände, keine Koexistenz-Vorgaben auch keine Haftungsbestimmungen für Gen-Kartoffeln.
Und 6. wenn Amflora angebaut und in Verkehr gebracht wird, müssen alle anderen, die gentechnikfreie Kartoffeln anbieten, mit zusätzlichen Kosten rechnen. Um nämlich zu gewährleisten, dass die angelieferten Kartoffeln nicht kontaminiert sind, müssen sie auf Gentechnik-Verunreinigungen getestet werden. Die Kosten für diese Tests tragen jene Marktbeteiligten, die auf gentechnikfreie Qualität setzen und nicht die, die die Amflora nutzen wollen. Gerechte Lasten- und Nutzenverteilung sieht anders aus!
Meine Damen und Herren,
schon jetzt gibt es Alternativen. Beispielsweise Katoffeln, die mittels „Tilling“ gezüchtet werden. Mit dieser Methode ist es dem Unternehmen Bioplant in Ebsdorf gelungen, eine Kartoffel herzustellen, die die gleichen Eigenschaften wie die umstrittene Amflora aufweist. Das Verfahren kommt ohne Gentransfer über Artgrenzen hinweg aus.
Der Stärkeproduzent Emslandgroup hat im Oktober 2009 die ersten 100 Tonnen der nach Tilling-Methode hergestellten Amylose-freien Kartoffel verarbeitet. Andere Firmen haben weitere Alternativen auf dem Markt.
Meine Damen und Herren,
der Artikel 26 a der EU Freisetzungsrichtlinie 2001 / 18 / EG gibt den Mitgliedstaaten das Recht, den Anbau von Amflora zu verbieten. Wir sollten das nutzen und deshalb ist es sinnvoll diesem Antrag zuzustimmen.