Miro Jennerjahn: Der Weiterbildungsscheck als Feigenblatt für die Inaktivität des Ministers Morlok
Redebeitrag von Miro Jennerjahn zum Antrag "Mit dem Weiterbildungsscheck Sachsen die Aufstiegs- und Verdienstchancen von Arbeitnehmern stärken" (Drucksache 5/11637), 73. Sitzung des Sächsischen Landtages, 17. April 2013, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Ich sehe schon vor mir, was Sie mit uns gemacht hätten bzw. was Sie uns entgegen gehalten hätten, wenn wir den nun vorliegenden Antrag eingebracht hätten: nicht zielführend, oberflächlich, Sie lassen sich von uns nicht vorführen.
Nun sind wir nicht Sie und ich kann Ihnen unsere Unterstützung für diesen Antrag gleich zu Beginn meiner Rede zusagen. Allerdings frage ich mich schon, was der tiefere Sinn dieses Antrages ist.
In Punkt 1 Ihres Antrages fordern Sie einen Bericht der Staatsregierung über die Wirksamkeit des Weiterbildungsschecks. Das was Sie da in den fünf Unterpunkten abfragen, hätten Sie auch über eine Kleine Anfrage in Erfahrung bringen können, aber „Antrag“ klingt natürlich besser als „Kleine Anfrage“. Hilfreich wäre allerdings gewesen nicht nur quantitative Daten abzufragen, sondern auch qualitative, soweit sie vorliegen.
Bei Punkt 2 des Antrags frage ich mich, an wen das adressiert ist. Ich freue mich ja, dass Sie bereits ein Bekenntnis für das Instrument Weiterbildungsscheck und das Thema Weiterbildung als Schwerpunkt in der nächsten EU-Förderperiode im operationellen Programm des Freistaats ablegen. Üblicherweise ist es ja die demokratische Opposition, die Planungssicherheit einfordert. Nun tun Sie das also. Was ist der Hintergrund?
Haben Sie Angst vor Herrn Morlok und seiner Neigung, sinnvolle Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik zu beenden?
In Punkt 3 schließlich folgt noch ein Prüfauftrag an die Staatsregierung, inwieweit das Instrument Weiterbildungsscheck künftig auf weitere Anspruchsberechtigte ausgeweitet werden kann. Nun ist es sicher sinnvoll, den Kreis der Anspruchsberechtigten für den Weiterbildungsscheck auszuweiten. Man sollte allerdings meinen, dass Sie über genug Ressourcen verfügen, um bereits im Vorfeld abzuklären, was geht und was nicht geht, um dann konkrete Forderungen zu Papier zu bringen, welche die Staatsregierung dann umsetzen muss. Das wäre eines Parlaments würdig gewesen.
Aber mit der Zeit schraubt man als Mitglied einer Oppositionsfraktion ja seine Erwartungen zurück, wenn man mit Anträgen der Regierungskoalition konfrontiert ist.
Insofern ist unsere Zustimmung heute eher dem Umstand geschuldet, dass in dem Antrag nichts drin steht, was man ablehnen müsste und wenn es der Sache dient, stimmen wir natürlich auch ein paar Selbstverständlichkeiten noch einmal zu.
Allerdings kann Ihr Antrag dennoch nicht darüber hinweg täuschen, dass nach wie vor keine aktive Arbeitsmarktpolitik der Staatsregierung wahrzunehmen ist. Insofern benutzen Sie den Weiterbildungsscheck, der durchaus sinnvoll ist, als Feigenblatt für die Inaktivität des Ministers, der zwar formal zuständig ist, aber offenkundig nicht zuständig sein möchte.
Ich finde es auch nach wie vor bemerkenswert, wie Sie sich für den Weiterbildungsscheck feiern, vor dem Hintergrund, dass Sie Maßnahmen, welche die Effektivität erhöhen würden und dem Thema Weiterbildung insgesamt mehr Gewicht verleihen würden, ablehnen. Ich erinnere an die ausgiebige Diskussion zu den Entwürfen für Bildungsfreistellungsgesetze und den Hinweis eines der Experten im Rahmen der Anhörungen, dass mit dem Weiterbildungsscheck ein Instrument bejubelt wird, das zum damaligen Zeitpunkt ca. 0,2% der Berufstätigen erreicht, ein Bildungsfreistellungsgesetz, mit dem bis zu 2% der Berufstätigen erreicht werden, jedoch als ineffizient und nicht zielführend verworfen wird.
Sie haben mit Ihrem Antrag ja einige Fragen an die Staatsregierung aufgeworfen, auch wenn diese lediglich an der Oberfläche kratzen. Aber vielleicht kann Staatsminister Morlok in seinem Redebeitrag ja auch darauf eingehen, wie sich die Weitebildungsschecks in die so genannte Fachkräftestrategie einfügen, in der ja extra ein eigenes Handlungsfeld Fort- und Weiterbildung aufgenommen wurde. Dort sind eine Reihe von Zielen benannt, die es aus Sicht der Staatsregierung zu erreichen gilt.
Es ist ja heute auf den Tag genau ein Jahr her, dass das Kabinett diese Fachkräftestrategie verabschiedet hat. Insofern ist dies sicherlich der geeignete Zeitpunkt hier auch eine erste Bilanz zu ziehen, was bereits umgesetzt und erreicht wurde, welche Projekte angeschoben wurden und – da sicherlich keiner erwartet, dass nach einem Jahr, alle Ziele, die man sich setzt umgesetzt sind – an welchen Stellen Ziele nicht erreicht wurden, oder die Fachkräftestrategie absehbar modifiziert werden muss.
Dies wäre auch insofern interessant und angezeigt, da ja in einer von uns beantragten Anhörung zu unserem Antrag „Fachkräftestrategie nach Bedarfsanalyse qualifizieren“ mit der Drucksachennummer 5/9236 der Fachkräftestrategie seitens der angehörte Experten kein gutes Zeugnis ausgestellt wurde.
Die schlichte Feststellung, dass wir in Sachsen beim Thema Fachkräftesicherung unter anderen Staatsministern schon einmal weiter gewesen sind, hat ja auch bei dem ein oder anderen CDU-Abgeordneten für Kopfnicken gesorgt.
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